Genesis IV. Alfred Broi

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Genesis IV - Alfred Broi Genesis

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einer von uns!“ Dann aber wurde sie ernst. „Wo zum Teufel warst du schon wieder? Ich habe mir Sorgen um dich gemacht! Du sollst dich nachts nicht herumtreiben!“ schalt sie, ohne eine veränderte Reaktion bei dem Jungen zu erzeugen. „Du sollst dich überhaupt nicht herumtreiben!“

      Jetzt nahm Chalek seine Hände in die Höhe und antwortete ihr in Zeichensprache. „Ach Barie! Du kennst mich doch! Ich kann nicht anders! Aber ich passe doch auch immer auf mich auf! Das weißt du!“

      Melia schaute den Jungen einen Moment in seine großen, braunen Augen, dann weichte ihr Blick auf. „Ja, ich weiß, dass du auf dich aufpasst! Ich bin sogar sicher, dass niemand sich besser hier auskennt, als du! Aber trotzdem. Es ist nicht okay, dass du deinen offensichtlichen Spaß hier hast und ich mir große Sorgen machen muss!“

      „Ich verspreche, mich zu bessern!“ erwiderte der Junge mit einem breiten Grinsen.

      Jetzt musste auch Melia lächeln. „Hör auf, Chalek! Wir beide wissen, dass du deine Extratouren nicht lassen kannst! Es liegt dir einfach...im Blut!“ Sie streichelte ihm sanft über seine Wange, dann wartete sie, bis er sie ansah. Schließlich wurde sie wieder ernst. „Du bist alles, was mir noch geblieben ist. Riskiere nicht zu viel!“ Sie lächelte und streichelte ihn erneut. „Bitte!“

      Chalek, der sein Lächeln ebenfalls für einen Moment verloren hatte, grinste wieder breit und schlang seine Arme um sie. Für einige Sekunden drückte er Melia fest, die diese Geste mit geschlossenen Augen in vollen Zügen genoss. Als sie sich wieder trennten, gab er ihr zu verstehen. „Ich liebe dich!“

      Sofort strahlte Melia über beide Ohren. „Ja, ich liebe dich auch!“ Sie atmete einmal tief durch. „So, und jetzt schnell zurück zu Kalipos!“

      Chalek nickte ihr zu und gemeinsam machten sie sich auf den Rückweg.

      Sie waren jedoch kaum ein paar Meter weit gekommen, als der Himmel über ihnen plötzlich explodieren zu wollen schien. Ein gleißend heller Blitz schoss quer über das Plateau und alles um sie herum war für einen Wimpernschlag taghell erleuchtet. Melia erschrak fürchterlich, obwohl dies keine Seltenheit mehr war. Gewitter waren an der Tagesordnung und rauschten oft ohne Vorwarnung heran. Die Veränderungen in der Atmosphäre hatten jedoch dafür gesorgt, dass alles deutlich heftiger und wuchtiger ablief, als dies üblich war. Deshalb war der Blitz sehr viel größer und greller und auch der Donner, der nur wenige Augenblicke später heranrollte, brüllte geradezu in ihren Ohren und schmerzte in den Trommelfellen, schien sie dabei vollkommen einnehmen zu wollen und brachte die Luft zum Vibrieren. Doch nicht nur das. Deutlich konnte Melia eine Erschütterung im Boden wahrnehmen, doch schon im nächsten Moment wusste sie, dass dies keine Auswirkung des Donners war, sondern eine der vielzähligen Eruptionen des Bodens, die seit einiger Zeit immer häufiger und heftiger auftraten.

      Schon drohte sie ihr Gleichgewicht zu verlieren. Chalek versuchte sie zu stützen und zog sie einen Schritt nach hinten, wo sie Halt an der Felswand fanden. Im nächsten Moment aber konnten sie hören, dass von irgendwo über ihnen Gesteinsbrocken heranrauschten. Mit einer weiteren, schnellen Bewegung gelang es Chalek, sie in eine der hier vielfältig zu findenden, kleinen Höhlen zu ziehen. Doch kaum hatten sie einen Fuß dort hineingetan, schwankte der Boden urplötzlich und für einen kurzen Moment noch mehr, sodass sie beide doch den Halt verloren und mit den Knien voran hart auf den Felsboden schlugen. Der Schmerz ließ sie kurz aufschreien.

      Um sie herum schien alles zerspringen und zerbrechen zu wollen. Der Fels stöhnte erbärmlich auf, als plötzlich ein lauter Knall ertönte, als wäre etwas Schweres in zwei Teile zersprungen. Melia rechnete schon damit, dass die Höhlendecke zerfetzt worden war und sie gleich unter tödlichen Trümmern zerquetscht werden würden.

