Mord im Zeppelin. Ulli Schwan

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Mord im Zeppelin - Ulli Schwan

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im Ruhrgebiet machen alles nur schlimmer. Dabei sind acht Menschen ums Leben gekommen. Ich weiß, dass der Versailler Vertrag verheerend für die deutsche Industrie ist und damit auch für die Arbeiter ... aber wenn das so weitergeht, schlittern die Deutschen direkt in den nächsten Krieg. Das sollte wirklich niemand wollen.« Düster sah er aus dem Fenster auf die Häuser, die neben ihnen vorbeizogen.

      Becky legte ihre Hand auf die von Miro und drückte sie leicht. »Dazu wird es nicht kommen. Sie wollen doch nur ein ganz normales Leben führen und genug Geld für ihre Familien verdienen können. Frankreich und England werden das sehen und einlenken, ich bin mir sicher. Wenn die deutsche Wirtschaft nicht wieder auf die Beine kommt, dann haben auch sie nichts davon.«

      Er sah seine Frau an. »Du glaubst wirklich an die Vernunft der Menschen, nicht wahr?«

      »Ich hoffe zumindest immer noch, dass sie sich daran erinnern, überhaupt welche zu besitzen.« Becky lächelte ihn an und fuhr fort: »Manchmal funktioniert es sogar. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendjemand bereit ist nochmal einen Krieg zu riskieren. Nicht nach dem, was wir alle im Letzten verloren haben.«

      »Du hast Recht.« Er hoffte es von ganzem Herzen. Nur glauben konnte er es nicht.

      Ungefähr eine Stunde nachdem sie Annett aufgelesen hatten, bog der Lincoln schließlich von der Straße ab in Richtung Flugfeld. Die einzigen Gebäude dort waren zwei riesige Hallen, so groß wie mehrere Wohnblöcke in San Francisco. Sie standen auf einem Acker von der Größe einiger Fußballfelder. Nur hier und da wehten einzelne Wetterfahnen im Wind und auf dem Dach eines nahe stehenden Schuppens rotierten verschiedene seltsam aussehende Geräte.

      Obwohl nur die Hallen zu sehen waren, war es das betriebsamste Feld, dass Becky je zu Gesicht bekommen hatte. Um sie herum, neben dem Fahrweg, liefen Menschen auf die Gebäude zu und vor ihnen fuhren bereits einige Automobile.

      »Hier ist ganz schön was los«, stellte Becky begeistert fest und drehte sich erst nach rechts, dann nach links, um möglichst viel von dem Treiben mitzubekommen.

      Zu einem kleinen Gebäude, das an die größte Halle angrenzte, führte eine abgesperrte Auffahrt, auf die der Fahrer ihr Automobil lenkte. An den Absperrungen stand Wachpersonal, denn ansonsten wären sie vermutlich keinen Meter weit gekommen. Dutzende, sogar Hunderte Schaulustige, hatten sich zum Abflug des Zeppelins eingefunden, obwohl der genaugenommen erst am frühen Morgen gegen fünf Uhr stattfinden würde. Sie alle jubelten den Neuankömmlingen zu und winkten, hielten Transparente hoch oder schwangen Bücher durch die Luft. Unglaublich, dachte Becky, was für eine Partystimmung.

      Annett fragte überrascht: »Wieso sind denn so viele Menschen hier?«

      »Ich schätze, sie sind wegen der Cabes hier, diesem Schriftsteller-Paar, das sich als Geisterjäger betätigt.« Miro sah aus dem Fenster und betrachtete die Menge interessiert.

      »Sie meinen Lily und Colin Cabe?«, fragte Annett. »Die reisen mit uns?«

      »Laut Gästeliste, ja«, murmelte Miro nicht sonderlich begeistert von dieser Tatsache.

      Becky sah ihren Mann von der Seite an. Sie wusste, dass er die Cabes für absolute Scharlatane und Geldschneider hielt. Aber sie hatte nicht gewusst, dass die Cabes auf dieser Reise dabei sein würden.

      »Du wusstest, dass sie an Bord sein würden?«, fragte sie nun Miro.

