Die Pyrenäenträumer - Band 2. Wolfgang Bendick

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Die Pyrenäenträumer - Band 2 - Wolfgang Bendick Zu Wasser und zu Lande

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Standart-Milch in Qualitätsmilch aus den Pyrenäen verwandelt! Wir hingegen wollen mit eigener Milch den echten Käse von hier wieder neu erfinden!

      In den Tälern gibt es viele Kuhherden. Für jemanden aus Toulouse sind diese natürlich alle gleich, wenn sie auch manchmal andere Farben haben. Doch die meisten Herden sind Fleischtiere und dienten zur Mast von Kälbern oder Rindern. Wenige Bauern haben noch Milchkühe wie Elie in unserem Dorf. Im Nachbarort gibt es eine Käserei. Diese sammelt im Tal die Milch ein. Das ergibt natürlich nicht viel, und je nach Jahreszeit auch mal nichts. Dann füllt der Käser seinen Tank an einem der Sammel-LKWs der Großkonzerne auf. In Luzenac gibt es eine weitere Käserei, auch in Seix, seit kurzem auch in Engomer, die guten Käse herstellen. Doch fangen manche langsam an zu schummeln. Nicht, indem sie Milch zukaufen, sondern sich von den Fabriken die ‚Rohlinge‘ liefern lassen! Diese bringen sie in ihren Kellern zur Reife, kleben dann ihr traditionelles Etikett drauf, und fertig ist der ‚Pyrenäenkäse‘!

      Natürlich wissen die Einheimischen das. Doch nicht die Städter oder die Touristen, die auf der Suche nach Spezialitäten sind! Das Dumme ist nur, dass einer der Großkonzerne sich als den Eigentümer der Bezeichnung ‚Pyrenäen-Käse‘ ansieht, und den Kleinen verbieten will, diesen Namen zu benutzen! Außerdem werden all diese Industriekäse mit pasteurisierter Milch hergestellt. Wir Neos wollen nur Rohmilch verkäsen, denn nur darin sind alle spezifischen Geschmacksstoffe einer Gegend erhalten, und auch alle Vitamine, Enzyme und so viel mehr, von dem wir noch keine Ahnung haben! Unser größtes Lob ist, wenn einer der Einheimischen beim Probieren unserer Käse sagt: „So hat er früher bei uns auch geschmeckt, als die Eltern noch Käse gemacht haben!“

      In mehreren Dörfern unseres Tales ist früher Camembert hergestellt worden. Camembert liegt nicht in den Pyrenäen, das weiß sogar ein Toulouser. Doch denen, die ihn kauften, war das egal, denn sie wohnten weit weg, in Algerien. Von hier war es viel näher nach Afrika als von der Normandie, und findige Leute hatten so ein System entwickelt, das den hiesigen Milchbauern eine Existenzmöglichkeit gab, und durch die kürzeren Transportwege für den Konsumenten in Afrika ein optimales Produkt. Die Dauer des Transportes entsprach der Reifezeit der Käse. Doch Algerien ging ‚verloren‘, die Kolonialisten, die Pieds-noirs, kamen zurück ins Vaterland, der Pyrenäen-Camembert war aus der Mode, die Käsereien machten zu.

      Ebenfalls bedingt durch den immer mehr fallenden Butterpreis, machten die ‚Frutières‘, die Molkereien zu, in denen die Milch der Bauern entrahmt wurde. Die Bauern bekamen die Magermilch zurück, die sie dann selber verwendeten, zum Käsen, zum Kochen, zum Verfüttern für die Tiere. Der Rahmaufkäufer machte aus der Sahne Butter, die er teuer in die Städte lieferte. Doch inzwischen ist Butter ein Nebenprodukt der Trinkmilchindustrie geworden, und muss mit großem Aufwand in Kühlhäusern gelagert werden, um den Preis stabil zu halten!

       Wie war nun der Käse, den die Bauern aus der entrahmten Milch herstellten? Wie ich hörte, war das eine Art von Frischkäse, also sauer gewordene, eingedickte Milch, zum Verzehren mit ‚Patates‘, Kartoffeln. Oder man hat diesen in ein Tuch gebunden, und zum Trocknen aufgehängt, um Quark zu bekommen. Dieser meist in Kugeln geformt, ließ sich begrenzt halten. Wer besser ausgerüstet war und genügend Milch hatte, erwärmte diese und gab Lab hinzu, das Enzym aus dem Magen von Jungtieren, welches Milch zum Gerinnen bringt. Oder auch Labkraut. Die geronnene Milch wurde in kleine Stücke ‚geschnitten‘, manchmal wieder erwärmt und nach einer Weile Rühren in Formen gepackt und unter einer Schieferplatte gepresst. Anschließend wurde die Masse mit groben Salz eingerieben. Der so gewonnenen Käse war über Monate haltbar. Auf dieselbe Weise wurden in allen Regionen der Welt Käse gewonnen. Den Unterschied der einzelnen ‚Sorten‘ machten die Tierarten, die verschiedenartigen Futterpflanzen, Veränderungen der Temperatur oder Handhabungsweise. Meist spielte dabei der Zufall eine große Rolle.

