Pussycat. Peter Splitt
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„Mein Gott, Juri, was für ein Wort. Ne, das wusste ich allerdings nicht. Wer ist denn dabei?“
„Zwei Typen namens Haag und Mayer sollen die Anführer sein.“
„Ist mit denen etwas anzufangen?“
„Keine Ahnung. Unsere Leute versuchen gerade, einen Kontakt herzustellen, was sich allerdings als sehr schwierig erweist. Die beiden sind äußerst misstrauisch.“
„Verstehe. Also was ist nun mit der Kleinen? Ist sie naiv oder nicht?“
„Ich denke schon. Immerhin hat sie einen unserer Wachsoldaten nach dem KGB gefragt.“
„Ich würde sie mir ja gern selbst ansehen, aber leider schaffe ich es nicht, von hier wegzukommen. Du weißt schon, das Z. K. bereitet gerade die große Militärparade vor. Da brauchen sie jeden Mann.“
„Kann ich mir vorstellen.“
„Also, du willst sie ausbilden und dann als Kundschafterin nach Westdeutschland schicken?“
„Als einfache Kundschafterin? Ich weiß nicht. Ich glaube nicht, dass sie davon sehr begeistert sein wird.“
„Nicht? An was hast du dann gedacht?“
„Daran, dass sie einmal einen prima Führungsoffizier abgeben würde.“
„Was, du willst sie Führungsaufgaben übernehmen lassen?“
„Später einmal wird sie bestimmt so weit sein.“
„Das verstehe ich nicht. Solch einen Posten muss man sich doch erst erarbeiten. Führungsoffiziere werden nur unsere besten Leute. Sie hat noch nichts für uns geleistet! Warum setzen wir sie nicht erst einmal als Lockvogel ein? Auf dem Foto, das du mir mitgebracht hast, sieht sie ja ganz passabel aus. Typ Unschuld vom Lande, na, du weißt schon, auf so etwas fliegen die Männer.“
„Du wohl auch, was?“
„Aber natürlich. Jedenfalls weiß ich, wovon ich spreche.“
„Alter Schlawiner … obwohl, darüber habe ich auch bereits nachgedacht, nur eigentlich bräuchten wir dringenden Ersatz für Werner Metzger. Du weißt schon, unser Agent, der bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Die Sache hat ziemlich viel Staub aufgewirbelt. Besonders, als die im Westen das mit der doppelten Identität geschnallt haben. Dabei war seine Identität hervorragend. Nun ja, sei’s drum. Wir müssen nach vorn blicken, müssen unsere alten Träume in den Köpfen junger Leute entfachen und uns am Feuer ihrer Jugend wärmen.“
„Das hast du aber schön gesagt, Juri. Bist du unter die Poeten gegangen?“
„Nein, ich bin mit Leib und Seele Geheimdienstler, das weißt du doch.“
„Na gut. Den Agentenjob können auch andere erledigen, denn wenn die Kleine ihre Sache gut macht, dann werden wir alle davon profitieren.“
„Du meinst also, Anika soll sie mal unter ihre Fittiche nehmen?“
„Kann jedenfalls nichts schaden. Die bringt ihr die richtigen Kniffe bei, und ich übernehme alles Weitere. So bekommen wir eine neue ‚Schwalbe‘, die bereit sein wird, ihren Körper als Waffe einzusetzen. Na, was meinst du?“
„Klingt gut. Wir schicken sie nach Westdeutschland. Dort kann sie sich erst einmal bewähren und sich die ersten Sporen verdienen. Ich möchte jedenfalls nicht, dass sie ein anderer Verein bekommt.“
„Denkst du dabei an das Ministerium für Staatssicherheit?“
„Unter anderem.“
„Ach was, das kommt überhaupt nicht in Frage. Nur was, wenn sie überläuft und auspackt?“
„Nie im Leben! Wenn ich mit ihr fertig bin, kenne ich sie besser als sie sich selbst. Glaub mir, sie ist die Beste, die ich jemals bekommen habe. Wir müssen ihr nur das Gefühl geben, dass wir sie anerkennen und dass sie eine von uns ist. Eine Soldatin, die sich für das Wohl ihres Vaterlandes einsetzt. Dann können wir alles von ihr haben.“
„Bist du sicher? Sollen wir sie nicht erst einmal tote Briefkästen leeren lassen?“
„Aber Boris!“
„Ist ja schon gut, Juri. Ich kann das sowieso nicht allein entscheiden. Die Entscheidung, ob jemand an der umfangreichen Ausbildung teilnehmen darf, trifft einzig und allein das Präsidium.“
„Von dem du ein wichtiger Teil bist. Du könntest zumindest ein gutes Wort für sie einlegen.
