Lieber Liebe. Beate Morgenstern

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Lieber Liebe - Beate Morgenstern

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heimzahlen würde. Dorau, sagte sie. Und? - Nichts. Er ruft wieder an. Wasser schoss ihr in die Augen, dass sie sich schleunigst abwandte vom Mitbewohner und in ihre Kammern abtauchte.

      Tage vergingen. Er macht sich keine große Mühe mit mir, dachte sie. Er hat sich gemeldet. Das genügt ihm. Wagte nicht, bei Harald anzurufen, obwohl die Frau tagsüber in der Redaktion arbeitete. Doch mal war sie krank oder nahm den monatlichen Hausarbeitstag, der berufstätiger Frau ab bestimmtem Alter zustand. Wählte endlich doch seine Nummer, zagend zunächst. Da nichts Schlimmes davon kam, in nächsten Stunden mutiger. Ja bitte? Mit einem Mal nüchterne Harald-Stimme. Jaja, entschuldige, brachte sie stotternd heraus. Hier bin ich. Lena. - Ich hätte dich auch angerufen, sagte er ruhig, gerade noch freundlich. Ich war unterwegs. Einmal habe ich dich übrigens angerufen. - Aber das ist schon Tage her! Hielt ein in ihrer Rede. Wollte ihm keinen Termin aufzwingen. Donnerstagabend, sagte er. Voraussichtlich. - Gut. - Wenn nichts dazwischen kommt. Aber dann melde ich mich. - Sag es auch Jo, wenn ich grad nicht da bin, bat sie. (Das musste Jo aushalten.)

