Doppel-Infarkt. Arnulf Meyer-Piening

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dachte gerade über mein bisheriges Leben nach, und dass ich es in der Zukunft etwas anders gestalten möchte. Aber ich weiß noch nicht wie.“

       Es entstand eine lange Pause, keiner wusste, was er sagen sollte. Sie fasste vorsichtig seine Hand und nun standen sie Hand in Hand an der Reling uns schauten auf das Wasser und die vorüberfliegenden Möwen.

       „Ich würde gerne einmal um die Welt segeln“, sagte er unvermittelt, „dann könnte ich einen Abstecher nach Japan machen.“

       „Eine gute Idee, dann komme ich Sie auf Ihrem Schiff besuchen.

       „Vielleicht fahren wir dann gemeinsam weiter.“

       „Ich denke, wir sollten so langsam wieder nach Hause fahren“, lenkte sie ab, „ich muss zu meiner Familie zurück.

       In Kanders Büro traf Beyer am nächsten Morgen seinen Kollegen Fukuzawa und Herrn Haziki. Jeder hatte seine Interviews gehabt, und sie waren zufrieden. Es war noch zu früh, ein erstes Fazit zu ziehen, aber der Gesprächsverlauf war positiv gewesen. Die Fragen über die strategische Bedeutung der Informationstechnologien stießen auf großes Interesse. Einige Gesprächspartner der zweiten und dritten Führungsebene wollten sich vor einer endgültigen Antwort noch mit ihren Vorgesetzten abstimmen, andere waren zu einer spontanen Antwort bereit. Zwischenzeitlich war auch die Mailing-Aktion angelaufen. Der Fragebogen war mit dem Computer erstellt und an die ausgewählten Firmen versendet worden. Man hoffte, in etwa einer Woche die ersten Antworten zu erhalten. Auch das DV-Auswerteprogramm war auf die für Japan veränderten Fragebogen angepasst worden.

       „Wie war Ihr erster freier Tag in Tokio?“ fragte Fukuzawa.

       „Danke, es war sehr schön, wir waren erst auf der Ginza, dann sind wir nach Yokohama gefahren und haben etwas Seeluft geschnuppert.“

       „Oh, das ist ungewöhnlich“, war seine spontane Reaktion, „ich dachte, Sie würden vor allem die Tempel besichtigen. Sie sollten aber insbesondere Nikko nicht versäumen, da müssen Sie unbedingt hinfahren.“

       „Die Tempelanlagen möchte ich wirklich gerne sehen, ich habe so viel darüber gelesen.“

       „Wenn Sie außerdem die Natur genießen wollen, dann empfehle ich ihnen Hakone, den Ashinoko See oder den Kamakura-Tempelbezirk. Werden Sie Frau Tanabe wiedersehen?“ fragte er unvermittelt.

       „Ja, heute Nachmittag.“

       „Es freut mich, dass sie Ihnen unsere Stadt zeigt, sie hat große Kenntnisse, weil sie Kunstgeschichte studiert hat.“

       „Ich unterhalte mich gerne mit ihr, sie ist eine interessante Frau, im Übrigen anders, als ich mir japanische Frauen vorgestellt habe, sie äußert ganz frei ihre Meinung.“

       „Ihr Europäer habt eine falsche Vorstellung von japanischen Frauen, die sind keineswegs die Unterdrückten dieser Nation. Das sieht nur von außen so aus, tatsächlich haben sie bei uns eine ziemlich starke Stellung, jedenfalls in der Familie, aber auch im öffentlichen Leben ändert sich das traditionelle Rollenverständnis zwischen Mann und Frau.“

       Am Nachmittag trafen sich Beyer und Frau Tanabe pünktlich vor dem Büro.

       „Wohin wollen Sie heute gehen?“ fragte sie ihn mit freundlicher Stimme.

       „Wohin wollen Sie mich heute führen?“

       „Ich würde Ihnen gerne den Meiji Jingu Shrine im Zentrum von Tokio zeigen.“

       „Dann sollten wir dorthin fahren.“

       Frau Tanabe war ganz in die Rolle der Fremdenführerin geschlüpft: „Während der Meiji-Periode von 1868 bis 1912 öffnete sich Japan schrittweise fremden Einflüssen, nachdem es sich viele Jahrhunderte lang gegen alles Fremde abgeschlossen hatte. Die Verfassung wurde geändert und die Kultur blühte auf. Es wurde damals die Grundlage für das moderne Japan gelegt. Der Kaiser wurde sowohl von den Japanern als auch von den fremden Mächten als ein großer Herrscher angesehen. Seine Frau, die Kaiserin Shôken, war das Vorbild für die moderne Japanerin, selbstbewusst und attraktiv.“

       „So wie Sie?“

       „Glauben Sie, dass ich eine moderne Frau bin?“

       „Ich glaube schon, Sie wirken so auf mich.“

       „Wie wirke ich auf Sie?“

       „Ich kann das nicht beschreiben, aber Sie berühren mich auf ganz besondere Weise.“

       „Ich berühre Sie doch gar nicht.“

       „Ich meine das im übertragenen Sinn, nicht körperlich.“

       „Ach so …“

       Irgendwie schien sie plötzlich traurig zu sein und wechselte rasch wieder in die unverfängliche Rolle der Fremdenführerin. „Und dieser Tempel wurde nach dem Tod des Kaisers zu seinen Ehren und zur Erinnerung an ihn und die Kaiserin im Jahre 1920 erbaut. Diesen Spruch der Kaiserin sollten Sie gut in Erinnerung behalten: ‚Es ist leicht, Fehler auf allen Gebieten des täglichen Lebens zu machen, sorgen Sie also dafür, dass Sie nie hastig oder nachlässig sind, sondern wägen Sie sorgfältig ihre kleinsten Handlungen und Worte‘“

       Beyer fühlte sich betroffen: „War ich nachlässig oder habe ich etwas Falsches gesagt?“

       „Nein, das haben Sie nicht, aber Sie sollten es auch nicht tun. – Hier ein anderes Wort: ‚Weiche niemals von dem Weg ab, den dir deine Überzeugung vorgibt, wie groß auch immer die Hindernisse sind, die du überwinden musst: Bleibe dir selbst treu‘.“

       „Ich will es versuchen“, sagte er, „aber wie ist es mit Ihnen?“

       „Auch ich will es versuchen, das heißt, ich versuche es schon lange, aber es ist nicht immer einfach.“

       „Ist es nicht! Manchmal ist es viel einfacher, von dem richtigen Weg abzuweichen, weil ein Hindernis unüberwindlich scheint. Und außerdem, ist man sich auch nicht immer sicher, welches die richtige Straße ist. Es stehen keine Wegweiser an Gabelungen und Kreuzungen.“

       „Ja, leider, ich kenne auch nicht immer die richtigen Zeichen. Ich glaube sogar, dass ich in der Vergangenheit den falschen Weg gegangen bin.“

       „Wieso?“

       „Ich werde es Ihnen vielleicht einmal sagen, vielleicht später.“

       Beide waren plötzlich sehr ernst geworden, so als bedrücke sie etwas, was sie nur indirekt andeuten, aber niemals aussprechen wollten. Schweigend und in Gedanken versunken verfolgten

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