Unvergängliches Blut - Sammelband. S.C. Keidner
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Unvergängliches Blut - Sammelband - S.C. Keidner страница 20
Er seufzte und murmelte etwas.
Sie musste los. Die Feldarbeiter verließen die Festung mit Sonnenuntergang. Leise erhob sie sich.
»Was ist?«, hörte sie ihn schlaftrunken fragen.
»Schlaf weiter, Liebster. Die Sonne geht gleich unter, die anderen werden schon auf mich warten.«
Sie beugte sich über ihn, küsste ihn sacht. Er griff nach ihr, der Kuss wurde besitzergreifend. »Ich liebe dich«, flüsterte sie, als sie sich von ihm löste. Sie befahl sich, für ihr Kind stark zu sein, und wagte es nicht, lauter zu sprechen, denn ihre Stimme klang vor Leid heiser. »Vergiss nie, dass ich dich liebe.«
»Wie könnte ich das vergessen?« Er beobachtete, wie sie sich anzog, das Kleid, den Umhang, die schweren Stiefel. »Am liebsten würde ich dich gleich wieder ausziehen.«
Sie küsste ihn ein letztes Mal und sagte: »Schlaf noch ein wenig, Liebster.« Gehorsam schloss er die Augen, ein leises Lächeln auf dem Gesicht. Mit einem tränenverhangenen Blick auf Maksim wandte sie sich ab, zog die Tür auf und verließ ihren Geliebten, die Hand auf den Leib gelegt, in dem sein Kind heranwuchs.
In der zweiten Nachthälfte begann es in Strömen zu regnen. Rodica, der das Herz bis zum Hals klopfte, deutete den Regen als Zeichen der Götter, dass sie ihrer Flucht wohlgesonnen waren.
Am frühen Morgen brachte sie den Haufen Unkraut, den sie ausgerissen hatte, zum Feldrand. Sie hatte sich am äußersten Ende der langen Arbeiterkette postiert. Die Krieger befanden sich auf der anderen Seite des Feldes und waren in der Dunkelheit und dem Regen kaum zu erkennen.
Sie ließ das Grünzeug fallen. Wasser rann über ihr Gesicht. Die Arbeiter kümmerten sich nicht um sie. Sie waren bemüht, so schnell wie möglich fertig zu werden, um in die trockene Festung zurückzukommen.
Sie holte tief Luft. Noch konnte sie ihre Arbeit wieder aufnehmen. Zu Maksim zurückkehren. Nein, sie musste gehen, um das Leben ihres Kindes willen! Zögernd tat sie einen Schritt zum Wald, dann noch einen und noch einen, ein Schritt folgte dem nächsten, schneller und schneller, bis sie rannte. Der Spurt zu dem hohlen Baum schien ewig zu dauern. Dann hatte sie ihn erreicht, und zerrte hastig den Reisebeutel mit den Nahrungsmitteln und dem Lederschlauch heraus, stopfte das frische Brot hinein, das sie vor dem Verlassen der Festung aus der Küche geholt und in ihrer Kitteltasche versteckt hatte. Ein zögernder Blick zum Feld. Noch konnte sie zurückkehren, sagen, sie hätte sich im Wald nur erleichtert.
Nein! Weiter! Sie rannte los und brach plötzlich aus dem Wald, war am Seeufer angelangt, lief um die Landspitze. Dort, der Bach! Sie hielt keuchend inne und lauschte. Außer dem Rauschen des Regens war nichts zu hören.
Entschlossen sprang sie in den Bach, überrascht, wie tief er war. Das eisige Wasser schwappte in ihre Stiefel. Die Strömung, unerwartet stark, zog an den Beinen. Schwankend watete sie den Wasserlauf hinunter, rutschte auf den glatten Kieseln im Bachbett aus, hielt sich aber aufrecht. Ab und zu blieb sie stehen und lauschte, hörte aber nur den Regen und das Gurgeln des Baches. Ihr Herz raste und ihr Atem ging vor Aufregung und Anstrengung keuchend.
Nun gab es keine Ausrede mehr, falls man sie stellte. Sie war auf der Flucht.
Sie hatte aus gutem Grund bis zum frühen Morgen gewartet, konnten die Vampire sie doch bei Tageslicht nicht verfolgen. Falls sie ihre Flucht schon bemerkt hatten, mussten sie die Verfolgung bald abbrechen.
Hektisch stapfte sie voran. Ihre Füße waren im kalten Wasser taub geworden. Sie war durchnässt, denn ihr schwerer Umhang hatte den Regen nicht abgehalten. Aber sie beachtete diese Unannehmlichkeiten nicht, sie wollte nur weiter, wollte so viel Entfernung zwischen sich und die Festung bringen wie möglich.
