Das Haus der Luftblumen. Nancy Salchow

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Das Haus der Luftblumen - Nancy Salchow

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kleiner vor. Die Tische und Stühle waren mit rotweiß karierten Tischdecken und Sitzkissen bespannt und strahlten noch immer einen gewissen Bierzeltcharakter aus; trotzdem erschien alles ein wenig enger als damals.

      Neben dem Tresen am Ende des Raumes deutete eine leichte Anhöhe die Bühne an. Nicht sehr groß, nicht sehr beeindruckend, aber das war es auch nicht, worauf es ankam. Man mochte es schlicht hier, und genau deshalb hatte ich mich entschieden herzukommen.

      Die Band war bereits dabei, ihre Instrumente aufzubauen und zu stimmen. Die prall gefüllte Kneipe deutete den baldigen Beginn des Konzertes an. So sah also ein musikalischer Abend auf dem Dorf aus. Genau wie früher. Und genau das Richtige, um sich von wirren Gedanken abzulenken.

      Ich setzte mich rechts außen an den Tresen und bestellte ein Bier, das nach wenigen Augenblicken mit einer Schaumspur zu mir herüber geschoben wurde. Selbst das hatte sich nicht verändert.

      „Nicht zu fassen“, hörte ich eine tiefe Stimme neben mir. „Tina, bist du's?“

      „Nick“, erwiderte ich überrascht. „Mensch, du hast dich ja kein bisschen verändert.“

      Und es stimmte wirklich. Noch immer trug er das rotblonde Haar raspelkurz. Auch das hellblaue Hemd, dessen Ärmel er bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt hatte, passte zu dem Bild aus meiner Erinnerung. Einem Bild, das ich mir noch heute manchmal ins Gedächtnis rief. Nick. Der Junge, der sechs Schuljahre lang mein Banknachbar gewesen war. Der Junge, der seine Spickzettel bei Klassenarbeiten für gewöhnlich unter der Schuhsohle befestigte, um deren Inhalt in recht fragwürdiger Sitzhaltung abzuschreiben.

      Der Junge, der inzwischen 30 war.

      „Gut siehst du aus“, stellte er fest, mit einem Lächeln, das es mir leicht machte, ihm zu glauben.

      „Danke, du auch. Ist ja echt eine Überraschung, dass ich dich hier treffe.“

      „Nicht so eine Überraschung, wie dich hier zu treffen. Ich wohne schließlich hier, aber du?“

      „Ich auch.“ Ich lächelte, während er auf dem Barhocker neben mir Platz nahm. „Na ja, zumindest für vier Wochen. Ich hab ein Ferienhaus gemietet, unten am Strand.“

      „Verstehe. Heimatsehnsucht, richtig?“

      „So kann man es nennen. Oder aber die Suche nach dem geeigneten Umfeld für meine Arbeit.“

      „Du bist hier, um zu arbeiten?“ Er winkte der Kellnerin zu, die ihm ohne Worte ein Bier zubereitete. Man schien ihn hier zu kennen.

      „Ich schreibe. Und das kann ich am besten in einem ruhigen Umfeld.“

      Er lachte. „Ich wusste gar nicht, dass man Percys Tanzscheune als ruhiges Umfeld bezeichnen würde.“

      „Ich dachte, ein bisschen Ablenkung täte mir zwischendurch ganz gut.“

      Die Tatsache, dass er mich nicht fragte, was oder woran ich schrieb, beeindruckte mich auf seltsam subtile Weise. Er schien nicht gleichgültig, andererseits aber auch nicht aufdringlich interessiert. Eine Kombination, die für meinen Zustand genau die richtige war.

      Im Hintergrund begann die Band zu spielen. Die Akustik war etwas dumpf, dennoch (oder gerade deshalb) passte die Musik zur Umgebung. Die Leadsängerin, eine gut bestückte Blondine im knielangen Karokleid, seufzte die ersten Zeilen von „I'm So Lonesome I Could Cry“ ins Mikrofon.

      „Gar nicht mal schlecht“, stellte ich fest.

