Die Brüder Karamasow. Fjodor Dostojewski

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Brüder Karamasow - Fjodor Dostojewski страница 36

Автор:
Серия:
Издательство:
Die Brüder Karamasow - Fjodor Dostojewski

Скачать книгу

Teufel folgen, so bin ich doch auch dein Sohn, Herr, und liebe dich und fühle die Freude, ohne die die Welt nicht stehen und existieren kann.

      Freude heißt die starke Feder

       in der ewigen Natur.

       Freude, Freude, treibt die Räder

       in der großen Weltenuhr.

      Blumen lockt sie aus den Keimen,

       Sonnen aus dem Firmament,

       Sphären rollt sie aus den Räumen,

       die des Sehers Rohr nicht kennt.

      Freude trinken alle Wesen

       an den Brüsten der Natur;

       alle Guten, alle Bösen

       folgen ihrer Rosenspur.

      Küsse gab sie uns und Reben,

       einen Freund, geprüft im Tod;

       Wollust ward dem Wurm gegeben,

       und der Cherub steht vor Gott.

      Freude heißt die starke Feder

       in der ewigen Natur.

       Freude, Freude, treibt die Räder

       in der großen Weltenuhr.

      Blumen lockt sie aus den Keimen,

       Sonnen aus dem Firmament,

       Sphären rollt sie aus den Räumen,

       die des Sehers Rohr nicht kennt.

      Freude trinken alle Wesen

       an den Brüsten der Natur;

       alle Guten, alle Bösen

       folgen ihrer Rosenspur.

      Küsse gab sie uns und Reben,

       einen Freund, geprüft im Tod;

       Wollust ward dem Wurm gegeben,

       und der Cherub steht vor Gott.

      Aber genug der Verse Mir sind die Tränen gekommen, aber laß mich weinen! Mag das eine Dummheit sein, über die alle lachen – du wirst nicht lachen. Dir brennen ja auch die Augen. Genug der Verse! Ich will dir jetzt von den ›Würmern‹ erzählen, von denen, die Gott mit Wollust begabt hat.

      Wollust ward dem Wurm gegeben!

      Ich, Bruder, bin eben dieser Wurm! Das ist speziell auf mich gemünzt! Und wir Karamasows sind allesamt solche Würmer! Und auch in dir Engel lebt dieser Wurm und ruft Stürme in deinem Blut hervor. Ja, Stürme, denn die Wollust ist ein Sturm, schlimmer als ein Sturm! Die Schönheit, das ist ein furchtbares, schreckliches Ding! Furchtbar, weil sie undefinierbar ist, und definieren kann man sie nicht, weil Gott uns nur Rätsel aufgegeben hat. Da kommen die Ufer zusammen, da leben alle Widersprüche beieinander. Ich bin ein sehr ungebildeter Mensch, Bruder, aber ich habe viel darüber nachgedacht. Furchtbar viele Geheimnisse gibt es! Zu viele Rätsel bedrücken den Menschen auf Erden. Sie zu erraten ist ebenso leicht, wie trocken aus dem Wasser zu steigen. Die Schönheit! Ich kann es nicht ertragen, daß mancher Mensch, sogar mancher, der viel Herz und viel Verstand besitzt, zuerst in der Madonna und zuletzt in Sodom sein Ideal sieht. Noch furchtbarer ist es, wenn jemand schon Sodom als Ideal im Herzen trägt und doch die Madonna als Ideal nicht aufgibt, wenn sein Herz für dieses Ideal lodert, wirklich und wahrhaftig lodert wie in jungen, lasterlosen Jahren. Nein, der Mensch ist ein gar zu weites Feld – ich hätte ihn etwas verengt! Und nun noch etwas. Weiß der Teufel, wie das zugeht: was der Verstand als Schmach ansieht, erscheint dem Herzen oft als Schönheit. Steckt in Sodom etwa irgendwelche Schönheit? Glaub mir, die überwiegende Mehrzahl der Menschen sieht in Sodom das Schöne – hast du dieses Geheimnis gekannt oder nicht? Schrecklich, daß die Schönheit nicht nur furchtbar, sondern auch geheimnisvoll ist. Da kämpft der Teufel mit Gott, und das Schlachtfeld ist das Herz der Menschen. Übrigens, was einem weh tut, davon redet man. Hör zu, ich komme jetzt zur Sache.«

