25XX: Eine SciFi-Saga (Neve Edition). Marc Pain
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Wir verlassen NICHT die Erde?, fragte er sich erstaunt und sein Herz begann zu rasen. Wie sollte er jetzt an einen der Schutzanzüge kommen, um sich damit an Bord eines Lastenschiffes zu schleichen? Er war nicht geflohen, um in einem weiteren Wohnsektor Unterschlupf zu suchen. Pan wollte weg aus der beklemmenden Kulisse der Erde. Ihn beschlich das Gefühl, rein gar nichts an seinem Schicksal ändern zu können, selbst wenn er es wollte.
Die Fähre setzte zur Landung an und Pan wich von der Tür zurück. Er hoffte, in der Masse der Menschen unterzugehen. Während der Gleiter hielt, rechnete er jeden Moment damit, dass ein Trupp Polizisten die Fähre stürmen würde, um seiner Flucht ein jähes Ende zu setzen.
Nach nur wenigen Sekunden schlossen sich die Türen und der Flug wurde fortgesetzt. Pan fragte sich, wohin die Fähre wohl flog und ob sie jemals den Planeten verlassen würde. Vielleicht wendete sie auch und kehrte zum Wohnsektor 4 zurück, wo die Polizisten ihn in Empfang nehmen würden.
»Nächster Halt, Wohnsektor 6 – Arbeitersektor«, sagte die elektronische Stimme nach kurzer Zeit und die Fähre setzte erneut zur Landung an. Bei jedem Start und jeder Landung ließ er seinen Blick über die Dächer der Stadt gleiten. Eine Grenze konnte er nicht ausmachen. Die Gebäude erstreckten sich in alle Himmelsrichtungen, hin bis zum Horizont.
Ob es überhaupt ein Ende gibt?, fragte er sich, als die Fähre weiterflog.
»Nächster Halt, Wohnsektor 7 – Arbeitersektor«, sagte die Stimme und die Flughöhe wurde geringer. Als sich die Türen öffneten, schwebte eine Drohne herein, noch bevor einer der Passagiere aussteigen konnte. Sie flog über die Köpfe der Stehenden hinweg, die sich nicht dafür zu interessieren schienen. Genau vor Pans Gesicht stoppte sie, begann wild zu blinken und ein Warnsignal auszustoßen. Das Signal machte die anderen Passagiere auf ihn aufmerksam. Noch aufmerksamer als zuvor. Die Mitreisenden wurden unruhig und wichen vor ihm zurück. Diese Fähre schien für ihn den Untergang zu bedeuten. Gefangen in einer aussichtsloseren Situation, als je zuvor, blickte er sich um und suchte nach einer Lösung, einem Ausweg.
Verloren
Mit ausgestrecktem Arm versuchte er die Drohne auf Abstand zu halten und schlug mit der Hand des anderen Arms nach ihr. Elegant wich sie seinen Schlägen aus und stieß ununterbrochen das Warnsignal aus.
Was jetzt?
Renn weg!, rieten ihm seine Gedanken.
Ich kann nicht ewig davonlaufen!, musste er feststellen, bemerkte aber zugleich, dass sich sein Fluchtinstinkt nicht unterdrücken ließ. Der Drang, entkommen zu wollen, war das stärkste Gefühl, das er bis dato verspürt hatte.
Langsam näherte er sich der Tür, dicht gefolgt von der Drohne. Die meisten Leute hatten sich von ihm abgewendet.
Vor der Tür blieb er stehen – er verließ die Fähre nicht. Er schien auf etwas zu warten, er wollte den richtigen Moment abpassen. Kurz bevor die Schiebetür zuschnellen konnte, stürmte er hinaus. Gerade noch rechtzeitig konnte er seinen Fuß aus der sich schließenden Tür ziehen. Die Drohne raste hinter ihm her, krachte gegen die Scheiben der Schiebetür und schon im nächsten Augenblick raste die Fähre, mit der Drohne an Bord, davon.
Hastig blickte er sich um. Polizisten oder weitere Drohnen waren nicht in Sicht. Er rannte los, verließ die Landeplattform und hastete über das Plateau. Dabei stieß er unaufhörlich mit anderen Leuten zusammen, wobei diese oder er selbst manchmal zu Fall kamen. Unbeirrt rappelte er sich jedes Mal wieder auf und lief weiter. Schon bald verließ er das Plateau und bahnte sich seinen Weg durch die engen Gassen, die sich zwischen den Hochhäusern entlang zogen.
