Gebrüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen – Band 183e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski. Jacob Grimnm

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Gebrüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen – Band 183e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski - Jacob Grimnm gelbe Buchreihe

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hält. Die Alte aber sagte: „Jetzt geht und sucht Wackersteine, damit wollen wir dem gottlosen Tier den Bauch füllen, solange es noch im Schlaf liegt.“ Da schleppten die sieben Geißerchen in aller Eile die Steine herbei und steckten sie ihm in den Bauch, soviel sie hineinbringen konnten. Dann nähte ihn die Alte in aller Geschwindigkeit wieder zu, dass er nichts merkte und sich nicht einmal regte.

      Als der Wolf endlich ausgeschlafen hatte, machte er sich auf die Beine, und weil ihm die Steine im Magen so großen Durst erregten, so wollte er zu einem Brunnen gehen und trinken. Als er aber anfing zu gehen und sich hin und her zu bewegen, so stießen die Steine in seinem Bauch aneinander und rappelten. Da rief er:

      „Was rumpelt und pumpelt

       in meinem Bauch herum?

       Ich meinte es wären sechs Geißlein

       so sind's lauter Wackerstein‘.“

      Und als er an den Brunnen kam und sich über das Wasser bückte und trinken wollte, da zogen ihn die schweren Steine hinein und er musste jämmerlich ersaufen. Als die sieben Geißlein das sahen, da kamen sie herbeigelaufen, riefen laut: „Der Wolf ist tot! der Wolf ist tot!“ und tanzten mit ihrer Mutter vor Freude um den Brunnen herum.

      * * *

      Der treue Johannes

       Der treue Johannes

       Es war einmal ein alter König, der war krank und dachte: „Es wird wohl das Totenbett sein, auf dem ich liege.“ Da sprach er: „Lasst mir den getreuen Johannes kommen.“ Der getreue Johannes war sein liebster Diener und hieß so, weil er ihm sein lebelang so getreu gewesen war. Als er nun vor das Bett kam, sprach der König zu ihm: „Getreuester Johannes, ich fühle, dass mein Ende herannaht, und da habe ich keine andere Sorge als um meinen Sohn: er ist noch in jungen Jahren, wo er sich nicht immer zu raten weiß, und wenn du mir nicht versprichst, ihn zu unterrichten in allem, was er wissen muss und sein Pflegevater zu sein, so kann ich meine Augen nicht in Ruhe schließen.“ Da antwortete der getreue Johannes: „Ich will ihn nicht verlassen und will ihm mit Treue dienen, wenn's auch mein Leben kostet.“ Da sagte der alte König: „So sterb' ich getrost und in Frieden.“ Und sprach dann weiter: „Nach meinem Tod sollst du ihm das ganze Schloss zeigen, alle Kammern, Säle und Gewölbe und alle Schätze, die darin liegen; aber die letzte Kammer in dem langen Gang sollst du ihm nicht zeigen, worin das Bild der Königstochter vom goldenen Dach verborgen steht. Wenn er das Bild erblickt, wird er eine heftige Liebe zu ihr empfinden, und wird in Ohnmacht niederfallen und wird ihretwegen in große Gefahren geraten; davor sollst du ihn hüten.“ Und als der treue Johannes nochmals dem alten König die Hand darauf gegeben hatte, ward dieser still, legte sein Haupt auf das Kissen und starb.

      Als der alte König zu Grabe getragen war, da erzählte der treue Johannes dem jungen König, was er seinem Vater auf dem Sterbelager versprochen hatte und sagte: „Das will ich gewisslich halten, und will dir treu sein, wie ich ihm gewesen bin, und sollte es mein Leben kosten.“ Die Trauer ging vorüber: da sprach der treue Johannes zu ihm: „Es ist nun Zeit, dass du dein Erbe siehst; ich will dir dein väterliches Schloss zeigen.“ Da führte er ihn überall herum, auf und ab und ließ ihn alle die Reichtümer und prächtigen Kammern sehen; nur die eine Kammer öffnete er nicht, worin das gefährliche Bild stand. Das Bild war aber so gestellt, dass, wenn die Tür aufging, man gerade darauf sah, und war so herrlich gemacht, dass man meinte, es leibte und lebte, und es gäbe nichts Lieblicheres und Schöneres auf der ganzen Welt. Der junge König aber merkte wohl, dass der getreue Johannes immer an einer Tür vorüberging und sprach: „Warum schließest du mir diese niemals auf?“ „Es ist etwas darin“, antwortete er, „vor dem du erschrickst.“ Aber der König antwortete: „Ich habe das ganze Schloss gesehen, so will ich auch wissen, was darin ist“, ging und wollte die Tür mit Gewalt öffnen. Da hielt ihn der getreue Johannes zurück und sagte: „Ich habe es deinem Vater vor seinem Tod versprochen, dass du nicht sehen sollst, was in der Kammer steht; es könnte dir und mir zu großem Unglück ausschlagen.“ „Ach nein“, antwortete der junge König, „wenn ich nicht hineinkomme, so ist's mein sicheres Verderben; ich würde Tag und Nacht keine Ruhe haben, bis ich's mit meinen Augen gesehen hätte. Nun gehe ich nicht von der Stelle, bis du aufgeschlossen hast.“

