Der Jüngling. Fjodor Dostojewski

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Der Jüngling - Fjodor Dostojewski

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      »Von Moskau und den Freunden scheiden

      Für längre Zeit ist freilich schlimm.

      Doch kann ich's leider nicht vermeiden;

      Lebt wohl! Ich reise nach der Krim.«

      (Es ist wirklich in meinem Gedächtnis haftengeblieben!) Ich kam zu der Überzeugung, daß ich »hereingefallen« war; wenn etwas für jemand unbrauchbar war, dann war es dieses Stück für mich.

      ›Nun, das schadet nichts‹, sagte ich mir. ›Auf die erste Karte verliert man immer; das ist sogar ein gutes Vorzeichen.‹

      Meine Stimmung war entschieden vergnügt.

      »Ach, da bin ich zu spät gekommen; Sie haben es? Haben Sie es ersteigert?« hörte ich plötzlich neben mir einen Herrn sagen, der einen blauen Paletot trug, stattlich aussah und gut gekleidet war. Er war zu spät gekommen.

      »Ich bin zu spät gekommen. Ach, wie schade! Wieviel haben Sie dafür gegeben?«

      »Zwei Rubel und fünf Kopeken.«

      »Ach, wie schade! Möchten Sie es mir nicht überlassen?«

      »Kommen Sie mit hinaus!« flüsterte ich ihm mit stockendem Herzschlag zu.

      Wir gingen hinaus auf die Treppe.

      »Ich überlasse es Ihnen für zehn Rubel«, sagte ich und fühlte dabei, wie es mir kalt über den Rücken lief.

      »Zehn Rubel! Aber ich bitte Sie, wie können Sie so etwas – sagen!«

      »Ganz wie Sie wollen.«

      Er sah mich mit weit aufgerissenen Augen an; ich war gut gekleidet und sah gar nicht einem Juden oder einem Trödler ähnlich.

      »Erbarmen Sie sich, das ist doch ein elendes, altes Album; wer kann denn das brauchen? Auch das Futteral hat, genaugenommen, gar keinen Wert. Wer wird Ihnen denn das Ding abkaufen?«

      »Sie wollen es ja doch kaufen.«

      »Aber nur aus einem besonderen Grunde ich habe erst gestern davon erfahren; ich bin der einzige Interessent. Ich bitte Sie, was reden Sie!«

      »Ich hätte fünfundzwanzig Rubel fordern sollen; aber da ich dann riskiert haben würde, daß Sie davon Abstand genommen hätten, habe ich sicherheitshalber nur zehn verlangt. Davon lasse ich nicht eine Kopeke ab.«

      Ich drehte mich um und ging weg.

      »Na, nehmen Sie vier Rubel!« sagte er, als er mich eingeholt hatte; ich war schon auf dem Hof. »Meinetwegen auch fünf.«

      Ich schwieg und ging weiter.

      »Hier! Nehmen Sie!« Er zog zehn Rubel heraus, und ich gab ihm das Album.

      »Aber Sie müssen doch selbst sagen, daß das nicht ehrenhaft ist, wie?«

      »Wieso soll das nicht ehrenhaft sein? So geht's eben auf dem Markt zu.«

      »Wo ist hier ein Markt?« (Er wurde ärgerlich.)

      »Wo Nachfrage ist, da ist auch ein Markt; hätten Sie es nicht kaufen wollen, so hätte ich keine vierzig Kopeken dafür bekommen.«

      Ich brach zwar nicht in ein Gelächter aus und war äußerlich ernst, aber ich lachte innerlich. Ich lachte nicht eigentlich vor Entzücken; ich weiß selbst nicht weshalb. Ich kam dabei ordentlich ein bißchen außer Atem.

      »Hören Sie mal«, murmelte ich ganz unbeherrscht, aber freundschaftlich und furchtbar liebenswürdig, »hören Sie mal: als der verstorbene James Rothschild, der Pariser, der, der siebzehnhundert Millionen Francs hinterlassen hat« (er nickte mit dem Kopf), »als der noch jung war und zufällig ein paar Stunden früher als alle andern von der Ermordung des Herzogs von Berry erfuhr, da gab er diese Nachricht sofort mit größter Schnelligkeit an die richtige Stelle weiter und verdiente durch diese eine Handlung in einem einzigen Augenblick mehrere Millionen – so machen das die Leute!«

      »Sind Sie denn etwa ein Rothschild, wie?« schrie er mich empört an, als wenn ich ein Dummkopf wäre.

