Adda Fried. Angelika Nickel
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Читать онлайн книгу Adda Fried - Angelika Nickel страница 15
Adda wandte den Blick ab und schaute fragend Mathilde an.
»Geh nur, Adda, für heute reicht es. Du hast genug getan, und ich für meinen Teil habe auch keine Lust mehr, noch weiter geöffnet zu halten. Ich schließe jetzt. Ein Toter für heute, das reicht mir voll und ganz.«
»Also bis morgen, Mathilde.«
»Danke. Bis morgen, Adda.« In ihrem Blick lag Besorgnis. »Und denk nicht soviel darüber nach. Das Leben ist, einfach, wie das Leben ist. Niemand von uns weiß, wann wir an der Reihe sind.« Aufmunternd nickte sie ihr nochmals zu.
Adda nickte verstehend zurück, danach stieg sie zu Kommissar Edgar Braun in den Wagen, nannte ihm ihre Adresse und ließ sich von ihm nach Hause fahren. Beim Abschied, sagte sie: »Hey, Edgar, wenn wir uns wieder treffen, dann besser bei ’nem Toten, ohne Pommes.«
»Wenn es nach mir geht, brauchen wir uns bei gar keiner neuerlichen Leiche wiederzusehen.«
»Magst du mich nicht mehr?«, schmollte Adda, und stieg beleidigt aus dem Wagen.
»Doch schon. Aber in deiner Nähe lebt es sich anscheinend doch recht gefährlich. Zwei Tote, innerhalb von so kurzer Zeit, und jedes Mal warst du in der Nähe.«
»Vergiss die Fritten dabei nicht.«
Braun riss die Augen auf. »Was bist du nur für eine Frau?«
Darauf ging Adda nicht ein, sondern langte durchs geöffnete Fenster und legte, wie tröstend, ihre Hand auf Edgars Schulter. »Edgar, ganz sicher, irgendwann werden wir beide eine Leiche haben, bei der ich nicht zuerst am Ort des Geschehens sein werde.«
»Kann ich fast nicht glauben.«
»Trotzdem: Vergiss nicht, was du mir versprochen hast!«, erinnerte sie ihn, an sein Versprechen.
»Nein, ganz bestimmt nicht.« Er sah sie traurig lächelnd an. »Ich bin mir sicher, dass du alles tun wirst, um dass ich es nicht vergesse.«
Adda lachte. »Wie gut du mich doch schon kennst, Herr Kommissar.« Sie nahm die Hand von seiner Schulter und verabschiedete sich von ihm.
»Gute Nacht, Adda.«
»Ja, gute Nacht, Edgar. Und denk dran, so wie du einen echten Mord hast: Sofort mich anrufen.«
»Ja, ja.« Edgar konnte es bald nicht mehr hören. Er startete seinen Wagen und fuhr davon. Überzeugt davon, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er erneut auf Adda Fried und eine weitere Leiche treffen würde.
13 - Novemberluft
Adda stand kerzengerade im Bett. Das Funkgerät! War da nicht gerade das Funkgerät angegangen? Schnell sprang sie aus dem Bett. In übertriebener Eile, hurtig wie der Wind, sprintete sie ins Wohnzimmer hinüber.
»Anton 23, bitte melden! Schreie aus …«, hörte Adda gerade noch, eine Stimme aus dem Funkgerät sagen.
»Das ist es. Das muss ein Mord sein. Schreie …!« Adda raffte die Socken vom Sessel und zog sie hastig an. Gleich darauf schlüpfte sie in ihre Jeans und streifte sich einen roten Pulli über, um anschließend noch in ihre gefütterten Stiefeletten zu schlüpfen.
Edgar!, schoss es ihr durch den Kopf. Ich muss Edgar anrufen.
