Vom Kap zum Kilimandscharo. Ludwig Witzani

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Vom Kap zum Kilimandscharo - Ludwig Witzani

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erschlossen worden.

      Eine der Hauptattraktionen des Parks war der sogenannte „Big Tree“, dem mit einer Höhe von 37 Metern und einem Umfang von neun Metern größten Yellowood Baum an der Tsitsikamma-Küste. Er konnte zwar weder mit dem Tane Mahua, dem „Herrn des Waldes“ in Neuseeland mithalten und schon gar nicht mit den riesigen Sequoia Tannen und Redwoodbäumen Nordamerikas, aber sympathisch an ihm war, dass als riesige Steineibe der größte Bruder all der kleinen Topfpflanzen war, die unsere Wohnzimmer schmücken. Ich umschritt ihn dreimal, legte meine Hand an seine Rinde und spürte, wie feucht sie war. Für ein Alter von 800 Jahren stand der Big Tree noch ganz schön im Saft.

      Das Zentrum des Tsitsikammaparks befand sich an der Mündung des Storms Rivers. Mit ungeheurer Kraft krachten hier die mächtigen Brecher des Indischen Ozeans auf die Klippen. Feuchte Nebelgischt stieg vom Meer auf und umwaberte die dichten Wälder der aufsteigenden Berge. Ich ging so nahe wie möglich an den Rand des Ozeans heran und versuchte, die Elemente der Imposanz zu verstehen: Es war eine Felsenküste, die der Kraft des Ozeans widerstand, und deren Unverrückbarkeit das Meer zu erzürnen schien. Welle auf Welle brach sich am Stein, fraß sich ins Land und würde am Ende obsiegen. Denn die Zeit war immer auf Seiten des Ozeans, wenngleich in unvorstellbaren Intervallen, in denen er das Land hob und senkte, formte und verschlang. In dem Wimpernschlag der Erdgeschichte, in dem ich mich gerade an dieser Küste aufhielt, hatte die Küste die Gestalt eines Dschungels angenommen, durch die sich die Besucher bewegten, als seien sie nur Gäste in einem Park aus vormenschlichen Zeiten. Tatsächlich existierte am Ufer des Storms-River eine sogenannte Strandloiper Grotte in denen Überreste der Khoisan gefunden worden waren, die die Küste lange vor der Ankunft der Weißen und der Bantus besucht hatten.

      Je tiefer ich in den Wald eindrang, desto bemooster wurden die Baumrinden. Bartflechten hingen von den Zweigen herab, rund um die Stämme vermoderten Gräser und Blätter. Die Kronen der Yellowwood Bäume mit ihren meterdicken Stämmen verloren sich im Dunkel des Waldes. Mitunter schlossen sich die Baumkronen wie Dächer über den Wegen, dann wurde es dunkel, und nur das Glucksen des allgegenwärtigen Wassers war zu hören.

      Eine beachtlich schwankende Hängebrücke führte über den Storms River auf die andere Seite des Flusses zu einem Aussichtspunkt. Im Angesicht der stürmischen Küste, so nahe am Tosen des Ozeans, benetzt von der salzigen Gischt, die als Nebel die Küste emporstieg und bedrängt vom überbordenden Wald in meinem Rücken empfand ich die Unmittelbarkeit der Elemente wie einen Schock. Es kam mir so vor, als würde ich über einen Abgrund gehalten, als erlebe ich in der engen Verklammerung von Ozean, Dschungel und Berg eine Art Urszene mit all ihren archetypischen Ängsten vor einer übermächtigen Natur.

      ***

      Langsam näherte sich meine Reise über die Gartenroute ihrem Ende. Mein letzter Stopp vor Port Elisabeth war Jeffreys Bay, ein Ort an einer flachen Dünenküste, die unter Surfern für ihre Wellen berühmt war. Ich notierte: die höchste Brücke, der dickste Baum, die längste Welle, die Gartenroute ist eine Region der Superlative.

      Meine Unterkunft in Strandnähe war einfach und überteuert, denn es war Surferzeit, und die ganze Stadt war voller junger Leute, die nichts anderes im Sinn hatten, als den lieben langen Tag auf möglichst hohen Wellen zu reiten. Beim Frühstück in einem schmucklosen Kantinenraum mit Fensterblick zum Strand lauschte ich den Fachgesprächen an den Nebentischen, locker dahingeworfenen Bemerkungen über Sweel, Bottom Turn, Line in und Interlupe und bewunderte die heldische Aura von Kraft und Gesundheit, die von den jungen Männern und Frauen ausging. Viele „ Locals“ (so nennt man die Surfer, die an ihrem Heimatstrand surfen) waren anwesend, aber auch viele Surfer aus den USA und Europa, unter ihnen einige Farbige und Ostasiaten.