      Doch anstatt erschlagen zu werden, sackte plötzlich der Boden der Höhle unter ihnen ab. Aber es brach nicht ein Stück heraus und fiel herab, sondern es entstand eine Art steinerne Rutsche, auf der sie erneut den Halt verloren und gut vier Meter in die Tiefe purzelten. Dabei überschlugen sie sich mehrfach und mussten einige Male aufschreien, bevor sie schließlich von der Rutsche polterten und auf einem harten Steinboden zum Erliegen kamen, wo sie von einer Staubwolke eingehüllt, reglos liegen blieben, während die Erschütterung des Bodens allmählich endete und der Donner in der Unendlichkeit dumpf nachhallte.

      Es war jetzt knappe zwei Stunden her, dass sie Kimuri verlassen hatten.

      Rimbo am Steuer der Amarula hatte das Schiff zunächst sanft und ruhig aus der unterirdischen Grotte gelenkt und dann mit halber Kraft ins offene Meer gesteuert.

      Schließlich legte er in Absprache mit Kendig Nordkurs an und beschleunigte bei einer Tiefe von dreitausend Fuß auf Höchstgeschwindigkeit.

      Entsprechend rauschte die Amarula mit fast sechshundert Meilen in der Stunde durch die Dunkelheit.

      Im Licht der Außenscheinwerfer, die eigentlich einen sehr deutlichen und hellen Lichtkegel erzeugen sollten, konnten sie schnell erkennen, wie sehr die Verschmutzung des galpagischen Ozeans selbst in diesen Tiefen schon vorangeschritten war. Die Sichtweite lag kaum noch über fünfzig Metern, sodass sie bei dieser hohen Geschwindigkeit das Gefühl hatten, als würden sie durch eine widerliche Wolke aus gerade aufgewühlten Schlamm fliegen. Ohne Sonar wären sie hoffnungslos verloren gewesen. Dennoch waren sie erschrocken, wie schlimm es um den größten Ozean des Planeten bereits bestellt war. Ihre Stimmung wurde zusätzlich noch dadurch getrübt, dass sie die ganze Zeit über so gut wie kein Lebewesen zu Gesicht bekamen. Von der artenreichen, faszinierenden Vielfalt des Lebens hier unten schien nichts mehr geblieben zu sein. Ganz im Gegenteil. Mehr als lebendige Geschöpfe, konnten sie riesige tote Tiere oder gar nur noch Skelette sehen, die gespenstisch im Wasser trieben und über die sich die Räuber der Meere hermachten, bei denen sich jedoch – auch das konnten sie deutlich erkennen – vielfach bereits schlimme und ekelhafte Mutationen und Deformationen aufgrund der im Wasser gelösten Gifte zeigten.

      Alles in allem war ihre Fahrt nach Norden eine gespenstische Angelegenheit und ihre besorgten Mienen wichen erst ganz allmählich einer grimmigen Entschlossenheit.

      Bisher waren sie in einem Abstand von rund fünf Meilen der poremischen Küste gefolgt. Als das Sonar jedoch anzeigte, dass westlich von ihnen die Mimbas-Hochebene auftauchte, änderte Rimbo ihren Kurs und flog sie direkt an.

      Wenig später schoss das Flugboot mit hoher Geschwindigkeit aus dem Wasser, jagte fast senkrecht die hoch aufragenden Klippen entlang, bis Rimbo das Schiff bei einer Geschwindigkeit von über fünfhundert Meilen in der Stunde kaum mehr als zwanzig Meter über dem Boden nach Nordwesten lenkte.

      Die Eiswüste, die sich vor ihnen ausbreitete, schien endlos zu sein. Noch war der Boden unter ihnen zu erkennen. Er bestand hauptsächlich aus kargem, kalten, grauen Fels, der nur gelegentlich von braunen Stellen durchzogen wurde. Vegetation gab es hier so gut wie keine. Hier und da zuckten einige Morok- und Niariherden unter ihnen vorbei und gelegentlich konnten sie einen Sirukbären mit seinem charakteristischen, weißen Fell erkennen, doch sie waren sich einig, dass es viel weniger waren, als noch ein paar Jahre zuvor, als sie sich bei dem Manöver in der Hochebene ihren Iritat-Kristall verdient hatten, der sie zum Eintritt in die legendäre, aber längst schon nicht mehr existente Storp-Einheit berechtigte.

      Rimbo lenkte die Amarula zunächst so schnell es ging weiter nach Norden, bis sie schließlich die Ausläufer des Pascabiro-Massivs erreichten, den größten und gewaltigsten Gebirgszug auf ganz Santara. Mittlerweile hatten sie bereits eine Höhe von sechstausend Metern über dem Meeresspiegel erreicht und der Boden unter ihnen war nur noch von einer dicken, orange-weißen Eisschicht bedeckt, doch angesichts der wuchtigen und

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