Zunächst traf er hier auf niemanden. Keine Polizisten, keine Bürger, keine Drohnen. Niemand schien sich hierhin zu verirren, in ein Gebiet, das am Grund der Häuserschluchten nur spärlich von Sonnenlicht erhellt wurde.
Willkürlich nahm er eine Abzweigung nach der anderen und durchquerte so allmählich diesen Sektor. Die Gänge bildeten ein engmaschiges Netz, das sich unendlich weit erstreckte. Je tiefer er in das Labyrinth zwischen den Häuserschluchten eindrang, desto mehr Müll, Schrott und Unrat begegnete ihm.
Bei der nächsten Abzweigung bog er nach rechts ab und stieß mit jemandem zusammen. Für beide kam der Zusammenstoß unerwartet, sodass sie zu Boden gingen und einen Augenblick wie paralysiert sitzen blieben.
Der Fremde fing sich als Erster und stand auf. Auf dem Kopf trug er eine silberne Kappe. Sie glänzte metallisch und sah nicht besonders bequem aus. Pan sah so eine Kopfbedeckung zum ersten Mal. Der lange Mantel, das Hemd und die Hose des Mannes – alles war schmutzig und die Farben verblasst. Der Fremde hatte eine groteske Erscheinung und Pan konnte ihn nicht einordnen, lediglich feststellen, dass er ebenfalls ein Mensch war. Und nicht mal in diesem Punkt war er sich sicher. Selbst die Robotereinheiten, die zum Haareschneiden und Rasieren kamen, sahen einem Menschen nicht unähnlich. Vielleicht war der verwahrloste Mann ein Humanoide.
»Was machst du hier?«, fragte der Mann und schaute misstrauisch auf den Arbeiter hinab. Pan wusste nicht, was er antworten sollte. Immerhin wusste er selbst nicht genau, was er an diesem Ort wollte. Er war auf der Flucht und diesen Umstand wollte er nicht preisgeben.
»Ich – muss«, begann er und zögerte kurz, »ich muss mich verlaufen haben. Wie … ich … ich werde wieder umdrehen.«
Der Fremde schaute skeptisch drein und musterte Pan aufmerksam.
»Du bist ein Arbeiter!«, stellte er fest und deutete auf Pans Kleidung. Erst jetzt erhob er sich vom Boden und klopfte den Staub und Dreck von seiner Kleidung ab.
»Ja«, antwortete er.
»Was machst du hier?«, fragte der Fremde erneut.
»Ich muss mich verlaufen haben«, wiederholte er und war sich nicht sicher, ob der Mann ihn zuvor verstanden hatte.
»Nein, ich meine, was machst DU hier? Was macht ein Arbeiter HIER?«
Pan verstand die Fragerei nicht, denn er glaubte, diese Fragen bereits zweimal beantwortet zu haben.
»Ich«, begann er, wurde aber zugleich unterbrochen.
»Jetzt sag nicht, du hast dich verlaufen«, sagte der Fremde. »Das habe ich schon verstanden und das glaube ich dir nicht!«
Fragend blickte Pan dem Mann in die Augen. Die Haut des Fremden hatte einen dreckigen, rußverschmierten Teint. Der Vollbart war nicht sonderlich lang, trotzdem war es für Pan ein ungewöhnliches Bild, eine längere Gesichtsbehaarung zu sehen.
Nach wie vor konnte er die Person nicht einordnen, seine neu gewonnen Gedanken mahnten ihn, vorsichtig zu sein und seine Flucht fortzusetzen.
»Also sagst du mir jetzt, was du hier machst?«
»Ich habe mich wirklich verlaufen. Nachdem ich mein Sektorschiff verpasst habe, wollte ich zu einem anderen Hangar gehen, um das Schiff noch zu erwischen. Ich dachte, dass ich am schnellsten wäre, wenn ich zu Fuß gehe und die Abkürzung zwischen den Häusern nehme«, reimte Pan sich zusammen und war ziemlich zufrieden mit seiner Geschichte.
Der