      Jack, ein junger Südafrikaner aus Durban setzte sich an meinen Tisch und erzählte dass ihm sein Surfbrett gestohlen worden sei. Das sei ein Jammer, weil gerade jetzt die Wellen besonders gut seien. Dem stimmten zwei Kalifornier zu, die sich zu uns an den Tisch gesellten. Sie stammten aus Huntington Beach zwischen Los Angeles und San Diego, einem Ort, der für jeden Surfer offenbar als allererste Adresse galt.

      „Was hast du denn für ein Surfbrett?“ fragte mich einer der Kalifornier.

      „Ich besitze kein Surfbrett. Ich surfe nicht.“

      „Ja, was machst du denn in Südafrika?“ fragte Jack

      „Reisen“

      „Reisen, wohin?“

      „Einfach weiter“, gab ich zurück

      „Einfach weiter“, lachte einer der beiden Kalifornier, „bis die Welle bricht.“

      Gutmütiges Schmunzeln allenthalben. Ein nichtsurfendes Unikum hatte es nach Jeffreys Bay verschlagen wie einen Hasen in einen Fuchsbau. Ein solcher Mensch war zwar zu bedauern, verdiente aber Nachsicht. Und vielleicht die eine oder andere Erklärung, was das Surfen betraf.

      Als ich am Nachmittag mit Jack am Strand saß, fragte ich: „Warum sind denn die Wellen von Jeffreys Bay so berühmt? So windig ist es hier doch gar nicht.“

      Jack lag auf seine Ellbogen gestützt im Sand, beobachtete die Wellenreiter und kniff die Augen zusammen. Ob ihn meine Frage ob ihrer Naivität quälte, erkannte ich nicht, denn er antwortete sofort: „Die Höhe und die Form der Wellen haben weniger mit dem Wind als mit der Dünung (Swells) zu tun.“ Es sei die Bodengestalt des Strandes, die die Höhe und die Länge der Wellen in der auslaufenden Brandung beeinflusse. An manchen Strandabschnitten von Jeffreys Bay gäbe es drei bis vier Meter hohe Wellen, an denen nicht nur ihre Höhe sondern auch ihre Länge bemerkenswert sei, ebenso wie die Art ihrer Links- und Rechtsbrechung, die dem erfahrenen Surfer die gewagtesten Manöver erlaubten. Wenn ich ehrlich bin, dann erzählte er noch viel mehr über das Surfen, über Weltmeister und ihre Tricks, von guten und schlechten Brettern und von der Traumwelle, dem Interlupe, der man hier in Jeffreys Bay begegnen könne. Ich hörte zu so gut ich konnte, verstand aber nicht alles und versuchte, das, was ich von Jack hörte mit dem, was ich am Strand sah, in Einklang zu bringen. Das wollte mir aber nicht recht gelingen, denn praktisch sah ich immer nur das gleiche: stattliche Wellen, die von morgens bis abends herangebrandet kamen und Surfer aus aller Herren Länder, die sich bemühten, auf den Wellen zu reiten. Wenn ihnen das gelang, ließen sie sich von der Welle tragen, erhoben sich, als sei es die einfachste Sache der Welt, um ihren möglichst spektakulären Wellentanz auf dem Wasser zu beginnen. Immerhin erkannte ich, dass die langen Wellen einen Brechungspunkt besaßen, der sich entweder links oder rechts befand und dass die Surfer optimalerweise immer haarscharf vor diesem Brechungspunkt auf der noch intakten Welle surften. Die Körperbeherrschung, die dabei zu beobachten war, grenzte ans Wunderbare, manchmal, wenn ein Surfer mit seinem Brett einen Loop schlug, kam es mir vor, als sei die Schwerkraft aufgehoben, ganz zu schweigen von der beachtlichen Ästhetik, die ein minutenlanger Ride auf einem Wellenkamm selbst für einen Ahnungslosen wie mich beinhaltete.

      Am nächsten Morgen traf Jacks neues Surfbrett ein. Er war ganz aus dem Häuschen vor Freude und konnte es kaum erwarten, ans Meer zu kommen.

      „Gibt es irgendeinen Rat, den du mir für Durban mitgeben kannst?“, fragte ich zum Abschied.

      „Ja, schnell weiterreisen.“

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