Truski - das Römermädchen vom Reitstein. Werner Siegert
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Welche Gefahr geht ....
Der Artikel war zu lang, als dass er ihn im Vorbeigehen hätte lesen können. Elsterhorst überflog den Rest. Erhöhte Polizeipräsenz wurde gefordert, die Menschen zu Achtsamkeit, besonders bei Massenveranstaltungen, aufgerufen und vor Panikreaktionen gewarnt.
Das Ganze krönte ein Foto von Rinaldo mit der Hand. Diesmal hatte man ihm mittels Fotomontage ein Mäntelchen umgehängt mit der Aufschrift
Polizeihund im Dienst
Elsterhorst blieb nicht stehen. Was war das nur für ein Fall? Nur mühsam wehrte er sich gegen eine aufkommende Depression, indem er schneller ausschritt. Er versuchte sich klar zu machen, dass sich weder in seinem Leben noch am Bild der Stadt irgendetwas geändert hatte – außer ihm. Ihm fehlte der Schwung, die Neugierde, die Spannung, die sich sonst stets zu Beginn neuer Ermittlungen seiner bemächtigte.
Lustlos betrat er sein Büro.
Auf seinem Schreibtisch lag ein versiegeltes Päckchen. Es kam vom Labor. Der Inhalt war – wie zu erwarten – die zweite Hand, die aus dem Forstenrieder Park. Er las das Begleitschreiben.
Die Hand gehörte also nicht zu dem gleichen Körper wie die, mit der Elsterhorst sich bereits beschäftigt hatte und die ebenso wie die Hundepfote daheim in seinem Tiefkühlfach lag. Sie war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weiblich, soweit man das von einer Hand sagen konnte.
Elsterhorst grübelte. Zwei Hände verschiedenen Geschlechts – das bedeutete zwei Leichen. Es war unmöglich, dass ein Irrer wahllos Hände abschnitt, ohne dass die Polizei davon erfahren hätte. Und wie hätte er das auch gemacht?
Es musste also zwei Leichen und zumindest einen Mörder geben, den er, Elsterhorst zu finden und zu überführen hatte. Vermisstenanzeigen gab es nicht – zumindest nicht, soweit sich das in der Kürze der Zeit überprüfen ließ.
Es sah fast so aus, als wollte jemand die Polizei oder ihn beschäftigen oder zum Narren halten. Und gab es im Moment nichts, wo er anpacken konnte.
Da stürmte, ohne anzuklopfen, Uta Möbius in sein Büro. Respektlos fasste sie ihn am Arm und zerrte ihn zur Tür.
„Elsterhorst! Kommen Sie schnell!“
Gerade gelang es ihm noch, sich so weit zu befreien, dass er die Hand in den Plastikbehälter stopfen und das Päckchen in seine Jackentasche gleiten lassen konnte.
Dann hetzten sie ein paar Türen weiter in den Raum, in dem ein Fernsehgerät stand, das fast den ganzen Tag lief und von einem Polizisten bewacht wurde für den Fall, dass es aufregende Nachrichten gab.
Der Sprecher eines Privatsenders hatte sich soeben des Mikrofons bemächtigt. Am unteren Rand des Bildschirms lief ein Band:
..-. Handlos-Morde in München - Handlos-Morde in München
„Vor wenigen Minuten erreichte uns eine Meldung aus München. Dort sorgt der Fund einer abgehackten Hand für große Aufregung unter der Bevölkerung. Es sieht so aus als sei die Hand den Opfern eines Gewaltverbrechens nach dessen Tod abgeschnitten oder abgesägt worden. Es scheint sich um einen Serientäter zu handeln. Bisher wurde offenbar weder nach dem Ermordeten noch nach dem Mörder gesucht.“
Es wurde in ein offenbar privates Wohnzimmer umgeschaltet: Eine junge Frau saß neben dem Reporter auf einer Couch.
„Nein!“ rief Elsterhorst, wurde aber sofort von den anderen zur Ruhe gemahnt.
„Frau Sutter, Sie haben sich mit uns in Verbindung gesetzt. Bitte, berichten Sie uns über ihr Erlebnis.“
Frau Sutter war geradezu gierig auf ihren Auftritt. Und sie machte das gut. Atemlos und voller Sorge um ihren Sohn erzählte sie, was sich auf dem Südfriedhof abgespielt hatte, wobei sie immer wieder betonte, wie unhöflich der Mann mit dem Hund gewesen sei und wie lieblos er mit dem Kind umgegangen sei.
„Er hat sich nicht einmal bei ihm bedankt.“
„Und Sie haben die Sache auch an die Presse gegeben, Frau Sutter?“
„Natürlich! Wir haben ein Recht auf Information. Wenn die Polizei dem nicht nachkommt, müssen es die Bürger machen.“
Der Sender schaltete auf Werbung um und ein Sprecher versprach, die mit den Passanten geführten Interviews in wenigen Minuten zu bringen.
Im Fernsehraum des Polizeipräsidiums ging es zu wie in einer Schulklasse ohne Lehrer. Alle redeten und schrien durcheinander.
„Ein Glück, dass die nicht weiß, dass es eine zweite Hand gibt!“
„Es scheint sich tatsächlich um eine Mordserie zu handeln!“
„Mensch Elsterhorst, nun tun Sie doch was!“
„Wir müssen sofort den Polizeipräsidenten verständigen!“
„Wer übernimmt die Presse?“
Da sich Elsterhorst als Zielscheibe der ganzen Aktion sah, nahm er Rinaldo an die Leine und wandte sich zur Tür.
„Ich werde mich um alles kümmern“, sagte er und verließ den Raum.
Für 1000 Silberlinge
Es war ein hübsches kleines Haus, in dem die Sutter mit ihrem Sprössling wohnte. Elsterhorst öffnete das unverschlossene Gartentürchen und hielt Rinaldo kurz an der Leine. Neben der Haustür stand ein nacktes Holzmännchen mit allem Zubehör und zeigte mit dem dünnen Ärmchen auf ein wie ein Pfeil geformtes Schild.
Zum Atelier >>>>
An der Haustür selbst waren zwei Klingelknöpfe mit kunstvollen Namensschildern:
< Daniela / Künstlerin >
< Benjamin / digital native >
Elsterhorst drückte den ersten. Aber wie selbstverständlich öffnete Benjamin.
„Ist deine Mutter da?“
„Warum?“
„Ich muss mit ihr reden!“
„Warum?“
Daniela rief aus dem Hintergrund:
„Wer ist denn da?“
„Der Polizist mit dem Hund.“
„Ach du liebe Zeit! Kannst du ihn nicht loswerden?“