      4. Beichte eines heißen Herzens (in Prosa)

      »Ich habe ein ausschweifendes Leben geführt. Vorhin hat der Vater gesagt, ich hätte mehrere tausend Rubel, für die Verführung von Mädchen ausgegeben. Das ist eine gemeine Lüge, das ist nie geschehen. Doch was geschehen ist, dafür war eigentlich kein Geld erforderlich. Bei mir ist das Geld nur etwas Nebensächliches, etwas Dekoratives. Heute ist eine vornehme Dame mein Liebchen, morgen an ihrer Stelle eine Straßendirne. Ich amüsiere die eine wie die andere, werfe das Geld mit vollen Händen weg, da muß Musik her, Lärm, Zigeunerinnen. Notfalls gebe ich auch meinen Liebsten etwas, denn sie nehmen es, nehmen es begierig, das muß man zugeben, dann sind sie zufrieden und dankbar. Vornehme Damen haben mich geliebt, nicht alle, aber vorgekommen ist es, vorgekommen ist es. Doch besonders habe ich immer die Gäßchen gemocht, die stillen, dunklen Sackgäßchen, abseits von den großen Plätzen. Da gibt es Abenteuer, da gibt es unerwartete Erlebnisse, da liegt Gold im Schmutz. Ich rede nur bildlich, Bruder. In unserem Städtchen gab es solche Gassen eigentlich nicht, nur im übertragenen Sinn gab es welche. Wenn du so ein Mensch wärst wie ich, würdest du verstehen, was ich damit meine. Ich liebte die Ausschweifungen, ich liebte auch den Skandal der Ausschweifungen. Ich liebte die Grausamkeit, ich bin ja eine Wanze, ein boshaftes Insekt, eben ein Karamasow! Einmal wurde von der ganzen Stadt ein Picknick veranstaltet, wir fuhren in sieben Troikas. Es war Winter und dunkel, und ich begann im Schlitten eine nahe Mädchenhand zu drücken. Dann nötigte ich dieses Mädchen, die Tochter eines Beamten, ein armes, liebes, sanftes stilles Geschöpf, sich küssen zu lassen. Sie gestattete es; sie gestattete mir viel in der Dunkelheit. Das arme Kind dachte, ich würde am nächsten Tag kommen und ihr einen Antrag machen, man betrachtete mich nämlich als schätzbaren Heiratskandidaten. Ich aber sprach danach kein Wort mit ihr, fünf Monate lang keine Silbe. Wenn getanzt wurde, und bei uns wurde fortwährend getanzt, sah ich, wie mir aus einer Ecke des Saales ihre Augen folgten. Ich sah, wie in ihnen ein Fünkchen glühte, ein Fünkchen sanften Unwillens. Dieses Spiel amüsierte die Wollust des Wurmes in mir. Fünf Monate darauf heiratete sie einen Beamten und zog fort – zürnend und vielleicht immer noch liebend. Jetzt leben sie glücklich. Beachte, daß ich niemand etwas davon gesagt, es nicht ausposaunt habe! Also – wenn ich auch gemeine Gelüste habe und die Gemeinheit liebe, bin ich doch kein ehrloser Mensch. Du errötest, und deine Augen glänzen. Ich will dich nicht weiter mit diesem Schmutz behelligen. Und doch sind das alles nur so kleine Blüten im Stil von Paul de Kock, während der grau arme Wurm in meiner Seele wuchs und immer größer wurde. Ich habe da ein ganzes Album voll solcher Erinnerungen. Möge Gott diesen lieben weiblichen Wesen Gesundheit schenken! Wenn ich mit einer Schluß machte, dann am liebsten ohne Streit und Zank. Und nie habe ich eine verraten, nie eine in üblen Ruf gebracht. Aber genug davon! Hast du wirklich geglaubt, daß ich dich wegen solcher Lappalien gerufen habe? Nein, ich werde dir eine interessantere Geschichte erzählen! Wundere dich aber nicht, daß ich mich nicht vor dir schäme, sondern darüber sogar froh erscheine.«

      Paul de Kock

      »Das sagst du, weil ich rot geworden bin«, bemerkte Aljoscha plötzlich. »Aber ich bin nicht wegen deiner Reden und deiner Taten rot geworden, sondern weil ich genau so ein Mensch bin wie du.«

      »Du? Na, das dürfte übertrieben sein.«

      »Nein, durchaus nicht«, erwiderte Aljoscha eifrig; offenbar hatte er diesen Gedanken schon lange mit sich

Скачать книгу