Midnight Dates: Lust & Schmerz. Mira Schwarz

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Midnight Dates: Lust & Schmerz - Mira Schwarz

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Natürlich konnte nicht herausgefunden werden, wer die Mail übermittelte. In Zeiten von Darknet und Proxy-Servern musste man nicht einmal mehr ein Meister-Hacker sein, um die Polizei zu verschaukeln. „Ich nehme nicht an, dass wir Ressourcen nutzen, um der Sache nachzugehen?“

      Seine Stirn zog sich in Falten. „Natürlich nicht, dass sind ein paar Mails von irgendjemanden. Gehen Sie der Sache nach und danach haben wir unseren Dienst getan. Glauben Sie mir, Caulfield, wir haben gerade ganz andere Probleme und ich will, dass Sie aus der Schusslinie sind.“ Er winkte mit zwei Fingern. „Das wäre dann alles.“

      Ich erhob mich, ging zur Tür, bis die tiefe Stimme des Mannes noch einmal ertönte. „Und Detectiv Caulfield?“

      „Ja, Sir?“

      „Danach nehmen Sie sich ein paar Tage Urlaub und kümmern sich einmal nur um sich selbst. In Ordnung?“

      Ich erhaschte einen kurzen Blick von meinem Antlitz im Spiegel. Gott, meine Haare sahen aus …

      Ich brauchte dringend einen Kaffee … oder gleich eine ganze Kaffeeplantage.

      „Ja, Sir.“

      Kapitel 2 – Keine Regeln

      Nach einer heißen Dusche, ein paar Stunden Schlaf und einer warmen Mahlzeit, fühlte ich mich augenblicklich besser. Ich trug einen schwarzen Hosenanzug mit weißer Bluse, hatte mir meine blonden Haare hinter dem Kopf zusammengebunden und den Hauch von Make-Up aufgelegt.

      Da mir aber die Decke in meinem kleinen Apartment, im nördlichen Ende von Brooklyn, auf den Kopf fiel und meine Kater Gremling auch schon versorgt war, entschied ich mich dazu, die Akte von Andrew Scamander durchzuarbeiten.

      Dieser Mann weckte mein Interesse.

      Früher war er ein Junge, dessen Eltern bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kamen und sich die meiste Zeit seines Daseins alleine rumschlagen musste. Er übernahm die Firmen der Eltern mit 14, führte sie zu nicht gekannten Ruhm und ließ sich gleichzeitig in Krisengebieten der Welt fotografieren. Es folgten Eliteschulen in Paris, Harvard und schließlich noch zwei Jahre, an denen Andrew völlig von der Bildfläche verschwunden war.

      Er war ein Mysterium, das so wenig mit der Presse redete, als ob jedes Wort seine geheime Identität als Superheld aufdecken könnte. Ein verschwiegener Kerl, was ihn natürlich zur Zielscheibe von allerlei Spekulationen machte.

      Die Klatschpresse zerriss ihn als Schurken, von dem man nicht wusste, wie er sein Geld machte und mit Despoten in aller Welt verhandelte. Andere wiederrum mutmaßten, dass er als Spin-Doctor und Berater für wichtige Politiker tätig war.

      Nachdem ich die dünne Akte bearbeitet hatte, kam mein pechschwarzer Gremling durchs offene Fenster des vierten Stocks hinein und kuschelte sich zu mir auf die Couch. Es musste mittlerweile fast 10 PM sein. Die Nacht hatte ihr dunkles Tuch über die Stadt geworfen. In der Ferne konnte man einige Wolkenkratzer erkennen und das Lichterspiel, welches Nacht für Nacht der Finsternis trotzte. Genau wie Gremling und ich, war auch Andrew Scamander ein Nachtmensch. Ob er jetzt noch arbeitete?

      Seitdem ich mich erinnern konnte, war es schon immer die Dunkelheit, welche mir am meisten lag. Meine Eltern kamen aus Kansas und arbeiteten nachts im Schichtdienst. Immer, wenn ich die beiden sehen wollte, musste ich wach bleiben und mich nachts alleine beschäftigen. Die Dunkelheit war mein Freund. So war es in der Highschool und so auch im Studium. Wenn andere auf Partys gingen, musste ich mit Jobs Geld verdienen oder lernte in der Bibliothek. Andrew Scamander schien ein ähnlicher Mensch zu sein. Nur, dass er Millionen hatte und mehrere Firmen sein eigen nannte.

