Doppel-Infarkt. Arnulf Meyer-Piening

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Doppel-Infarkt - Arnulf Meyer-Piening

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so sind wir Japaner nun mal.“

       Wenn sie ihn so schelmisch aus den Augenwinkeln ansah, dann hätte er sie am liebsten vor allen Menschen umarmt und geküsst, aber das tat man in Japan nicht in der Öffentlichkeit. Ohnedies wurden sie unverhohlen von anderen Passagieren angestarrt.

       „Haben die noch nie einen Europäer gesehen oder warum starren sie uns immer so an?“

       „Viele wohl nicht, aber du gefällst ihnen, insbesondere den kleinen Mädchen, ich bin schon ganz eifersüchtig. Außerdem tragen Japaner keinen Bart, vor allem keinen blonden.“

       Der Zug hielt in dem kleinen Bahnhof, sie bummelten durch die Straßen des Städtchens, folgen dem Strom der Menschen über die rote Brücke und erreichten den heiligen Bezirk. Der Gang durch die Tempelanlagen war wie ein Traum. Die Pracht der Farben war einfach unbeschreiblich. Die niedrigen Gebäude mit den geschwungenen Dächern glänzten weiß, blau und rot mit viel Gold, andere waren überwiegend in schwarz und Gold gehalten, auch grün fehlte nicht. Mauern umgaben den inneren Tempelbezirk, Tore gaben den Durchgang frei oder versperrten ihn. Auch sie waren überreich verziert mit geschnitzten Tieren und Fabelwesen oder kunstvollen Ornamenten. Dazwischen standen Pagoden und Laternen. Im Inneren waren die Tempel mit Gold und farbigen Lacken gestaltet, nirgends haftete der Blick, er glitt nur über die Fülle der Details, die es wert gewesen wären, lange betrachtet zu werden.

       „Das ist alles ganz wundervoll“, sagte er staunend. „Es sind so viele neue Eindrücke. Ich wollte, ich könnte alles in meinem Gedächtnis speichern.“

       „Ich könnte für Sie Aufnahmen machen, die ich Ihnen später schicke.“

       „Darüber würde ich mich sehr freuen.“

       Sie holte ihre kleine Canon-Kamera aus ihrer Tasche und begann von ihm Aufnahmen zu machen.

       „Es wäre mir recht, wenn Sie sich mehr auf die Kunstwerke fokussieren würden, denn ich kenne mich zur Genüge.“

       „Mag sein, aber ich nicht. Ich will ja auch ein Andenken an Sie behalten.“

       „Na dann, wenn es denn sein muss.“

       Arnim nahm es hin und fühlte sich wie in einer anderen Welt. Unwirkliches verband sich mit der Wirklichkeit zu einem flüchtigen Bild. Träumte er?

       Mikiko zündete ein Räucherstäbchen vor einem der Tempel an: „Es wird uns Glück bringen!“ sagte sie etwas verlegen.

       „Wir können es gebrauchen. Du hast mir bisher noch nicht erzählt, welcher Religionsgemeinschaft du angehörst.“

       „Ich gehöre einer buddhistischen Sekte an, aber ich bete auch in einem Shinto-Schrein. Wir Japaner nehmen das nicht so ernst wie ihr Christen, 95% der Japaner besuchen am Neujahrsabend den nächstgelegenen Shinto-Schrein, um die „Erste Wallfahrt“ mitzumachen, aber gleichzeitig feiern 90% der Japaner das buddhistische ‘Urabon-Fest‘, wenn die Geister der Verstorbenen den Häusern der Lebenden ihren jährlichen Besuch abstatten. Aber so richtig glauben nur wenige Menschen wirklich daran, für die meisten von uns sind die Zeremonien zu bloßen Ritualen verkommen.“

       „Ich fürchte, dass ist bei uns ziemlich ähnlich, auch im Christentum sind die großen religiösen Feste zu beziehungslosen gesellschaftlichen Ereignissen geworden, Anlass zum Schenken und Beschenkt werden, von kommerziellen Interessen beherrscht.“

       „Auch hier im Lande spielt die finanzielle Seite des religiösen Lebens eine große Rolle: Shinto-Priester weihen in bestimmten Schreinen die neuen Autos für Geld. Bei uns mischen sich oft Naturglaube mit Aberglaube, auch ich kann das nicht so genau unterscheiden, jedenfalls haben für mich symbolische Handlungen eine große Bedeutung: Wenn ich ins Ausland verreise, dann melde ich mich mit einer Schale ‘Opfer-Reis‘ im Shinto-Schrein meiner Heimatstadt ab.“

       „Das empfinde ich als eine schöne Geste, aber vor unserer Reise hast du es nicht getan?“

       „Nein, aber ich habe einen Stein von einer heiligen Stätte mitgenommen, den ich nach der Reise wieder zurückbringen werde.“

       Mikiko zeigte ihm den glatt polierten Stein, den sie in ihrer Handtasche trug. Er sah ihre zarte Hand, in der der dunkle Stein ruhte, nahm sie und schloss ihre Finger um den Stein: „Möge der Stein dir Glück bringen.“

       „Danke!“ sagte sie ganz leise und holte tief Luft.

       „Du solltest auch so einen Stein mitnehmen, der bringt auch dir Glück.“

       Arnim ging hinein, Mikiko folgte ihm.

       „Dort in der Ecke sitzt ein Priester, der hat mir mal mein Schicksal vorausgesagt.“

       „Und, was hat er gesagt“, wollte Arnim wissen.

       „Das darf ich dir nicht sagen, dann geht es nicht in Erfüllung Aber du kannst ihn nach deinem Schicksal fragen.“

       Arnim zögerte, weil er Bedenken hatte, und seine Zukunft nicht wirklich wissen wollte. Aber offenbar war es eine gute Weissagung gewesen, und er nahm das Risiko auf sich. Schließlich überwand er seine Scheu und ging zu ihm. Der Priester blickte ihm in die fest in die Augen, bewegte langsam seinen Kopf hin und her. Dann malte er ein paar Zeichen auf einen Papyrus und gab sie ihm. Arnim dankte und ging hinaus.

       „Und, was hat er gesagt?“ fragte sie ihn.

       „Das darf ich dir nicht sagen, hast du doch zu mir gesagt.“

       „Stimmt, aber er hat ja nichts zu dir gesagt, er hat dir einen Zettel gegeben.“

       „Ja, aber ich verstehe die Schriftzeichen nicht.“

       Verunsichert gab er ihr den Zettel zu lesen, weil er auf ihre Antwort neugierig war. „Und?“ fragte er.

       „Die Zeichen sagen: ‚Du gehst einen beschwerlichen Weg‘.“

       Zu gerne hätte er gewusst, was damit gemeint war, aber es blieb im Verborgenen.

       Sie schritten langsam und mit Andacht durch die weitläufigen Tempelanlagen und konnten sich an den bunten Tempeln nicht satt sehen. Die Farbenpracht war überwältigend, sie verzauberte die beiden und versetzte sie in eine Welt von Träumen und Geschichten.

       „Wir müssen zurück, es wird langsam spät und wir dürfen den letzten Zug nicht versäumen“, holte sie ihn in die Realität zurück.

       „Ich würde gern mal für eine gewisse Zeit zur Meditation in ein Kloster gehen, um innere Ruhe zu finden und meine eigenen Grenzen auszuloten. Ich glaube auch, dass ich meine Lebensweise ändern sollte, aber ich bin noch nicht so weit“, sagte Arnim nachdenklich. „Es wird

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