      »Die Gästeliste stand in der Zeitung, vermutlich ist es deswegen hier so voll. Wir haben übrigens wohl auch noch ein Medium an dabei.« Miro schüttelte den Kopf. »Im Artikel haben Sie den Flug schon das ›Geisterschiff‹ genannt!«

      »Tatsächlich?«, fragte Annett aufgeregt. »Oh, ich bin ja so gespannt, ob wir eine Séance haben werden. Finden Sie das nicht auch wunderbar, Becky?«

      Sie murmelte etwas Unverfängliches und lächelte die junge Sängerin an. Sie war sich nicht sicher, ob sie die Tatsache, dass sowohl die Cabes als auch ein Medium an Bord waren, wunderbar fand. Irgendwie hatte sie das Gefühl, in eine Situation hineinmanövriert worden zu sein, die weder sie noch Miro mochten: Presserummel. Der war garantiert bei dieser Gästeliste, denn die Cabes liebten es, in der Öffentlichkeit zu stehen. Und in Kombination mit einem Medium würde sich die Presse darauf stürzen.

      Miro stand dieser Szene skeptisch gegenüber, und machte daraus keinen Hehl. Er lobte seinen amerikanischen Kollegen Harry Houdini und den Engländer Harry Price für ihre Verdienste – sie hatten es sich immerhin zur Aufgabe gemacht, die Betrüger in der Spiritismus-Szene zu entlarven. Und wenn Miro selbst auch noch keine Séance gesprengt hatte, so war er der Vorstellung alles andere als abgeneigt. Vielleicht hatte Russel Barker, der Besitzer der Luftschifflinie, genau so ein Duell für diese Fahrt im Sinn, überlegte Becky verärgert. Sein Angebot war, wie es aussah wohl doch nicht so uneigennützig gewesen, wie sie gedacht hatte. Für den Moment schien es allerdings, als könnten sie nur gute Miene zum Spiel machen, daher wandte sie sich wieder dem Gespräch zu.

      »Sie haben was von ihnen gelesen, Annett?«, fragte Miro gerade.

      Becky selbst hatte einen kurzen Blick in das letzte Buch der Cabes geworfen und sich – wenn sie ehrlich war – tatsächlich gut amüsiert. Ob das, was die Cabes schrieben, wirklich so geschehen war? Sie ging davon aus, dass sie zumindest ein wenig übertrieben, das legte schon der Stil der Bücher nahe. Doch wer weiß schon, ob nicht etwas dran war, an den Geschichten, dachte sie. Sie fühlte sich ein wenig illoyal bei dem Gedanken, aber auch Miro sagte ja immer, dass es vermutlich mehr gab zwischen Himmel und Erde. Und die Idee, Geistern mit Wissenschaft zu begegnen, fanden sie beide eigentlich sehr spannend.

      »… mich stört dabei einfach, dass die Cabes aus dem Tod ein Geschäft machen und es unter dem Deckmantel des Mitgefühls tun«, erklärte Miro gerade Annett. »Zu mir kommen die Leute auch wegen der Illusion – aber ich verkaufe ihnen auch nicht mehr als das.«

      In Wirklichkeit, das wusste Becky, regte sich Miro nicht über die Bücher auf – ihn ärgerte schlicht die Unprofessionalität der Cabes. Es war das Unverständnis eines jeden Künstlers, der sich ganz und gar seiner Profession verschrieb. Und der dann feststellte, dass das Publikum jemanden anhimmelt, der das Handwerk nur dilettantisch beherrscht und benutzt, um schnell an Geld zu kommen.

      »Für mich klang es so, als würden Sie den Menschen helfen«, antwortete Annett vorsichtig. »Und ich fand die Bücher wirklich spannend. ›Verlorene Seelen in Anford Manor‹ konnte ich kaum weglegen!«

      Miro brummte darauf nur: »Schreiben können sie, das stimmt. Aber warum dann nicht Romane?«

      Becky fand es an der Zeit, das Thema zu wechseln. Bevor sie jedoch ansetzen konnte, hielt der Wagen an.

      »Mister Berlioz«, rief einer der Wartenden, ein Mann im mittleren Alter, eine Mütze auf dem Kopf. »Mister Berlioz, wie hat Ihnen Amerika gefallen? Kann ich ein Autogramm bekommen?« Anscheinend hatten einige der Zuschauer auch Miro erkannt.

      Miro lächelte den Mann freundlich an und ging zu ihm. Was auch immer er behauptet, dachte Becky, er liebt das Rampenlicht und das Bad in der Menge.

      »Ich bin für die Warmherzigkeit der Amerikanerinnen und Amerikaner und die Begeisterung mit der ich hier Willkommen geheißen wurde sehr dankbar und verspreche, bald zurückzukehren.« Miro hatte einen Stift gezückt und dem Fragesteller ein Autogramm auf eine Karte gegeben.

      Doch der Mann sah nur verwirrt auf die Karte. »Da

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