Als der Regen endlich nachließ, hörte sie in der Ferne das befürchtete Gebell der Hunde und die Rufe der Jäger. Ihre Flucht war entdeckt! Panisch sah sie sich um. Sie musste sich verstecken!
Die alte Eiche kam wie gerufen. Hastig ergriff sie einen der dicken Äste, die über dem Bach hingen, und kletterte über ihn nach oben in die Krone des Baumes, wo sie sich an den nassen Stamm klammerte. Über den Berggipfeln sah sie zu ihrer großen Erleichterung die erste Morgenröte, ein intensives gelbes Licht, das durch die Regenwolken brach und sie rot färbte. Sie flehte die Götter an, den Sonnenaufgang zu beschleunigen.
Wieder hörte sie Gebell, aber es erschien ihr leiser als vorher. Jemand rief und pfiff. Auch das klang gedämpfter. Sie stieß erleichtert die Luft aus, die sie angehalten hatte. Die Jäger kehrten zur Festung zurück.
Erst als die Sonne hoch am Himmel stand, wagte sie sich vom Baum hinunter in den Bach und öffnete den Umhang, damit die warmen Strahlen ihre Kleidung trockneten. Sie hielt jedoch nicht inne, watete eilig im Bachbett entlang. Bis zur Nacht musste sie weit weg sein!
Um die Mittagszeit setzte sie sich auf einen Felsen in der Bachmitte, trank etwas Wasser und aß einige Nüsse. Sie legte eine Hand auf den Bauch. »Wir schaffen das, wir zwei«, flüsterte sie. »Wir gehen zum Haus des Bundes der Ewigen, du und ich.«
Sie rastete noch ein wenig, dann stapfte sie weiter. Die Sonne wanderte über den Himmel und senkte sich schließlich über den Gipfeln zur Erde.
Sie musste ein Versteck für die Nacht finden. Am Ufer sah sie eine Buche, deren Äste tief hingen. Sie stapfte hin, ergriff einen Ast und zog sich auf ihn. Der Ast knackte, aber er hielt. Sie balancierte zum Stamm und kletterte nach oben, wo sie einen breiten Ast fand, auf dem man sie vom Boden aus nicht sehen konnte. Aufatmend lehnte sie den Rücken an den Stamm, trank aus dem Lederschlauch und aß ein wenig Trockenfleisch und Käse. Ihr war übel und so zwang sie nur das Notwendigste an Nahrung in sich hinein.
Nach dem Essen schloss sie die Augen und versuchte, sich etwas auszuruhen. Das schlug gründlich fehl. Sie war angespannt, dachte an die Hunde und die Jäger, zuckte bei jedem Geräusch, das aus dem Wald kam, zusammen. Der Schrei eines Uhus. Ein Tier, das durch Gebüsch brach. Aber keine Rufe, kein Gebell und kein Hufschlag.
Am nächsten Morgen weckten sie die warmen Strahlen der Sonne. Sie lauschte nach Verfolgern, hörte aber außer dem Gesang der Vögel nichts. Nach einem Mahl aus Nüssen, Wasser und Brot watete sie weiter.
Jetzt, wo die Angst vor ihrer Gefangennahme nachließ, wanderten ihre Gedanken zu Maksim. Ihre Hand berührte die silberne Kette. Wie es ihm wohl erging? Was hatte er gedacht, als er von ihrer Flucht erfuhr? Ihr Herz verkrampfte sich. Er würde es nicht verstehen, wusste er doch nicht, dass sie guter Hoffnung war. Er würde vielleicht sogar denken, dass sie ihn ausgenutzt hatte, dass ihre Liebe nur vorgespielt gewesen war!
Jetzt konnte sie ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. »Oh, Maksim!«, schluchzte sie. »Ich liebe dich doch!« Wieso hatte sie ihm keine Erklärung auf einem Stück Pergament hinterlassen? Würde sie ihn jemals wiedersehen? Falls ja, würde er ihr verzeihen? Sollte sie nicht doch zurückgehen? Die Strafe für die Flucht auf sich nehmen, damit sie bei ihm sein konnte? Sollte sie wirklich weitermachen? Es war der Gedanke an ihr Kind, der die Tränen versiegen ließ. Ja, wäre sie nicht guter Hoffnung gewesen, hätte sie kehrtgemacht. Aber das konnte sie nicht, nicht, wenn man Maksims Kind töten würde! Schließlich spritzte sie sich ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht und konzentrierte sich auf ihre lange Reise durch die Berge, die gerade erst begonnen hatte.
In der nächsten Nacht hörte sie in weiter Ferne Gebell und Rufe. Sie betete zu den Göttern, dass ihre Verfolger nicht näherkamen. Die Geräusche vergingen. Es