      Fuhr ihr eine Angst in Herz und Glieder auf den Metern von Straßenbahn in Haralds Haus, dass die Beine sie kaum trugen. Wurde ihr zur Gewissheit, dass Harald heute sagte: Es ist aus. Was hast du gedacht? Hatte sich in erwachsenem Alter kaum je so minder, so klein gefühlt. Niemals eines Mannes wegen. Erinnerte sich nur an ein Gefühl aus Kindheitszeiten. Da hatte sie vor der Mutter - wie oft - dagestanden mit blutrotem Gesicht, angeschuldigt wegen nichts. Hievte sich mit fast lahmen Beinen, schlappen Armen am Treppengeländer hinauf. Starrte auf das Türschild. Niemals würde sie sich an Thea-Thea gewöhnen. Und dann Haralds Duft um ihn und sie herum. Er hatte geduscht, sich grad mal den Bademantel übergezogen, Gürtel um Taille geschlungen. Da sah man, sie war schmal. Ich dachte, es lohnt sich nicht, mich anzuziehen!, sagte Harald, öffnete seinen Mund zu anzüglichem Grinsen. Als müsse sie trotz der ganzen Luft ertrinken, hielt sie sich an ihm fest. Bis die Angst großer Vorfreude wich. Sie fuhr den Spalt des Bademantels hinunter, der Gürtel leicht zu lösen. Der Kämpe stand gefechtsbereit. Ließ den also gar nicht mehr los, führte Mann und Maus und Katz in sein Zimmer, auf die Lagerstatt zu. Dachte sie, er hätte sich nun endlich verausgabt, würde über ihren streichelnden Händen einschlafen, wachte er wieder auf. Sie konnte beileibe nicht widerstehen, so todmüde sie eben noch gewesen war und lieber gern in seinem Arm ruhig gelegen hätte, als mit ihren Händen herum zu spazieren. Wie der kleine Häwelmann, sagte er nach soundsovielter Wiederholung freudvollen Ineinanderfahrens. Sie verstand nicht. Mehr, mehr, mehr. Kennst du nicht das Stormsche Märchen, wie der kleine Junge verlangt, in seinem Bett immer schneller die Wände entlangzurollen. - Kenne ich, ja, sagte sie, wunderte sich, dass ein Mann über Märchen redete, sagte sich aber, das sei sehr gut, da sie davon lebte, Kinderbücher, Märchen zu illustrieren. Es ist ein sexuelles Märchen, behauptete er. Mehr, mehr, mehr. So bist du. - Aber wenn du nicht mehr willst, will ich auch nicht mehr!, setzte sie entgegen. Je länger das uralte Rein-und-raus-Spiel dauerte, umso verrückter wurde es. Er benutzte derbe, aber gute Ausdrücke. Du fickst mich tot, sagte er. - Und du mich, sagte sie. Er fand wieder viele schöne Worte und Bilder, die sie leider im Hören schon vergaß. Mal setzten sie sich auf kleines Sofa, er brachte zu essen auf kleinen Tisch und ein Getränk, aus Wermut, Gin, weiterem, auf die Mixtur hielt er sich was zugute. Wie Mondlicht das von der Straßenlampe. Im blauen Oval der Stuckdecke Fensterkreuz-Schatten. Ihr schien, sie sei noch nie so glücklich gewesen. Er so voller Hingabe und männlich zugleich, unbesiegbar, ein Stier, ein Kentaur, ein Gott oder Halbgott ganz sicher. Du könntest über Nacht bleiben, sagte er, klärte über familiäre Abläufe auf: Der Sohn war vor einigen Jahren - der Schule wegen - ganz auf das Dorf gezogen, lebte die Woche über bei einer Nachbarin. Hatte Harald freitags einen Termin, fuhr seine Frau allein zum Sohn. Die Frau arbeitete nur vier Tage in der Woche. Geht nicht, sagte sie - blutenden Herzens - zu seinem Angebot, hatte noch eine Verantwortung gegenüber altem Freund. Warum nicht? - Ich habe es Jo nicht gesagt. - Ruf ihn an. - Ich muss es ihm einmal im Voraus sagen! - Weiß er nichts? - Vielleicht, vielleicht nicht. - Soll ich dir ein Taxi bestellen, ich bezahle es dir! - Die Straßenbahn fährt noch! Sie war sparsame Wirtschafterin, auch mit fremdem Geld. Während sie sich anzog, schlugen ihre Zähne aufeinander. Einen Höllenlärm machte das in ihrem Kopf. Hatte dabei nicht mal das Gefühl von Kälte. In ihrer Kindheit hatte sie Jungen, Mädchen gesehen, die aus dem Wasser kamen, bibbernd, bleich, die Lippen blau, ihre Zähne klapperten. Sie lachte. Hörst du es?, fragte sie. Ich klappere mit den Zähnen. - Ich höre es. Er lachte. Warum frierst du? - Weiß nicht. Auf einmal ist das gekommen. Sie lachte weiter. Ihr Unterkiefer gab keine Ruhe. Auch ihr Körper zitterte. Wenn ich müde bin, fange ich an zu frieren, sagte sie. Vielleicht bin ich müde. - Mein armer Schatz. Du hast dich erschöpft, sagte liebe- und mitleidvoller Liebhaber, brachte sie an die Wohnungstür, hielt ihr die Wange zum Abschied hin, wartete, bis sie unten an der Haustür war. Zu Hause Jo noch vor dem Fernseher, sah sich einen Film an, wahrscheinlich in ARD oder ZDF, selten die eigenen Sender eingeschaltet. (Brauchte man die anderen Kanäle wie Luft zum Atmen.) Du bist spät dran, sagte er. Wo warst du denn? Sie hatte nun gar keine Lust, sich was auszudenken, ging wortlos in ihre Schlafkammer.