Gleich darauf wählte sie seine Telefonnummer. Es dauerte und dauerte, bis sich endlich eine verschlafene Stimme meldete: »Braun. Was ist denn los, mitten in der Nacht? Wehe, es ist nicht wichtig!«
»Edgar, ich bin ’s. Die Adda. Du musst ganz schnell kommen! Über Funk haben sie etwas von ’nem Mord durchgegeben.«
»Adda, weißt du eigentlich, wie spät es ist?«
»Kurz nach zwei.« In ihr Gesicht zeichnete sich Unverständnis. Was bist du denn für eine Flitzpiepe?, empörte sie sich innerlich. Dennoch zog sie es vor, ihre Gedanken besser für sich zu behalten. Immerhin wollte sie Edgar nicht auch noch die Laune mit ihren Kommentaren verderben. Reichte ja schon, dass er ohnehin mies drauf war, und das nur, weil sie ihn an seine Pflicht erinnert und ihn angerufen hatte.
»Beste Dame, zwei Uhr, das ist mitten in der Nacht!«
»Jetzt stell dich nicht so an, Edgar. Für Mohamed Ali bist du doch ganz bestimmt auch nachts aufgestanden«, entrüstete Adda sich, die so gar kein Verständnis dafür hatte, dass Edgar nicht schon längst in die Klamotten gesprungen und losgefahren war.
»Ich interessier mich nicht fürs Boxen.«
»Ich schon«, antwortete Adda, die schon des Öfteren nachts für Boxkämpfe aufgestanden war, und mühte sich dabei um einen legeren Ton, obwohl sie innerlich kochte.
»Ich aber nicht. Kann ich jetzt endlich wieder weiter schlafen?« Edgar gähnte.
»Ich will mit dir nicht diskutieren, die Zeit haben wir gar nicht.« Sie seufzte unterdrückt. »Es gibt eine Leiche, Mann. Hast du es jetzt endlich begriffen«, fauchte sie ihn an. Ihre Geduld hatte ihre Grenzen erreicht. »Wir treffen uns am Tatort. Ins Bett, Edgar, geht’s jetzt nicht mehr. Später, aber nicht jetzt!«
»Weißt du denn überhaupt, wohin wir müssen?« Edgar glaubte nicht, dass Adda ihn tatsächlich so weit brachte, dass er nachts, ohne überhaupt dorthin gerufen worden zu sein, einen Tatort aufsuchte.
»Mannomann, Kommissar, du stellst aber auch Fragen. Sicher weiß ich, wohin wir müssen.« Sie nannte ihm die Adresse. »Ich geh schon mal zu Fuß los, von mir aus ist es nicht weit.«
»Adda, es ist stockdunkel draußen. Wart doch wenigstens, bis ich da bin. Ich hole dich auch direkt vor deiner Haustür ab.« Er fuhr sich mit der Hand mehrmals über die Augen.
»Ein anderes Mal, Edgar. Beim nächsten Mord kannst du mich gerne abholen. Doch für heute ist es anders besser.« Vor sich hin grinsend, spielte sie mit der Telefonschnur. Hab dich, dachte sie. »Ich mach mich jetzt auf die Socken, bevor wir noch mehr Zeit vertrödeln. Wir treffen uns dann am Ort des Geschehens. Bis gleich, Herr Kommissar.«
Er hörte nur noch ein Knacken. »Was für ein dickköpfiges altes Weib!« Innerlich schäumte er, vor Wut auf sich selbst. Hatte sie ihn wieder weich gekocht und dahin gebracht, wohin sie ihn haben wollte. Warum hatte er ihr auch nur nicht widerstanden? Ihr und ihrer Forderung? Immer noch hundemüde, krabbelte er aus dem Bett.
Keine fünf Minuten später saß er in seinem Wagen. Mit Blaulicht raste er davon. Er hatte ein ungutes, ein sehr ungutes Gefühl, nicht mehr rechtzeitig zu kommen. Wieder wunderte Braun sich über sich selbst. Da machte er sich doch tatsächlich Sorgen um die alte Schachtel. Und dennoch, auch wenn er in diesem Augenblick so ziemlich alle Schimpfworte für sie hatte, die ihm um diese Stunde einfielen, musste er doch, wenn er vollends ehrlich mit sich war, zugeben,