      Ich ging schnell aus dem Hause hinaus. Auf einen Schlag hatte ich sieben Rubel und fünfundneunzig Kopeken verdient! Mein Verfahren war sinnlos gewesen, ein kindisches Spiel, das mußte ich zugeben, aber meine Idee war doch dadurch bestätigt worden, und die Sache regte mich mit Notwendigkeit sehr auf ... Übrigens hat es keinen Zweck, Gefühle zu schildern. Der Zehnrubelschein steckte in meiner Westentasche; ich schob zwei Finger hinein, um ihn zu befühlen, und ging so weiter, ohne die Hand wieder herauszuziehen. Als ich etwa hundert Schritt auf der Straße gegangen war, nahm ich ihn heraus, um ihn zu besehen, und wollte ihn küssen. Vor dem Portal eines Hauses fuhr auf einmal eine Kutsche vor; der Portier öffnete die Haustür, und heraus trat, um in die Kutsche zu steigen, eine junge, hübsche, üppige, reich in Samt und Seide gekleidete Dame mit einer zwei Arschin langen Schleppe. Plötzlich entglitt ihrer Hand eine allerliebste kleine Brieftasche und fiel auf die Erde; sie stieg ein; der Diener bückte sich, um das hübsche Ding aufzuheben, aber ich sprang schnell hinzu, hob es auf und händigte es der Dame ein, wobei ich den Hut lüftete. (Ich trug einen Zylinder und war überhaupt wie ein anständiger junger Mann gekleidet.) Die Dame sagte in gemessenem Ton, aber mit sehr freundlichem Lächeln zu mir: »Merci, m'sieur.« Der Wagen rasselte davon. Ich küßte meinen Zehnrubelschein.

      Ich mußte noch am gleichen Tage Jefim Swerjew aufsuchen, der früher auf dem Gymnasium mein Schulkamerad gewesen war, aber das Gymnasium verlassen hatte, um in Petersburg in eine höhere Fachschule einzutreten. Er selbst verdient keine nähere Beschreibung, und in eigentlich freundschaftlichen Beziehungen hatte ich mit ihm nicht gestanden; aber in Petersburg hatte ich ihn aufgesucht, weil er (infolge verschiedener Umstände, die auseinanderzusetzen sich ebenfalls nicht lohnt) imstande war, mir sogleich die Adresse eines für mich außerordentlich wichtigen Herrn Krafft mitzuteilen, sobald dieser aus Wilna zurückgekehrt sein würde. Swerjew erwartete ihn gerade an jenem oder am folgenden Tag, was er mich vor zwei Tagen hatte wissen lassen. Ich mußte nach der Petersburger Seite gehen, verspürte aber keine Müdigkeit.

      Swerjew (er war ebenfalls neunzehn Jahre alt) traf ich auf dem Hof des Hauses seiner Tante, bei der er zur Zeit wohnte. Er hatte soeben zu Mittag gegessen und ging im Hof auf Stelzen; er teilte mir sofort mit, daß Krafft schon gestern angekommen und in seiner früheren Wohnung, eben dort auf der Petersburger Seite abgestiegen sei und selbst lebhaft wünsche, so bald wie möglich mit mir zusammenzukommen, um mir eine wichtige Mitteilung zu machen.

      »Er muß wieder anderswohin reisen«, fügte Jefim hinzu.

      Da eine Zusammenkunft mit Krafft unter den vorliegenden Umständen für mich von allergrößter Wichtigkeit war, bat ich Jefim, mich sogleich nach dessen Wohnung zu führen, die seiner Angabe nach nur ein paar Schritte entfernt in einer Seitengasse lag. Aber Swerjew erklärte, er habe Krafft schon vor einer Stunde gesprochen und dieser sei zu Dergatschew gegangen.

      »Gehen wir also zu Dergatschew; warum sträubst du dich immer dagegen; hast du Angst?«

      In der Tat, es war möglich, daß Krafft sich bei Dergatschew sehr lange aufhielt, und wo sollte ich dann auf ihn warten? Vor einem Besuch bei Dergatschew hatte ich keine Angst, aber ich mochte nicht hingehen, obgleich dies schon das dritte Mal war, daß Jefim mich hinschleppen wollte. Und dabei begleitete er seine Frage: »Hast du Angst?« immer mit einem unangenehmen

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