Die Brüder Karamasow. Fjodor Dostojewski

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Die Brüder Karamasow - Fjodor Dostojewski

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mal das Spiegelchen her; da steht es!«

      Aljoscha reichte ihm den kleinen runden Klappspiegel, der auf der Kommode stand. Der Alte sah hinein. Die Nase war stark geschwollen, und auf der Stirn, über der linken Braue, befand, sich eine auffällige, blutunterlaufene Stelle.

      »Was sagt Iwan? Aljoscha, mein lieber, einziger Sohn, ich fürchte mich vor Iwan, mehr als vor dem anderen. Du bist der einzige, vor dem ich keine Furcht habe ...«

      »Fürchten Sie sich auch vor Iwan nicht. Er ist zwar reizbar, doch er beschützt Sie.«

      »Aber der andere? Er ist Gruschenka nachgelaufen! Sag mir die Wahrheit, du mein lieber Engel – war Gruschenka vorhin hier oder nicht?«

      »Kein Mensch hat sie gesehen. Es ist ein Irrtum, sie war nicht hier.«

      »Mitka will sie heiraten. Jawohl, er will sie heiraten!«

      »Sie wird ihn gar nicht nehmen.«

      »Sie wird ihn gar nicht nehmen ... Sie wird ihn gar nicht nehmen. Um keinen Preis wird sie ihn nehmen!« platzte der Alte erfreut heraus, als hätte man ihm in diesem Augenblick nichts Angenehmeres sagen können. In seinem Entzücken erfaßte er Aljoschas Hand und drückte sie fest an sein Herz. Ihm schimmerten sogar Tränen im Auge. »Das kleine Bild der Muttergottes, von dem ich vorhin erzählt habe, soll dir gehören, nimm es an dich. Auch in das Kloster darfst du zurückkehren. Ich habe vorhin nur gescherzt, sei mir nicht böse deswegen! Der Kopf tut mir weh, Aljoscha. Ljoscha, tröste mein Herz, sei mein Schutzengel, sag die Wahrheit!«

      »Sie reden immer noch davon, ob sie hier war oder nicht?« fragte Aljoscha betrübt.

      »Nein, nein, ich glaube dir. Aber ich will dir etwas sagen! Geh selbst zu Gruschenka, oder sieh zu, daß du sie irgendwie triffst. Frag sie recht bald, sobald wie möglich, oder errate mit eigenen Augen, zu wem sie will – zu mir oder zu ihm. Wie ist es? Was magst du? Kannst du es, oder kannst du es nicht?«

      »Wenn ich sie sehe, werde ich sie fragen«, murmelte Aljoscha verlegen.

      »Nein, sie wird es dir nicht sagen«, unterbrach ihn der Alte. »Sie ist ein mutwilliges Geschöpf. Sie wird dich küssen und dir sagen, dich wolle sie heiraten. Sie ist eine Betrügerin, schamlos. Nein, du darfst nicht zu ihr gehen, du darfst nicht!«

      »Es wäre auch unschicklich, Vater, höchst unschicklich.«

      »Wohin schickte er dich, als er hinauslief? Zu wem solltest du gehen?«

      »Zu Katerina Iwanowna.«

      »Um Geld zu holen? Solltest du sie um Geld bitten?«

      »Nein, nicht um Geld.«

      »Er hat kein Geld, keine Kopeke. Hör mal, Aljoscha, ich werde die Nacht hier liegenbleiben und mir etwas überlegen. Du geh einstweilen. Vielleicht triffst du sie ... Komm aber morgen vormittag bestimmt wieder her, komm bestimmt! Ich werde dir morgen etwas sagen. Kommst du, Aljoscha?«

      »Ja, ich komme.«

      »Wenn du kommst, tu so, als kämest du von selbst. Um mich zu besuchen. Sag niemand, daß ich dich gebeten habe, zu kommen! Kein Wort zu Iwan!«

      »Gut.«

      »Leb wohl, mein Engel! Du hast mich vorhin beschützt, das werde ich dir mein Lebtag nicht vergessen. Ich werde dir morgen etwas sagen, muß es mir aber noch überlegen.«

      »Wie fühlen Sie sich jetzt?«

      »Schon morgen stehe ich wieder auf und bin ganz gesund, ganz gesund!«

      Als Aljoscha über den Hof ging, traf er seinen Bruder Iwan auf der Bank am Tor; er saß da und schrieb mit Bleistift etwas

      in sein Notizbuch. Aljoscha teilte ihm mit, der Alte sei aufgewacht und bei Bewußtsein, habe ihn aber weggeschickt, damit er die Nacht im Kloster verbringe.