      Oft fragte man mich, ob ich nicht den ‚Fromage de la houle‘ herstellen könnte, von dem man so viel hört, aber nirgends mehr findet. Ich fragte etwas herum, um hinter das ‚Geheimnis‘ zu kommen. ‚Houle‘ heisst Gefäß oder Steinguttopf. Alles, was an Käse ungenießbar war oder auch Reste, warf man in einen Topf mit Deckel und vergaß es eine Weile. Bis dann ein ‚strenger Geruch‘ den Topf wieder in Erinnerung brachte. Die Käsereste hatten sich, meist mit Mithilfe von Fermentation und Fliegenmaden in eine klebrige, streichbare Masse verwandelt, waren in gewisser Weise lebendig geworden. Bestenfalls für Angler verwendbar und in einem Töpfchen am Außenspiegel zu transportieren…

      Eine andere, nicht mehr auffindbare Spezialität war der Brousse. Hierzu musste die Molke von der Käsegewinnung zum Siedepunkt gebracht werden, dann träufelte man etwas Zitronensaft darauf, was das noch vorhandene Resteiweiß zum Ausflocken brachte. Ein großer Energieaufwand für wenig Resultat, vor allem, wenn man Schweine hat, die auch noch ihren Teil wollen…

      Inzwischen hatten wir auf unseren Ausflugsfahrten die ganzen Handwerksbetriebe im weiteren Umkreis besucht, uns umgesehen, umgehört, probiert, um uns ein genaueres Bild vom Pyrenäenlaib machen zu können. Meist waren das weiche Käse, anders als die der Alpen, sehr stark im Geschmack, eher dazu bestimmt, bald verzehrt zu werden als eingelagert, zur Veredelung des Aromas. Wir wollten einen Käse herstellen, der auch uns schmeckte, der sich aufbewahren ließ, wenn mal die Kunden fehlten, der einfach herzustellen und zu pflegen war. Mehr in der Art, wie sie manche unserer Bauernfreunde schon herstellten. So natürlich wie möglich, nur mit Vollmilch, Lab und Salz!

      Heutzutage würde man das ‚Industrie-Spionage‘ nennen, für mich war das einfach Interesse: die Geräte genau zu analysieren, die Atmosphäre im Keller, die Anordnung der Utensilien in der Käserei und ihr Zweck, die Milchherkunft, den Stall sehen, das Land, den Käser kennen. Denn eines hatte ich bald festgestellt: Je kleiner die Käserei, um so grösser die Liebe des Käsers zu seinem Beruf! Ich kannte Sennereien in den Alpen. Für mich war Senn ein magischer Beruf, die Käser kamen mir fast wie Zauberer vor, wie Zeremonienmeister, denn alle Gesten wurden bewusst und langsam ausgeführt, der Rhythmus des Käsens wurde durch die Entwicklung der ‚Dickete‘, des ‚Bruches‘ bestimmt, für Außenstehende kaum erkennbar. Jesus hatte es da einfacher, das Wasser in Wein zu verwandeln! Der bediente sich eines Wunders, eigentlich ein unfairer Trick! Der Käser tut sich da schwerer, er hat zwar seine Säuremesser und Thermometer, die er zu Hilfe nehmen kann, doch ist vieles reines ‚Fühlen‘ geworden, im Laufe der Jahre…

      Doch wir sind hier noch ganz am Anfang. Außer Faszination haben wir etwas Erfahrung durch unsere drei Ziegen in Deutschland. Wir haben letztes Jahr auch bei einem Käselehrgang mitgemacht und zum Glück einiges mitbekommen, wir haben einen Kessel, wir haben einen Galgen im Kamin, um diesen darin aufzuhängen, wir haben unsere Milch. Es kann losgehen! Die erste Kuh hat gekälbert! Erst mal eine Woche melken und das Kolostrum, wie die leicht bräunlich oder von Blut rötlich gefärbte erste Milch genannt wird, mit der Schnuller-Flasche dem Kalb verfüttern. Dabei ist darauf zu achten, dem Kälbchen anfangs nur wenig zu geben, so 2 Liter und dann langsam steigern, da es sich sonst leicht übertrinkt und tagelang jede Nahrung verweigert. Und will es anfangs nicht trinken, ruhig mal hungern lassen! Dann will es von selber! Manche Bauern erhitzen das überschüssige Kolostrum in einer Pfanne, fügen Zucker hinzu und bereiten damit ein breiiges oder pfannenkuchenartiges Gericht.

      Unser Kalb war ein Stierkalb. Also war sein Schicksal schon bei der Geburt besiegelt. Maurice kaufte es uns für 950 Francs ab. War das ein guter Preis, hatte er uns gelinkt? Jean-Paul, ein Bauernsohn aus dem Dorf, meinte, man sollte immer versuchen, mehr zu bekommen, doch schwankten die Preise bei Kälbern enorm. Je nach Angebot! „Im Winter gibt es wenige und der Preis steigt. Auch gibt es für Stierkälber rund dreißig Prozent mehr als für Kuhkälber, weil sie sich besser mästen lassen! Sei froh, dass du keine ‚Holstein‘ hast! Manchmal verschenken die Bauern deren Kälber, um die Milch zu haben!“

      *

       Nach einer Woche ist es so weit und die Milch ist weiß, flüssiger, ist verkäsbar. Früher hatte man 2 Mal am Tag gekäst. In der ‚Barousse‘

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