      „Die singen ständig hier“, sagte Nick. „Covern viel. Auch deutsche Sachen.“

      Ich nickte.

      Nick hielt sich an seinem Bierglas fest, während er zur Band hinüberschaute. Ein Umstand, der mich beruhigte. Keine übertriebene Aufmerksamkeit in meine Richtung. Keine nervtötenden Fragen. Er stellte die perfekte Gesellschaft dar. Gesprächig, aber nicht zu redselig. Freundlich, aber nicht zudringlich. Und gerade das machte aus dem sympathischen, aber nicht ernstzunehmenden Mitschüler von damals mit jedem Schluck aus meinem Bierglas einen umso angenehmeren Gesprächspartner.

      „Und was hat die Zeit mit dir angestellt?“, fragte ich. „Bist du in die Schlosserei deines Vaters eingestiegen, wie du es immer vorhattest?“

      „Anfangs schon“, antwortete er. „Ich habe meine Ausbildung gemacht und fünf Jahre dort gearbeitet. Aber irgendwann bekam ich Probleme mit meinem Rücken, war eine Zeitlang krank und habe dann umgeschult.“

      „Tatsächlich?“

      „Tatsächlich. Vor dir sitzt einer der wenigen Tagesväter Nordwestmecklenburgs.“

      „Nicht dein Ernst!“

      „Das hättest du deinem verschlafenen Banknachbarn nicht zugetraut, oder?“

      „Na ja, ich bin nur überrascht, das ist alles.“

      „Ich habe eine eigene kleine Betreuungseinrichtung neben der Firma meines Vaters. Derzeit sind es fünf mehr oder weniger entzückende Sprösslinge, die sich täglich freiwillig in meine Obhut begeben.“

      Ich erwischte mich bei dem Gedanken, ob er verheiratet war, oder zumindest liiert. Und wenn ja, wo war sie, wenn nicht hier bei ihm?

      „Klingt gut“, sagte ich und erschrak im selben Moment über die Einfallslosigkeit meiner Antwort. War es möglich, dass er mich nervös machte?

      Nein. Eher war es der Umstand, mich näher mit einem Mann zu unterhalten, der mich verwirrte. Seit Piet waren meine Anstrengungen, mich auf Gespräche (geschweige denn mehr) mit anderen Männern einzulassen, selten geworden, und ich selbst zur Einsiedlerin in einer Welt voller Worte.

      „Wenn du ein bisschen Abwechslung von der Schreiberei brauchst, kann ich dir übrigens den Flohmarkt im Oberdorf empfehlen. Ich bin dort oft mit den Kindern. Krimskrams zum Basteln besorgen oder nach Spielzeug für die Einrichtung stöbern.“

      Oberdorf. Wieder dieses Wort. Aus seinem Mund klang es jedoch weniger lächerlich als aus Celines.

      „Ja, ich hab schon davon gehört“, sagte ich. „Celine hat mich heute Morgen besucht und davon zu überzeugen versucht, dass ich dieses Ereignis auf gar keinen Fall verpassen darf.“

      „Die gute alte Celine.“ Er grinste. „Wie ich sie kenne, hat sie dich vermutlich eher gezwungen, oder?“

      Dass wir anscheinend dieselbe Meinung von ihr hatten, ließ meine Sympathie für ihn weiter steigen.

      „Ich lasse mich nicht zwingen“, antwortete ich. „Zumindest nicht von ihr.“

      Für einen Moment schien das Lächeln auf seinen Lippen wie eingemeißelt. Er musterte mich schweigend, während sich meine Wangen spürbar erhitzten.

      Im Hintergrund begann jemand, über den Tisch zu grölen. Ein Lärm, der sogar die Musik übertönte.

      Irritiert drehte ich mich um. „Hier scheint sich nicht viel geändert zu haben.“

      Sein Blick folgte meinem in Richtung Gröl-Tisch. „Ach, das sind nur Tekko und seine Kumpane. Die sind fast jeden Abend hier und lassen keine Gelegenheit ungenutzt, sich bemerkbar zu machen.“

      „Doch

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