      »Es wäre mir sehr lieb, wenn ich dich morgen vormittag sehen könnte«, sagte Iwan freundlich und erhob sich – eine Freundlichkeit, die seinem Bruder überraschend kam.

      »Ich gehe morgen zu Chochlakows«, antwortete Aljoscha. »Vielleicht auch zu Katerina Iwanowna, falls ich sie heute nicht treffe ...«

      »Jetzt gehst du jedenfalls zu Katerina Iwanowna? Um zu bestellen, daß er sie grüßen und ihr Lebewohl sagen läßt?« fragte Iwan und lächelte.

      Aljoscha wurde verlegen.

      »Ich habe, glaube ich, nach seinen Äußerungen alles durchschaut. Dmitri hat dich sicher gebeten, zu ihr zu gehen und ihr mitzuteilen, daß er ... Kurz, daß er sich von ihr lossagt?«

      »Bruder, wie soll diese furchtbare Spannung zwischen dem Vater und Dmitri enden?« rief Aljoscha aus.

      »Das läßt sich nicht mit Sicherheit sagen. Vielleicht verklingt nie allmählich. Diese Frau ist eine Bestie. Wir müssen den Alten im Haus festhalten und dürfen Dmitri nicht hereinlassen.«

      »Bruder, erlaube mir noch eine Frage. Hat wirklich jeder Mensch das Recht zu entscheiden, wer würdig ist zu leben und wer nicht mehr?«

      »Wozu solche Urteile abgeben? Die Frage, ob man jemand ein längeres Leben wünschen soll, wird in den Herzen der Menschen meist unter dem Einfluß anderer, weit natürlicherer Urnachen entschieden. Was nun das Recht anlangt – wer hätte nicht das Recht, etwas zu wünschen?«

      »Aber doch nicht den Tod eines anderen?«

      »Meinetwegen auch den Tod. Wozu sich selbst belügen, wo doch alle Menschen so leben und wahrscheinlich gar nicht anders leben können? Sagst du das mit Bezug auf meine Äußerung, daß zwei Reptile einander auffressen? Erlaube, daß ich in diesem Falle frage: Hältst du mich wie unseren Bruder Dmitri für fähig, das Blut des Alten zu vergießen, das heißt, Ihn zu töten?«

      »Was redest du da, Iwan! So ein Gedanke ist mir nie gekommenen! Und wohl auch Dmitri nicht, glaube ich ...«

      »Ich danke dir für die gute Meinung«, erwiderte Iwan lächelnd. Du sollst wissen, daß ich ihn immer verteidigen werde. Was nun meine Wünsche angeht, so behalte ich mir die Entscheidung vor. Auf Wiedersehen morgen! Verdamme mich nicht! Und betrachte mich nicht als Übeltäter« fügte er lächelnd hinzu. Sie drückten einander so kräftig die Hand, wie sie es nie vorher getan hatten. Aljoscha fühlte, der Bruder war ihm als erster einen Schritt entgegengekommen. Das mußte er zu irgendeinem Zweck, mit irgendeiner Absicht getan haben.

      10. Beide Frauen zusammen

      Aljoschas Gemütsstimmung war beim Verlassen des väterlichen Hauses noch trüber und gedrückter als bei seiner Ankunft. Auch sein Denken war sozusagen zerstückelt und zersplittert, während er doch gleichzeitig Furcht davor verspürte, das Zerstückelte zu vereinigen, aus den qualvollen Widersprüchen, die er an diesem Tag durchlebt hatte, die einheitliche Idee herauszufinden. Sein Zustand grenzte beinahe an Verzweiflung, was Aljoscha bisher nie vorgekommen war. Alle anderen Fragen überragte wie ein Berg die verhängnisvolle, unlösbare Hauptfrage: Wie wird die Spannung zwischen dem Vater und dem Bruder Dmitri wegen dieser schrecklichen Frau enden? Jetzt war er schon selbst Zeuge der Spannung geworden. Er hatte gesehen, wie sie zueinander standen. Für

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