Mord im Zeppelin. Ulli Schwan

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Mord im Zeppelin - Ulli Schwan

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aber weiterhin den Zeppelin. Nur schwer löste sich ihr Blick von der gigantischen silbernen Zigarre. Die Arbeiter, die um sie herumliefen, erinnerten Becky von Größe und Betriebsamkeit an Ameisen. Und doch kann es fliegen, dachte Becky. Seit sie denken konnte, faszinierte sie alles, womit man zwischen den Wolken reisen konnte. Autos machten Spaß, Schiffe waren eine gute Gelegenheit, um zu entspannen, und Züge fand sie langweilig. Aber Fluggeräte jeder Art brachten sie zum Träumen.

      »Das sind die Motoren«, sagte Miro und zeigte auf Gondeln, die etwa auf der Höhe des Äquators am hin­teren Teil des Luftschiffs platziert waren. Sie hatten in etwa die Größe von Autos und große Propeller zeigten nach achtern. »Ohne sie wäre der Zeppelin nichts weiter als ein Ballon, dem Wind völlig ausgeliefert.« Miro zeigte auf die Unterseite des Rumpfes: Weit vorne hing etwas am Rumpf, in Größe und Form ähnelte es dem Passagierwaggon eines Zuges, wirkte jedoch im Gegensatz zum gesamten Gebilde winzig. Er erklärte: »Das hier vor uns ist, glaube ich, der Speisesaal. Unsere Kabinen müssen dann bei den Fenstern darüber sein.«

      »Wir wohnen im Ballon?«, fragte Becky erstaunt. »Ist der denn nicht komplett mit Helium gefüllt?«

      Es war Gus, der ihr antwortete, noch bevor ihr Mann es konnte: »Nein Ma’am, da drinnen sind zwar auch Kammern mit Helium, aber außerdem auch die Kabinen für Sie und die Crew, die Küchen, die Waschräume, Lagerfläche, Wassertanks und 'ne ganze Menge Stangen, damit das Ding stabil bleibt. Is nämlich 'n sogenanntes Starrluftschiff.« Er war sichtlich stolz auf sein Wissen – und sein Luftschiff.

      Becky schüttelte verwundert den Kopf: »Es fällt mir schwer, mir das vorzustellen.«

      Sie sah den Ballon entlang und ihr fiel auf, dass das Luftschiff mit Seilen festgemacht war, die Gondeln aber nicht den Boden berührten. Sie sah nach oben zu den Fenstern am Bauch des Zeppelins, vier Stockwerke über ihr.

      Um sie herum liefen Passagiere, Arbeiter und Techniker durcheinander und riefen sich entweder staunende Kommentare oder kurze Befehle zu während Kanister, Koffer und Fässer eingeladen wurden. Ein junger chinesischer Arbeiter nahm sich ihrer Koffer an und schob sie in Richtung Laderaum weiter. Vor diesem Giganten wirkt alles wie Spielzeug, dachte Becky. Sie sah sich nach Annett um, der es anscheinend die Sprache verschlagen hatte.

      »Das ist eine wirklich fette Lady!«

      »Bitte?«, entfuhr es Annett, die sich bei diesen Worten umdrehte. Vermutlich hatte sie schon häufiger unpassende Bemerkungen über ihre Figur gehört, dachte Becky, es gehört sich aber trotzdem nicht. Sie sah sich nach demjenigen um, der den unhöflichen Kommentar abgegeben hatte.

      Der große Mann in Lederjacke, der die Halle nach ihnen betreten hatte, schien jedoch nicht Annetts rundliche Figur gemeint zu haben, denn er wies an ihr vorbei auf die Demetrio. »Das Gerät da. Groß, klar, aber auch fett und langsam wie eine kalbende Seekuh.«

      »Sie haben wohl keinen Blick für Ästhetik«, gab Annett etwas spitz zurück.

      Das kann sie wohl auch nicht auf dem Zeppelin sitzen lassen, dachte Becky amüsiert.

      »Mag sein. Aber in der Luft bevorzuge ich wendige, schnelle Flugzeuge. Diese Zeppeline sind doch jetzt schon museumsreif.«

      Miro schaltete sich ins Gespräch ein. »Also für den Flug über den Atlantik nehme ich lieber ein Luftschiff …«

      Der Mann kam zu ihnen, mit großen Schritten, den Kragen seiner wollgefütterten Lederjacke hochgestellt, ein breites Lachen auf dem Gesicht. Er war einen Kopf größer als Miro und kräftig gebaut. Das wellige Haar und der breite Schnurrbart waren rabenschwarz. Er trug ein grobes Hemd, Baumwollhosen und Stiefel; eine Garderobe, die nicht zu der der anderen Gäste passen wollte.

