Liebe auf Französisch - Küsse niemals einen Anwalt. Mira Schwarz

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Liebe auf Französisch - Küsse niemals einen Anwalt - Mira Schwarz

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weil er andere Verpflichtungen hatte, dann stand Marlene ein paar Tage später in seinem Büro und sah ihn an, als wenn er ihr gesagt hätte, der Coq au Vin wäre ihr nicht gelungen. So war aus der geschäftlichen Beziehung eine Freundschaft und Henry war für Paul eine Art Ersatz für den Vater geworden, den er nur noch selten traf.

      »Na, mal sehen, was jetzt wieder anliegt«, dachte Paul und beschleunigte seinen Schritt. Er passierte die Metroschranke und erwischte gerade noch eine Bahn in Richtung La Defense. In diesem modernen Hochhausviertel hatte sein Vater in den frühen Siebzigern ein Grundstück erworben und seine Kanzlei aufgemacht, allen Unkenrufen zum Trotz, die dem Geschäftsviertel keine Zukunft gaben.

      Während der Ölkrise war das Projekt La Defense durch den damaligen Premier Valéry Giscard d’Estaing fast gekippt worden. Aber Pauls Vater hatte Recht behalten, das Viertel hatte sich bestens entwickelt. Über 2500 Firmen hatten sich mittlerweile angesiedelt, die gerne auf die Beratungen der alteingesessenen Anwälte zurückgriffen. Die Kanzlei hatte viel Geld in den vergangenen Jahren verdient.

      Paul würde für den Rest seines Lebens finanziell abgesichert sein. Aber was nützte all das Geld, wenn er niemanden hatte, mit dem er es teilen konnte. Glück war manchmal eine viel zu flüchtige Bekanntschaft, dachte er und atmete aus.

      Er verließ die Metro und eilte zwischen den modernen Gebäudekomplexen entlang zu seiner Firma. Der Wind wehte eisig die breiten Prachtstraßen entlang und rieb sich die Hände warm. La Defense unterschied sich architektonisch gewaltig von den Straßen im Zentrum von Paris. Alles war groß und kühl, nicht nur wegen des Windes. La Defense war unpersönlich und hatte keinen Charme.

      Die Menschen hasteten durch die Straßen, blickten auf ihre Telefone oder stur geradeaus, die Menschen waren in schwarze Businessanzüge oder –kostüme gekleidet, alle sahen genau gleich aus. Paul sah an sich hinunter: »Wie ich«, stellte er fest.

      Er schlug den Mantelkragen hoch und betrachtete eine Dame, die in viel zu hohen Schuhen über die Straße eilte. Kein Baum säumte die Gehwege, die Grünanlagen waren mit weißem und grauen Schotter gefüllt, vereinzelt gepflanzte Gräser schauten aus den unnatürlichen Beeten. Er dachte an die Kletterpflanze vor dem Eingang seines Hauses.

      Er würde morgen Janine fragen, was das für eine Pflanze ist. Sie würde es bestimmt wissen. Die Pflanze hatte gefächerte Blätter und trug im Frühjahr hellviolette Blüten. Sie rankte am Fallrohr bis an die Dachkante empor. Ohne zu wissen, warum, lächelte er bei diesem Gedanken vor sich hin und dachte an die hübsche junge Frau, die ganz offensichtlich zu diesem künstlichen Ort, an dem er jetzt stand, überhaupt nicht gepasst hätte.

      Das goldblonde Haar war zu einem wilden Knoten im Nacken geschlungen gewesen, Strähnen hatten sich gelöst und umrahmten das feine Gesicht mit den durchdringenden, fast grünen Augen. Er hatte ihre Hände betrachtet, die ihm die Rose reichten: Sie waren ein rot gefroren, von Erde beschmutzt und von Dornen zerkratzt gewesen, was sie kein bisschen zu stören schien. Und ganz sicher war er, dass sie keine hohen Schuhe getragen hatte.

      Nein, an diesen unnatürlichen Ort würde jemand wie Janine nicht passen. Janine strahlte Natürlichkeit, Lebendigkeit aus, dieser Ort war reines Business und Zweckmäßigkeit.

      Im Büro angekommen hängte er seinen Mantel an die Garderobe, begrüßte Claudine und ging in die Küche, um sich einen heißen Kaffee zu holen. Claudine folgte ihm.

      »Das kann ich doch machen«, sagte sie und nahm ihm das Kaffeepulver aus der Hand.

      »Also ehrlich, Claudine, du bist meine Schwägerin und Büroleiterin, nicht meine Sekretärin. Ich mach das selbst, gib her.« Sie gab ihm den Kaffee zurück, sah ihn aufmerksam an, als wenn sie irgendwas in seinem Gesicht lesen wollte, aber er hatte schon sein berufliches Pokerface aufgesetzt. Keine Regung war in seinen Zügen zu erkennen. Zweckmäßig.