      In dieser Nacht kam Jo, legte sich neben sie ins schmale Bett. Ein neues Parfüm?, fragte er. - Es hat doch keinen Sinn. Nüchtern ihre Worte. Er umarmte sie. So wird's sowieso nichts, sagte sie. Jo dreimal so stark wie sie und sie ja keine Jungfrau. Sie gab auf. Es wird nur noch dieses eine Mal passieren, dachte sie. Passierte denn doch nichts. Mit Willen war dem Unvermögen nicht beizukommen. Froh war sie, triumphierte aber nicht. Jo am Bettende mit Vorwürfen gegen sie. Du willst nicht mehr mit mir. Daran liegt es. Du bist schuld, weil du nicht mehr mit mir willst. - Ich hab schon noch mit dir gewollt, sagte sie sanft. Aber jetzt nicht mehr. - Nie mehr? - Nein. - Du hast einen anderen! - Und wenn ich keinen anderen hätte. Ich will nicht mehr. - Ist es dieser ... Herr Dorau? Der Geruch an dir, ich wusste es! Sie schwieg. - Liebst du ihn? - Wie kann man so was sagen? - Du liebst ihn. Ich bringe ihn um! Liebt er dich? - Sicher nicht, antwortete sie. Er hat Familie. Wenn seine Frau von mir erfährt, ist alles aus. - Da kannst du mir nur leidtun. Er hat recht, dachte sie. Es kann auch mal sein, dass ich über Nacht wegbleibe, sagte sie und brachte diese Nachricht nun auch hinter sich. Wie ich dich hasse! Sein Gesicht zum Fürchten. Alle Gefühle daraus entlassen. So eine hat man nun großgezogen, hat alle Kraft in sie investiert. Und dann das. Vielen Dank! Sie sagte nichts dazu, dass sie schon vor ihm etwas erwachsen gewesen war, sagte nur: Tut mir leid. - Mir tut es leid. Und wie. Der Mann, der ihr halbes Leben lang ihr Freund gewesen war, erhob sich von ihrem Bett, warf die Kammertür hinter sich zu.

      Immer später am Vormittag wurde es. Jo noch nicht aufgestanden, so dass sie endlich nach ihm sah. Lag er da mit offenen Augen. Im Raum ein saurer Geruch. Sie ging zu ihm, kniete sich vor die Liege, begann zu weinen. Seine Hand legte sich auf ihre Haare. Lena-Lenka, sagte er sein Kosewort. Weinte sie noch mehr. Ich wollte dir nie was Böses tun, Jo. Nie. - Aber du tust es. Du betrügst mich. Du weißt genau, wie's mir geht. Aber du lässt mich im Stich und betrügst mich. Du bist nur auf das eine aus. Ich hätte es wissen müssen. Mit dem Erstbesten fliegst du mir davon. Und er will dich nicht mal. Der Scheißkerl fickt dich bloß. Fickt er wenigstens gut? - Jo! Sie legte alles Flehen in seinen Namen, damit er aufhörte, gemeine Worte zu sagen. Duckte sich ganz in sich zusammen beim Danach-Fragen, ob sie ihm vielleicht einen Kaffee kochen dürfe und ein Ei. Nein! Jo tat die Verweigerung eines Dienstes an ihm gut. Einen Kaffee, Jo, bitte! Sagte sie so, als hinge wer weiß was von ab. Tränen liefen immer weiter ihre Wangen hinunter. (War lange keine Heulsuse mehr gewesen.) Na schön, einen Kaffee!, ließ sich Jo zu gnädiger Antwort herbei. Glücklich, etwas für ihn tun zu können, lief sie in die Küche, bereitete ein Frühstück wie sonntags, brachte es in sein Zimmer. Stand eine Weile, sah auf den vom Alkohol Betäubten, leise Schnarchenden. Hatte sie nun das Unglück angerichtet oder wer? Sie stellte das Tablett auf einen Hocker neben der Liege. Jo! Sie berührte seine Hand. Dein Kaffee, Jo! Er öffnete die Augen, orientierte sich. Sie schenkte ein, wartete, dass er sich aufrichtete. Wischte er plötzlich mit der Hand über die Tasse. Lief der heiß über ihre Haut ins Bett. Erst später, dafür nachhaltig spürte sie den Schmerz. Dann will er es eben so, dachte sie, schloss die Tür hinter sich. Wollte mit dem da drin vorläufig nichts mehr zu tun haben. Jede Arbeit war auch Handwerk, sie arbeitete weiter, wo sie aufgehört hatte, um nach Jo zu sehen. Sagte sich nach einer Stunde, ein unglücklicher Mann dürfe schon mal Kaffee ins Bett kippen.

      Wäre

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