Schatten und Licht. Gerhard Kunit

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Schatten und Licht - Gerhard Kunit

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und wandte sich an die Dienerin. „Ich hoffe, Du kannst mir das hier erklären.“

      Sara nickte, brachte aber kein Wort heraus.

      „Ich warte.“

      Die Dienerin zuckte unter ihrer schneidenden Stimme zusammen. Ihre Antwort kam kaum hörbar über ihre Lippen. „Ihr müsst die Kinder weggeben, Herrin.“

      Wie kalter Stahl trafen ihre Worte in Rhiannons Herz. Sie hatte gedacht, die Mädchen wären in den Flammen umgekommen. Nun hatte sie sie wieder – und sollte sie weggeben? Was wusste Sara? „Warum?“

      Die Dienerin hielt ihrem Blick nicht stand. „Sie sind hier nicht sicher, Herrin. Wir könnten auf sie aufpassen.“

      Rhiannon war überrascht, wie heftig ihre Ohrfeige Saras Kopf zur Seite fegte. „Du weißt, dass wir in Gefahr sind und sagst nichts? Du siehst zu, wie mein Mann ermordet und unser Haus angezündet wird und hältst es nicht für nötig uns zu warnen?“

      „Ich hab’s doch nicht gewusst“, stammelte Sara mit tränenerstickter Stimme.

      Der nächste Schlag traf ihre andere Wange. „Wer bist Du? Was weißt Du? Wer in aller Götter Namen ist Wir?“, zischte Rhiannon der treulosen Dienerin entgegen.

      „Das darf ich Euch nicht sagen Herrin“, schluchzte diese. „Aber glaubt mir: Ich will das Beste für Euch und die Mädchen.“

      „Deshalb willst Du ihnen nach dem Vater auch die Mutter nehmen?!“ Rhiannons Stimme überschlug sich vor Zorn und Verzweiflung.

      „Nein!“, schrie Sara gequält. „Das will ich nicht! Aber sie sind mächtig. Sobald sie wissen, dass die Zwillinge das Feuer überlebt haben, können wir sie nicht mehr schützen, und Ihr könnt das auch nicht.“

      „Und ob ich das kann“, zischte die Baronin. „Aber das geht Dich nichts mehr an!“

      Die Augen der Dienerin weiteten sich, aber Rhiannon wollte nie mehr auf ihr falsches Getue hereinfallen. „Geh mir aus den Augen! Lass Dich hier nie wieder blicken! Wenn ich Dich noch ein einziges Mal in der Nähe meiner Kinder erwische, bringe ich Dich um, das schwöre ich.“

       * * *

      Die Baronin wusste nicht, wie lange sie auf die Tür gestarrt hatte, durch die Sara verschwunden war. Ihre Gedanken drehten sich im Kreis. Das Feuer war kein Zufall gewesen, doch sie hatte keine Ahnung, wer dahinter stecken mochte. Einen nach dem Anderen ging sie die Dienerschaft durch, auf der Suche nach jemandem, dem sie noch vertrauen konnte.

      Sara hatte sie vertraut, aber Sara hatte ein falsches Spiel getrieben.

      Ein leises Greinen holte sie aus ihrem Grübeln. „Imena, meine Süße“, flüsterte sie und hob das Kind an ihre Brust. Die vertraute Berührung half ihr, klare Gedanken zu fassen. Nachdem auch Dareia gestillt war, wusste Rhiannon, was zu tun war. Sie musste Saras Rat folgen und die Kinder in fremde Obhut geben. Die Mädchen durften nicht als Zwillinge aufwachsen und sie brauchten neue Namen, Namen, die nicht einmal sie selbst wissen durfte. Nur wenn Alle glaubten, sie wären tot, hatten sie eine Chance.

      Sie musste rasch handeln, und sie durfte niemandem vertrauen. Und sie würde Sorge tragen, dass sie die Mädchen mit UNAs Hilfe wiederfände.

