Fidibus und die dänische Fibel. Denise Remisberger

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Fidibus und die dänische Fibel - Denise Remisberger

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wurde vermittelt. Dame Klothilde war mit heisser Stirn erwacht, aus ihrem Bett direkt in die Küche getaumelt und hatte ihre glasigen Augen auf die Wirtin gerichtet.

      «Ich friere so», hatte sie mit klappernden Zähnen gejammert und die Arme um ihren fröstelnden Leib geschlungen.

      «Ihr habt Euch erkältet, werte Dame. Kein Wunder, wenn Ihr im Februar baden geht. Diese Seepiraten sind einfach ein Gräuel», hatte Wirtin Mara geschimpft und die Edle auf einen Schemel vor die in der Mitte des Raumes kniehoch aufgemauerte offene Feuerstelle gedrückt, in der bereits ein neues Feuer entfacht worden war, denn die Glut des vorigen Tages war über Nacht erloschen. «Nehmt!», hatte sie ihr einen Becher heisse Brühe gereicht, die sie aus einem Dreifusstopf geschöpft hatte, der in der neuen Glut stand, um einige Überlegungen anzustellen, während die Kranke sich aufwärmte. In der Herberge konnte sie nicht bleiben. Unmöglich. Sie würde alle anderen Gäste anstecken und sie für immer vergraulen. Nein, nein. Sie musste hier weg. Der Weg nach Sankt Gallen war viel zu mühselig. Sie hätte reiten müssen. Oder laufen. Aber zum Kloster Münsterlingen, das ein Krankenzimmer besass, führte eine gut fahrbare Strasse entlang des Bodensees und wie es das Schicksal so wollte, sass Händler Ottchen im Schankbereich des grossen Raumes und wollte heute noch mit seinem von zwei Mauleseln gezogenen leeren Karren nach Konstanz reisen, um dort neue Waren aus dem Westfrankenreich zu verladen. Und Münsterlingen lag da genau am Weg. Die schlaue Wirtin organisierte also für wenige Pfennige die Reise der fiebrigen Klothilde und ihres mitleidenden Panzerreiters Trumer im knarrenden Gefährt des Händlers Ottchen von Rorschach nach Münsterlingen und schickte eine mündliche Botschaft ans Kloster Sankt Gallen, die durch Bettler Pip, der heute seine wöchentliche Gratismahlzeit bekam und eh nach Sankt Gallen wollte, um sich dort von den Mönchen gleich nochmal verköstigen zu lassen, überbracht werden würde. Also wurden die beiden werten Gäste auf die Nuckelpinne verfrachtet, mit Sackleinen zugedeckt und los ging’s, an brachliegenden Flachsfeldern vorbei, an Fischerhütten und Bauernkaten, Weilern und Dörfern, am dem Kloster Sankt Gallen gehörenden Untergoldach, am dem Bistum Konstanz Abgaben zahlenden Arbon und immer in der Nähe des grossen Sees, auf den die beiden Überfallenen im Moment gar nicht gut zu sprechen waren.

      7

      «Sollte unsere reiche Pilgerin nicht langsam angekommen sein?», erkundigte sich Hospitalar Semper bei Fidibus, der gerade die von den fleissigen Weberinnen des Klosterdorfes Sankt Gallen gefertigten Leinenstoffe sortierte. Sie standen in der Kleiderkammer des geschlossenen Teils des Klosters, zu dem eigentlich nur die Mönche Zugang hatten, doch das wurde nicht so genau genommen.

      «Ja, die sollte langsam eingetrudelt sein.»

      Kaum hatten sie fertig gesprochen, kam Novize Hans hereingepoltert und verkündete, dass Bettler Pip im Gästehaus warte, um Hospitalar Semper eine wichtige Nachricht mitzuteilen.

      Als Semper eintrat, hockte Bettler Pip an einem der Tische im Gemeinschaftsraum des Gästehauses und verspeiste gerade eine riesige Fleischpastete, begleitet von einem lüpfigen, stark mit Honig gesüssten Glühwein. Der gut Genährte winkte Semper zu sich an den Tisch und prostete ihm lachend und schmatzend zu.

      «Wohl bekomm’s», meinte der Hospitalar leicht säuerlich und setzte sich. «Was gibt’s denn so Dringendes, Pip?»

      «Ich habe eine wichtige Botschaft für dich, Mönch. Und zwar von der Wirtin Mara aus dem Gasthaus am Rorschacher Hafen.»