      »Henry ist schon wieder gegangen«, sagte sie zu Paul. »Ich hatte versucht, ihn telefonisch zu erreichen, bevor er losfuhr, aber Marlene sagte, er sei heute Morgen schon um fünf aufgestanden und losgefahren.«

      Er sah sie erstaunt an. »Um fünf? Das hört sich nicht nach Henry an.«

      »Hab ich auch gedacht. Aber Marlene wusste nicht, woran er im Moment arbeitet. Ich hab sie gefragt.« Claudine fuhr sich etwas genervt über das Gesicht.

      Irgendetwas war mit ihr, dachte Paul und runzelte seine Stirn. »Dachte ich mir.«

      »Uh, du bist ja gesprächig heute.«

      Paul sah sie weiterhin verwundert an. »Ich bin so wie immer«, antworte er.

      »Aber irgendwas ist heute anders. Ich glaube nicht, dass ich schon mal einen Termin verschieben musste, weil du den Kalender spontan geändert hast. Das ist in den fünf Jahren, die ich für dich arbeite, noch nicht vorgekommen.« Claudine trat näher. »Also, was war heute Morgen?«

      Er drehte sich weg und füllte die Kaffeemaschine mit den Kaffeebohnen und Wasser. Ihm kam ganz und gar nicht in den Sinn, seiner Schwägerin zu erzählen, was er heute Morgen gemacht hatte. Das ging sie nichts an.

      »Er hat nicht gesagt, was er von dir wollte« sprach sie weiter, als sie merkte, dass Paul nicht antworten würde.

      »Ich ruf ihn später an«, sagte er und drehte sich zu ihr um, als sie die Küche verließ. Er betrachtete ihre Gestalt. Claudine war eine schöne Frau. Klein und zierlich. Und wie Manu hatte sie langes, schwarzes Haar. Doch ihr fehlte jegliche Ungezwungenheit und Leichtigkeit. Die Haare waren streng zurück gekämmt und in einem engen Knoten gebändigt. Das enge, dunkelblaue Kostüm saß perfekt und betonte ihre schlanke Figur. In der linken Hand hielt sie ihre Brille, eine elegante Schwarze, deren Bügel ein goldenes Chanelzeichen zierte.

      Wie sie allerdings die zugigen Straßen von La Defense auf ihren Stöckelschuhen bei Wind und Wetter meisterte, war ihm schleierhaft. Er hatte sie noch nie ohne die hohen Schuhe gesehen. Er nahm an, dass sie ihm ohne Schuhe allerhöchstens bis zur Brust reichen würde.

      »Da habe ich wohl etwas verpasst?« fragte sie schnippisch. Sie drehte sich um und erwischte ihn bei seiner Musterung.

      Erst jetzt fiel ihm auf, dass er unendlich dämlich aussehen musste, wie er sie ansah und dabei kein Wort sagte. Wieso um alles in der Welt war er so in seine Gedanken vertieft? Das passiert ihm doch sonst nicht. »Nein, Claudine. Alles ist gut.« Langsam drängte er sich an ihr vorbei. Mit Schuhen war ihr Scheitel etwa auf Höhe seines Kinns. 10 Zentimeter größer in 10 Sekunden, dachte er und grinste unwillkürlich. Er ließ sie stehen und ging in sein Büro.

      Claudine konnte manchmal wirklich anstrengend sein und ihr schnippischer Kommentar hatte Paul darauf hingewiesen, dass dies einer der anstrengen Momente war. Vermutlich war seine Büroleiterin verärgert, weil sie nicht wusste, wo er den Vormittag verbracht hatte. Sie übernahm gern die Kontrolle und wollte immer alles ganz genau wissen. Claudine machte ihren Job sehr gut.

      Er hatte sich zunächst gesträubt, jemanden aus der nahen Verwandtschaft von Manu in die so wichtige Position einzustellen. Aber Manu hatte ihn mit nach allen Regeln der Kunst bearbeitet, mehrere Wochen lang, und am Ende hatte er ihr wie immer nicht widerstehen können.

      »Nun gut, Manu, ich probiere es mit deiner Schwester«, hatte er ihr versprochen. »Aber wenn es nicht passt, muss sie sich etwas anderes suchen.« Die ersten Tage liefen nicht gut, aber nach und nach erkannte er ihre Qualitäten als Büroleiterin. Sie war der Drache vor seiner Tür. An ihr kam keiner vorbei, wenn sie es nicht wollte. Und nachdem Manu gestorben war, war ihm das genau

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