      »Ach was, das würde meine kleine Lady schon schaffen.« Er zwinkerte Miro zu. »Aber sicher ist sicher und ich schwimme ungern, also steig' ich besser mal hier ein. Quebec Norris der Name.« Damit schüttelte er Annett kräftig die Hand. »Nett Sie kennenzulernen.«

      Auch Becky wurde mit einem Handschlag begrüßt. Fest, aber nicht unangenehm. »Sie sind Flugzeugpilot?«, fragte sie interessiert.

      Quebec grinste erfreut. »Ja, meine einzig wahre Leidenschaft ist es, hinter einem knatternden Motor durch die Luft zu jagen. Das da«, er nickte zum Zeppelin, »ist mir zu brav. Allemal besser, als sich auf einem Schiff durchschaukeln zu lassen. In der Luft macht mir nichts so schnell Angst, aber ein paar Wellen und um mich ist es geschehen.«

      Miro bekam ebenfalls einen Handschlag. »Die Demetrio hat vier Rolls Royce Motoren, jeder wohl stärker als alles, was in einem Ihrer Flugzeuge verbaut wurde.«

      Quebec musterte ihn anerkennend. Erst dann sagte er: »Stimmt wohl, aber bei dem Luftwiderstand braucht sie auch jeden davon.«

      »Was die wohl für einen Verbrauch haben?«

      »Saufen bestimmt wie Matrosen auf 'nem Landgang. Gewartet werden müssen die auch, sogar während des Fluges. Wenn ich mir das vorstelle: Über mein Flugzeug klettern, nur um ein paar Schrauben festzuziehen.«

      »Aber die Reichweite ist unschlagbar ...«

      Während die beiden Männer in ihre Fachsimpelei vertieft weiter in Richtung Laderaum gingen, überlegte Becky kurz, ob sie sich einfach anschließen sollte. Doch sie war ebenso neugierig auf den Teil des Zeppelins, der den Passagieren zur Verfügung stand. Also hakte sie sich bei Annett unter und zog sie in Richtung der schmalen fahrbaren Treppe, die zum Eingang ins Schiff hinauf führte.

      Ich werde Miro schon noch dazu bewegen, mit mir einen romantischen Ausflug in den Laderaum zu machen, dachte sie amüsiert. Und wenn nicht, halte ich mich eben an Mister Norris, der scheint ja ein netter Kerl zu sein.

      Sie lächelte Annett voller Vorfreude an. »Bereit für ein Abenteuer?«

      Streit, Strudel und Spiritisten

      Sonntag, 22. April 1923, vor dem Dinner, San Francisco, Amerika

      Miro Berlioz klopfte sacht an die Kabinentür, bevor er sie öffnete. »Da bin ich, mon cœur.«

      »Na endlich«, rief Becky vom Frisiertisch aus, wo sie sich gerade die Haare feststeckte.

      Sich des Halstuchs entledigend, erklärte Miro: »Tut mir leid, ich habe mit Quebec etwas gefachsimpelt. Netter Kerl. Und so ein junger Mann, Ben Truman, hat sich an uns gehängt, um sich die Lagerräume anzusehen. Neugieriger Bursche.«

      Miro zog sein Jackett aus und sah sich um. Wie überall auf dem Passagier-Deck, lag auch hier ein jadegrüner Teppich aus, der gut mit den anthrazitfarbenen Wänden und hellen Aluminiumgriffen harmonierte. Die Kabine war spartanisch eingerichtet: Das schlichte Doppelbett aus Aluminium nahm den meisten Platz ein, es stand an der Wand gegenüber vom Frisiertisch.

      Auf Bilder hatten die Einrichter ebenso verzichtet wie auf Fenster. Die Kabinen lagen innen und waren fensterlos. Anders als die öffentlichen Räumlichkeiten an Bord, die laut Prospekt über große Panoramafenster verfügten.

      Besonderen Komfort bietet die Kabine nicht, aber viel Zeit werden wir hier drin ja vermutlich auch nicht verbringen, dachte Miro. Er war allerdings gespannt darauf, wie es auf dem darunterliegenden Deck und in den Waschräumen aussah. Höhepunkt des Zeppelins, sollte angeblich aber die Gondel sein. Sie war anders als Passagier- und Mannschaftskabinen unterhalb der Zeppelinhülle angebracht und rundherum verglast.

      Offensichtlich

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