      Noch einmal sah ich auf die Uhr.

      „Wo du immer bist, ist mir ein Rätsel“, hauchte ich und gab Gremling ein paar Drops. Dabei sah ich auf die Akte. „Und wo wir gerade bei Rätsels sind …“

      Vielleicht brauchte ich einfach eine Ablenkung von den krachenden Niederlagen der letzten Tage. Ich gab meinem Kater einen Kuss, nahm die Autoschlüssel und erhob mich.

      Wir hatten noch nicht einmal Mitternacht … die Nacht war also noch jung.

      ***

      „Hat sie mich auf den Arm genommen?“, flüsterte ich leise zu mir selbst und drehte mich in alle Richtungen.

      Noch einmal überprüfte ich die hastig hin gekritzelte Adresse. Tatsächlich war im Firmenhauptsitz von „Scamander Industries“ noch jemand und tatsächlich schlich sich ein leichtes Klingeln in mein Ohr, als die junge Dame behauptete, nicht zu wissen, wo Andrew Scamander verweilte.

      Also wedelte ich mit der Akte, faselte etwas von einem Durchsuchungsbeschluss und deutete an, dass Beihilfe zu Straftaten nicht unter drei Jahren bestraft werden könnte. Es tat mir wirklich leid, als die junge Frau einbrach, mit den Tränen kämpfte und mir schließlich die Adresse aufschrieb, zu der ihm der Chauffeur jeden Samstag brachte.

      Ich würde mich definitiv für sie einsetzen, falls Scamander sie feuern sollte. Andererseits war diese Stadt ein Haifischbecken und jeder wollte irgendwie überleben. Trotzdem - versuchen musste ich es.

      Ich staunte nicht schlecht, als mich das Navigationsgerät zu einem stilgelegen U-Bahnhof im östlichen Teil von Harlem manövrierte. Der Stadtteil, der früher einmal Little Africa hieß und vor Jahrzehnten von den Italienerin übernommen würde, war mittlerweile einer der teuersten der Stadt. Überall schossen neue Hochhäuser aus dem Boden, die Grundstückspreise explodierten und nur dort, wo die wenigen Bewohner wiederstand gegen die großen Firmen leisteten, ließen die Mieter die Häuser verfallen.

      So wie hier.

      Das Rauschen des Harlem Rivers drang mir an die Ohren. Von der Seeseite wehte ein salziger Geruch in die Stadt und vermischte sich mit dem Smog zu einer ganz eigenen Komposition. Heißer Nebel stieg von den Abgasrohren auf, als ich die Treppe der U-Bahn herunterschritt und meine Taschenlampe anknipste.

      Hatte die Sekretärin mich etwa wirklich auf den Arm genommen? War es vielleicht sogar die Strategie des Andrew Scamander, unliebsamen Besuch auf solche Weise in die Irre zu führen? Langsam wurde der Typ noch interessanter, als er ohnehin schon war.

      Ohne zu nachdenken, dass mein nächtlicher Einsatz von Erfolg gekrönt sein könnte, schlich ich weiter die Treppen herab. Viele sagten, dass es mehrerer, andere U-Bahn-Netze, unter dem eigentlichen Gleisen gäbe. Notfallbahnen, früherer Versuche von Firmen, die teilweise bis ins 19. Jahrhundert reichten. New York war eine Stadt der Extreme, aber auch mit einer Geschichte, die viele überraschte. Jeder Schritt, jeder Atemzug sprühte vor Historie.

      So kam es mir auch vor, als ich den Bahnsteig betrat. Die Absperrgitter hatte jemand beiseite gerissen. Werbeplakate von Firmen, die längst nicht mehr existierten, brannten sich in meinen Geist. Zeitungen, Schlafsäcke und Spritzen lagen überall auf dem Boden verteilt.

      Ein ganz normaler Unterschlupf für jene, die nicht viel Glück im Leben hatten, dachte ich mir und wollte gerade umkehren, als mir der Schein von Flammen auffiel. Zuckende Silhouetten tanzten am anderen Ende der Schachts, aus dem normalerweise die U-Bahn erscheinen sollte, um die Menschen zur Arbeit oder nach Hause zu bringen.

      Das rötliche Orange flackerte kurz auf und war dann wieder verschwunden. Selbst im September war es hier noch ausnehmend warm, als ob hinter den Wänden die Heizungen auf Hochtouren arbeiten würden.

      Ich

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