       * * *

      Disziplin, Ausdauer, Regeln, Strenge

      Jahr 18 Kaiser Polanas, Sommer

       Sylva, Schülerin an der Akademie des Hohen Magischen Kampfes zu Bethan

      „Werte Schüler und Schülerinnen!“ Die Aussprache der gut fünfzigjährigen Lehrerin war ebenso tadellos wie ihre Haltung, ihre Kleidung und der Sitz des Knotens in ihrem schon grau gewordenen Haar. So wie Alles an Magistra Professura Vilana Südfahrer und das Gleiche erwartete sie natürlich auch von den vierzehn angehenden Zauberinnen und Zauberern, die, fein säuberlich nach Alter gereiht, an den Schreibpulten standen. „Die Älteren schreiben heute auf Pergament. Carol, gib jedem einen Bogen, aber nur einen.“

      Ein schlaksiger Junge mit braunem, kurz geschnittenem Haar nahm die acht schon mehrfach abgeschabten Bögen entgegen.

      „Kyrina, die Tintenfässer bitte. Pass auf die Federkiele auf. Mit den Kleineren ….“ Die Lehrerin stockte. Ihr Blick heftete sich auf das leere Pult in der zweiten Reihe. „Hat jemand Sylva gesehen? Wo steckt das Kind denn wieder?“

      Die beiden blonden Mädchen aus der ersten Reihe, nicht älter als sechs oder sieben, wohl frisiert und in weiße Umhänge gekleidet, sahen eingeschüchtert zu ihr auf und von den kaum älteren Burschen dahinter kam auch keine Antwort. Schließlich meldete sich Kyrina: „In Grundlagen der Alchimie hat sie ihre Schwefelbasis versemmelt. Vielleicht ist ihr übel.“

      „Hat sie ihre Schwefelbasis verdorben“, korrigierte die Magistra, doch ihr Missmut über das Fehlen der Schülerin schien sich zu legen. „Also mit den Kleineren …“

      Jäh flog die Türe auf. Wie ein Wirbelwind schoss die Vermisste mit wehendem schwarzem Haar in die Schreibstube. Es schien, als würde sie Carol umlaufen, aber sie schaffte es ohne Zwischenfall zu ihrem Pult. Dort blieb sie sichtlich erhitzt stehen und rang nach ihrem Atem.

      „Wo in aller magischen Winde Namen bist du gewesen, du störrisches Kind?“, herrschte die Lehrerin die Achtjährige an.

      „Ich … ich war noch im Garten und ich habe die Zeit vergessen.“ Die hellgrauen ausdrucksstarken Augen hielten dem Blick der Älteren mühelos stand.

      „Wie du wieder aussiehst. Aus dir wird nie eine respektable Magierin.“ Missbilligend musterte die Lehrerin die Flecken im Umhang der Schülerin und fixierte schließlich die Kletten und Ästchen, die sich in Sylvas Haaren verfangen hatten.

      „Schreiben“, sagte die Magistra. „Zwei Stunden schreiben nach dem Abendbrot, nein, statt dem Abendbrot.“ Mit einer schroffen Bewegung riss sie dem Mädchen eine der Kletten aus dem Haar und warf diese samt der Strähne, in der sie sich verfangen hatte, angewidert hinter sich. „Disziplin, Ausdauer, Regeln, Strenge: Das braucht ein Magier, wenn er seine Kunst beherrschen und seinem Land und seinem Kaiser dienen will. Wissen, Übung und wieder Disziplin, das ist euer Leben.“

      Hundertmal habe ich das schon gehört, dachte Sylva. Wann lernen wir endlich richtig zaubern? Und kämpfen? Schreiben, Lesen, Strammstehen, komplizierte Mixturen fertigen – all das musste sie lernen und Vieles mehr. Aber es war schwer, wenn man sich dazwischen nicht austoben konnte. Den Übrigen schien das wenig auszumachen. Die machten einen großen Bogen um die kräftigen Burschen und Mädchen aus der Stadt, wenn sie überhaupt einmal die Schule verließen. Aber sie war nicht wie die Anderen. Sie hatte Spaß an den einfachen Körperübungen, die oft genug ausreichten, den einen oder anderen Mitschüler ins Schwitzen zu bringen.

      Mittlerweile schrieben die Jüngeren bereits auf ihren Schiefertafeln. Vorsichtig schielte Sylva nach rechts, um zu sehen, welches Zeichen geübt werden sollte. Die Buchstaben der Gemeinsprache beherrschte sie schon ganz ordentlich, doch die verschlungene Schrift der alten Magier wollte sich ihr nicht erschließen.

      Disziplin, schoss es ihr durch den Kopf. Ich muss mich zusammenreißen. Ah, das große C, mehr als nur ein Buchstabe. Wie jedes Zeichen der alten Sprache war auch das C mit einer

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