„Also gut, ich werde sehen, was ich tun kann. Das MFS bekommt sie jedenfalls nicht!“
„Do svidaniya.“
Kapitel 2
April 1977
Als im April 1977 in Karlsruhe der Generalbundesanwalt Siegfried Buback, sein Fahrer Wolfgang Göbel und der Leiter der Fahrbereitschaft der Bundesanwaltschaft Georg Wurster von einem Motorrad aus in ihrem Auto erschossen wurden, hatte ich es geschafft, eine waschechte Spionin zu werden. Wir waren die heimlichen Helden, hatten alles, was wir brauchten: einen bösen Feind, nachsichtige Verbündete, eine brodelnde Welt. Es ging darum, die Menschheit vor ihren eigenen Exzessen zu schützen. Wir hatten einen sehr gefährlichen Planeten geerbt.
Die Ausbildung dauerte sechs Monate. Gleich in der ersten Woche bekam ich einen Decknamen und einen Lehrplan. Alles war neu und verwirrend. Abends in einem Bistro probierte ich meine neue Identität aus, den neuen Namen, und verquatschte mich prompt nach ein paar Minuten. An den Namen ‚Larissa Orloff‘ musste ich mich erst noch gewöhnen, aber Fehler konnte man nicht verhindern. Die Frage war halt, wie man damit umging – indem man improvisierte. Wenn man darüber nachdachte, was man gelernt hatte, dann hatte man schon verloren. Und man durfte keine Angst haben. Ängstliche Menschen lernten nie etwas, hatte ich mal irgendwo gelesen. Die neue Identität musste so nah wie möglich an der Wirklichkeit sein. Ansonsten verstrickte man sich viel zu schnell in Widersprüche. Agenten waren eben keine Schauspieler!
Vier Wochen lang wurde ich alias Larissa Orloff in die Organisation und in die einzelnen Abteilungen des KGB eingewiesen. Fünf Monate lang brachte man mir bei, wie man konspirativ fotografierte, tote Briefkästen und Verstecke für geheime Nachrichten anlegte, wie man Kontaktberichte verfasste und bei den Chefs Geld für verdeckte Operationen beantragte. Außerdem bekam ich Unterricht in Staatsrecht, internationaler Politik und Psychologie.
Wie erkannte man, wenn jemand lügt? Das war eine der Fragen, um die es ging. Und eine, auf die es offenbar trotz aller Forschung keine eindeutige Antwort gab. Nebenbei lernte ich Sprachen. Russisch war Pflicht, Englisch fand ich spannend. Die Schule, auf die man mich zeitweise schickte, hatte etwas von einem alten Schullandheim der Sechzigerjahre. Es gab eine Kegelbahn, einen Aufenthaltsraum, Schlafräume und einen Hörsaal. Alles lag dicht beieinander. Morgens, wenn ich ins Bad ging, schlurfte mein Professor oder einer der Dozenten im Bademantel über den Gang. Man musste sich mit den anderen unterhalten, ob man wollte oder nicht. Ich war von Menschen umgeben, die sehr akribisch waren, und das entsprach genau dem, was mir gefiel und was ich mir aneignete.
„Larissas