Die reisegeplagte Reliquie. Denise Remisberger

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Die reisegeplagte Reliquie - Denise Remisberger

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du diese grässliche Pseudo-Zigarette hier drinnen rauchen, Carlo?», meckerte Heribert.

      «Na hör mal, wir sind extra hierher gekommen, um dir beizustehen, und was ist passiert? Nichts! Absolut nichts. Dein Grossalarm hat sich als Fehlalarm entpuppt. Die beiden tanzen und trinken Bier. Das ist alles. Nein, das ist nicht alles. Sie lachen uns aus, das kommt noch dazu. Warum hast du nicht gesagt, dass hier alle schwarz angezogen sind? Dann hätten wir das auch so gemacht und wären weniger aufgefallen.»

      «Woher sollte ich denn das wissen? Im besetzten Haus gibt es hauptsächlich Hippies, in alle möglichen Farben gehüllt.»

      «Aber wie Hippies sehen wir auch nicht aus.»

      «Nicht wirklich, nein. Zu stillos.»

      «Keinen Stil, nein. Vielleicht sollten wir mal neue Arbeitskleidung bestellen.»

      «Und wo kriegen wir die her?»

      «Keine Ahnung.»

      10

      Nicht, dass Jacques besonders gerne Autostopp-Freaks mitnahm, aber schliesslich war er Pfarrer und somit verpflichtet, eine soziale Einstellung an den Tag zu legen. Also hielt er mit seinem Camper am Strassenrand und liess den jungen Mann einsteigen.

      «Und auch noch mit Schweizer Kennzeichen! So ein Glück!», strahlte Felix den Fremden im Talar, verziert mit dem Beffchen, an und reichte ihm die Hand. «Ich bin Felix aus Zürich.»

      «Ich bin Jacques, auch aus Zürich.»

      «Wow! Nimmst du mich bis nachhause mit?»

      «Klar, Felix. Du bist willkommen.»

      «Danke. Vielen Dank.»

      Das meinte Felix wirklich so. Denn mit diesem senkrechten weissen Kragen über schwarzer Seide im Geleit würde er alle Grenzen dieser Welt passieren können, ohne durchsucht zu werden.

      11

      Senda lag auf ihrer Matratze im oberen Stock des Hybridiums und erwachte angenehm berührt. Sie hatte gerade geträumt, dass Angus Young seine Power-Augen auf sie richtete, und war, um sieben Uhr morgens, ganz erotisiert aufgewacht.

      Da sie jetzt aber viel zu müde war für etwaige selbstfreudige Tendenzen und heute ausserdem noch drei andere Personen im selben Raum schliefen, zog sie die pulsierende Energie vom Becken in den Kopf hinauf und ging Kaffeetrinken.

      Sie musste lachen, als sie an Fahnder Heribert dachte, den sie gestern Abend rauchend vor einem Auto stehend angetroffen hatte, als sie und Aristo sich auf den Heimweg gemacht hatten. Sie hatte ihn nicht nur nach seinem Namen gefragt, sondern ihm noch den Spruch hingeworfen, dass Kleider Leute machen würden. Und dann hatte sie vielsagend gelächelt. Heribert hatte ganz schön perplex aus der Wäsche geguckt.

      Nun ging es auf acht Uhr zu. Senda wollte heute eine Tour durch das frisch verschneite Zürich machen, und zwar mit ihrem digitalen ultrateuren Fotoapparat. Sie zog sich sehr warm an, Wanderstiefel an den Füssen, langer Lammfellmantel und eine bunte zipflige Wollmütze über den Ohren, die farblich zum dicken Schal und den Handschuhen passte.

      Als Erstes nahm Senda den Flussweg, der vom Kreis Fünf hinausführte und am Central in den Limmatquai überging, um das dunkel fliessende Wasser der Limmat, gesäumt von schneebedeckten Bäumen, die ihre beladenen Äste bis tief ins Wasser hineinsenkten, ins Visier zu nehmen.

      Die beiden Junkies, die gerade ihre gebrauchten Spritzen aus dem Versteck am Flussufer hervorzogen, kamen nicht ins Bild. Senda respektierte deren Privatsphäre. Wer aber aus dem Nichts auftauchte und plötzlich auf der Linse erschien wie der Leibhaftige, war Fahnder Heribert. Senda knipste ihn ausgiebig und winkte dann fröhlich.

      «Leute fotografieren ist verboten», meinte er pikiert, als er auf ihrer Höhe angekommen war.

      «Ach, wenn sie so süss sind wie du, gilt die Ausnahmeregel», strahlte ihn Senda an, sodass er nichts mehr zu dem Thema sagte.

      12

      Vreni Anderegg sass auf einem moosigen Wall, welcher sich vom Ufer des Bodensees einige Meter weit ins Wasser hinauszog, und stand ihrer Freundin Teresa bei, die einen recht grossen Plastiksack aus einer rosa strassverzierten Segeltuchtasche zog. Die dazugehörige Urne hatte Teresa zuhause gelassen, um die Seebestattung ihrer Mutter ohne amtliche Bewilligung möglichst unauffällig auszuführen.

      Teresa öffnete den grossen Plastiksack und verstreute die Asche, die eigentlich aus ganz feinen winzigen Knochensplitterchen bestand und eine liebevolle Energie ausstrahlte, im weiten Dreiländersee, hatte ihre Mutter aus der engen Urne befreit und liess sie nun hinaus in den blau-grünen Raum.

      Es war ein erhebender Augenblick, der die beiden Frauen glücklich stimmte.

      Sie blieben noch eine Weile sitzen und verliessen dann schweigend den für alle Zukunft gesegneten Ort.

      13

      «Welcher Musiker war dein Schwarm, als du ganz klein warst, Senda?», wollte Heribert wissen.

      Sie spazierten mittlerweile am Limmatquai entlang in Richtung Bellevue.

      «Drei.»

      «Was, drei?»

      «Ich schwärmte für drei Musiker. Den einen davon, Christian Anders, hatte ich sogar live gesehen, da war ich acht. Und dann waren da noch Peter Maffay und Meat Loaf.»

      «Dann bist du wahrscheinlich ein bisschen älter als ich, Senda.»

      «Oh ja, um einiges älter. Sicher um zehn Jahre.»

      «Das finde ich interessant.»

      «So, so, das findest du interessant. Und was hörtest du so, als du klein warst?»

      «Na ja. Das waren dann bereits die ‹Cure›.»

      «Ja, ja. Die hab ich auch gehört, allerdings als Teenager. Da gab’s noch keine CDs.»

      «Und jetzt? Welche CD hast du heute Morgen aufgelegt? Oder war es eine Platte?»

      «Meine Platten habe ich alle auf dem Flohmarkt verkauft. Eigentlich schade. Jetzt habe ich nur noch CDs und Schubladen voll alter Kassetten.»

      «Na, immerhin ist nicht alles weg.»

      «Nein. Heute Morgen hab ich gar nichts gehört. War zu früh. Aber gestern Abend. Fado. Eine Sammlung verschiedener Interpretinnen und Interpreten.»

      «Was ist das?»

      «Portugiesische Folklore. Melancholische Leidenschaft pur.»

      «Krass. Ich liess Eric Clapton laufen. Den höre ich noch oft.»

      «Dann haben wir ja beide eine Neigung

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