       Da sah der getreue Johannes, dass es nicht mehr zu ändern war und suchte mit schwerem Herzen und vielem Seufzen aus dem großen Bund den Schlüssel heraus. Als er die Tür geöffnet hatte, trat er zuerst hinein und dachte, er wolle das Bildnis bedecken, dass es der König vor ihm nicht sähe; aber was half das? der König stellte sich auf die Fußspitzen und sah ihm über die Schulter. Und als er das Bildnis der Jungfrau erblickte, das so herrlich war und von Gold und Edelsteinen glänzte, da fiel er ohnmächtig zur Erde nieder. Der getreue Johannes hob ihn auf, trug ihn in sein Bett und dachte voll Sorgen: „Das Unglück ist geschehen, Herr Gott, was will daraus werden!“ Dann stärkte er ihn mit Wein, bis er wieder zu sich selbst kam. Das erste Wort, das er sprach, war: „Ach! wer ist das schöne Bild?“ „Das ist die Königstochter vom goldenen Dach“, antwortete der treue Johannes. Da sprach der König weiter: „Meine Liebe zu ihr ist so groß, wenn alle Blätter an den Bäumen Zungen wären, sie könnten's nicht aussagen; mein Leben setze ich daran, dass ich sie erlange. Du bist mein getreuester Johannes, du musst mir beistehen.“

      Der treue Diener besann sich lange wie die Sache anzufangen wäre, denn es hielt schwer, nur vor das Angesicht der Königstochter zu kommen. Endlich hatte er ein Mittel ausgedacht und sprach zu dem König: „Alles, was sie um sich hat, ist von Gold, Tische, Stühle, Schüsseln, Becher, Näpfe und alles Hausgerät; in deinem Schatz liegen fünf Tonnen Goldes, lass eine von den Goldschmieden des Reiches verarbeiten zu allerhand Gefäßen und Gerätschaften, zu allerhand Vögeln. Gewild und wunderbaren Tieren, das wird ihr gefallen, wir wollen damit hinfahren und unser Glück versuchen.“ Der König hieß alle Goldschmiede herbeiholen, die mussten Tag und Nacht arbeiten, bis endlich die herrlichsten Dinge fertig waren.

Grafik 68

      Als alles auf ein Schiff geladen war, zog der getreue Johannes Kaufmannskleider an und der König musste ein gleiches tun, um sich ganz unkenntlich zu machen. Dann fuhren sie über das Meer und fuhren so lange, bis sie zu der Stadt kamen, worin die Königstochter vom goldenen Dach wohnte.

       Der treue Johannes hieß den König auf dem Schiff zurückbleiben und auf ihn warten. „Vielleicht“, sprach er, „bring ich die Königstochter mit, darum sorgt, dass alles in Ordnung ist, lasst die Goldgefäße aufstellen und das ganze Schiff ausschmücken.“ Darauf suchte er sich in sein Schürzchen allerlei von den Goldsachen zusammen, stieg ans Land und ging gerade nach dem königlichen Schloss. Als er in den Schlosshof kam, stand da beim Brunnen ein schönes Mädchen, das hatte zwei goldene Eimer in der Hand und schöpfte damit. Und als es das blinkende Wasser forttragen wollte und sich umdrehte, sah es den fremden Mann und fragte, wer er wäre? Da antwortete er: „Ich bin ein Kaufmann“, und öffnete sein Schürzchen und ließ sie hineinschauen. Da rief sie: „Ei, was für schönes Goldzeug!“ setzte die Eimer nieder und betrachtete eins nach dem anderen. Da sprach das Mädchen: „Das muss die Königstochter sehen, die hat so große Freude an den Goldsachen, dass sie Euch alles abkauft.“ Es nahm ihn bei der Hand und führte ihn hinauf, denn es war die Kammerjungfer. Als die Königstochter die Ware sah, war sie ganz vergnügt und sprach: „Es ist so schön gearbeitet, dass ich dir alles abkaufen will.“ Aber der getreue Johannes sprach: „Ich bin nur der Diener von einem reichen Kaufmann: was ich hier habe, ist nichts gegen das, was mein Herr auf seinem Schiff stehen hat, und das ist das künstlichste und köstlichste, was je in Gold ist gearbeitet worden.“ Sie wollte alles herausgebracht haben, aber er sprach: „Dazu gehören viele Tage, so groß ist die Menge und soviel Säle, um es aufzustellen, dass euer Haus nicht Raum dafür hat.“ Da ward ihre Neugierde und Lust immer mehr angeregt, sodass sie endlich sagte:

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