      «So, so. Etwas Wichtiges.»

      «Ja doch. Wenn ich es dir sage. Diese Dame Klothilde und ihr Panzerreiter Trumer, die zu euch rauf ins Kloster kommen sollten.»

      «Ja, was ist mit denen?»

      «Na, die kommen nicht.»

      «Und warum nicht?»

      «Weil sie überfallen wurden.»

      «Was?!»

      «Keine Sorge, Semper, sie leben noch. Allerdings ist die werte Dame darob arg krank geworden.»

      «Und jetzt liegt sie unbetreut in einem fremden Gasthausbett?»

      «I wo», winkte Pip ab und pickte mit den Fingern ein grosses Stück Pastete vom Teller, um es sich genüsslich in den Mund zu stopfen. «Die sind ins Kloster Münsterlingen gefahren. Die haben dort ein Krankenzimmer.»

      «Ich weiss, dass die dort ein Krankenzimmer haben.»

      «Was regst du dich dann so auf? Denen geht’s gut.»

      8

      So gut ging’s denen allerdings nicht. Dame Klothilde wälzte sich im Münsterlinger Krankenbett hin und her, während Panzerreiter Trumer kühlende Umschläge aus getrockneter Beinwellwurzel, die zu einer Tinktur verarbeitet worden war, aufgelegt bekam.

      «Helwi, raus mit dir!», rief Hospitalarin Krätzhilde von der Türe her, «wir haben auch noch andere Gäste, um die du dich kümmern musst.»

      «Aber diese beiden hier brauchen meine Hilfe dringender. Das sollte dir eigentlich klar sein, Krätzhilde», antwortete die junge Laienschwester mit einem sardonischen Lächeln.

      «Lass deine frechen Sprüche sein, du faules Ding! Die fiebrige Dame hat nun wahrlich genug Holunderblütentee getrunken, ihre Essigwickel sitzen fest und der gequetschte Herr ist auch versorgt. Also komm schon. Die Wäsche muss aufgehängt werden.»

      «Wie geht es denn unseren Kranken?», erkundigte sich Äbtissin Dagoberta, die hinter Krätzhilde in Erscheinung getreten war.

      «Wunderbar geht’s denen. Vor allem, weil Helwi ewig am Bett der Dame rumsitzt und sich nur bewegt, wenn sie dem Herrn in dem bequemen Stuhl dort ein weiteres Tässchen heissen Würzwein bringt.»

      «So soll es doch auch sein, Krätzhilde. Was schimpfst du denn nur? Lass Laienschwester Kora die Wäsche aufhängen und unsere Helwi sich um die beiden Kranken kümmern. Sie hat ein Händchen für diejenigen, die leiden. Sei also nicht immer so streng mit ihr. Komm, Krätzhilde, gehn wir Kora suchen.»

      9

      «Endlich!», dachte der Ministeriale Furdin, als er in seinem neuen Zimmer in der Niederburg, dem Stadtteil von Konstanz, in dem unter anderen die Beamten wohnten, stand. Dank seiner zufriedenstellenden Arbeit als Spion für Konrad, den Bischof von Konstanz, hatte dieser ihm, Furdin, nun ein neues Zuhause zugewiesen, einen grossen ebenerdigen Raum mit einer eigenen kleinen Küche in der Mitte. Furdin war zwar immer noch ein Höriger und das würde er vermutlich auch immer bleiben, doch er fühlte sich gerade sehr frei. Die offene Feuerstelle war recht gross, so, dass sie das ganze Daheim schön warm hielt, säuberlich kniehoch aufgemauert und mit einem grossen Dreifusstopf bestückt, der gerade in der Glut stand und die Roggengrütze mit Speckwürfeln angenehm duftend dampfen liess. Der Holzkasten, welcher ihm als Bettstatt diente, trug einen gut gefüllten Strohsack, an einer Wand stand eine lange Bank mit einem Esstisch davor, ein Schemel zierte eine andere Mauer und eine geschnitzte Kleidertruhe thronte an der Wand, die der Türe gegenüberlag. Das offene Fenster, das von einem Holzladen von innen her geschlossen werden konnte, war zwar schmal, doch wenn sich Furdin genau davor setzte, konnte er ein Stück des Himmels sehen, und das beruhigte ihn.

      Nachdem er gegessen hatte, machte sich der Ministeriale auf, von seinem Bischof neue Befehle zu erhalten.

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