Die Seelenlicht Chroniken. Katrin Gindele

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Die Seelenlicht Chroniken - Katrin Gindele

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als wäre er aus dem Schlaf gerissen worden.

      Der Anblick seiner nackten, muskulösen Brust ließ meinen Puls höher schlagen. Mit großen Augen starrte ich ihn erschrocken an. Seine Oberarme waren mit unzähligen Tätowierungen bedeckt, die sich über beide Schultern schlängelten und vermutlich irgendwo auf seinem Rücken endeten. Und sie leuchteten in einer seltsam fluoreszierenden Farbe.

      Doch das war es nicht, was mich so dermaßen schockierte, dass ich mich kaum bewegen konnte.

      Mickal verharrte auf der oberen Treppenstufe in geduckter Haltung, bereit zum Sprung, falls es nötig sein sollte. In seiner rechten Hand blitzte ein langes Messer auf.

      Nein, das war kein Messer, berichtigte ich mich. Das war ein Schwert.

      Die rabenschwarze Klinge funkelte gespenstisch in dem knappen Mondlicht, das durch ein kleines Fester am Ende des Flures drang.

      Dieses Schwert war keine Attrappe. Es war echt!

      »Was zum Teufel soll das?«, fuhr ich ihn an, nachdem ich meine Stimme wiedergefunden hatte. »Du hast eine Waffe in mein Haus gebracht? Spinnst du?«

      Noch immer hatte ich Mühe, den Anblick, der sich mir bot, zu verarbeiten.

      Ein echtes Schwert! Das konnte nur ein schlechter Scherz sein.

      Ich konnte Mom hinter der verschlossenen Tür leise wimmern hören, was mich daran erinnerte, warum ich überhaupt in den Flur gekommen war.

      »Du bleibst hier stehen«, kommandierte ich und legte meine Finger auf die Türklinke. »Rühr dich ja nicht vom Fleck.«

      Mickal nickte zögernd und richtete sich auf. Seine zusammengekniffenen Augen folgten jedem meiner Schritte, ich spürte, dass er mich anstarrte. Doch das war mir egal, so verwirrend die Situation auch war. Zuerst musste ich mich um Mom kümmern.

      Diesmal war sie nicht von ihrem Albtraum wach geworden, sie wälzte sich nur unruhig von einer Seite zur anderen.

      Behutsam setzte ich mich auf die Bettkante, redete mit leisen Worten auf sie ein und versuchte, sie zu beruhigen.

      Seit dem Tod meines Vaters schlief sie nur noch mit eingeschalteter Nachttischlampe, weil sie die Dunkelheit nicht ertragen konnte, wie sie selbst sagte.

      Ihr eingefallenes, bleiches Gesicht war von tiefem Kummer gezeichnet, dunkle Ringe lagen unter ihren dichten Wimpern.

      Bei ihrem Anblick schluckte ich hart. Alles Schöne verschwand aus ihrem Gesicht, jeden Tag ein bisschen mehr. Und ich konnte nichts dagegen tun. Noch nie in meinem Leben war ich mir so hilflos vorgekommen.

      Ich blieb noch so lange, bis sich ihre Gesichtszüge langsam wieder entspannten, und hielt dabei ihre Hand. Dann verließ ich das Schlafzimmer, um mich dem Verrückten zu widmen, der es gewagt hatte, eine verdammte Waffe in mein Haus zu schmuggeln.

      Mickal stand nicht mehr am Treppenabsatz.

      Mit der rechten Hand tastete ich nach dem Lichtschalter und entdeckte ihn weiter hinten im Flur, wo er mit weit aufgerissenen Augen eines von Moms Bildern anstarrte.

      »Kannst du mir erklären, was zum Teufel du dir dabei gedacht hast?«, ging ich mit gedämpfter Stimme auf ihn los.

      Seine mächtigen Muskeln bewegten sich unter seiner Haut, als er den Kopf drehte und mich anschaute. »Woher stammt das Bild?«

      Unwillkürlich schlang ich die Arme um meine Mitte. Ich war so wütend auf ihn. Und enttäuscht, weil ich nicht wusste, ob ich ihm noch trauen konnte. »Mom hat es gemalt«, entgegnete ich kühl. »Würdest du mir das da« – mit einem Nicken deutete ich auf das Schwert in seiner rechten Hand – »bitte mal erklären?«

      Seine reglose Miene verriet nichts von dem Aufruhr, der scheinbar in ihm tobte. Doch seine angespannte Haltung in Verbindung mit seinen schmalen Augen waren eindeutige Anzeichen dafür.

      »Deine Mom hat das gemalt?«

      Als ich nickte, verdüsterte sich seine Miene schlagartig. Plötzlich wirkte er überrascht, gleichzeitig aber auch erschrocken.

      »Das spielt doch überhaupt keine Rolle«, versuchte ich, das Thema wieder auf meine ursprüngliche Frage zu lenken. »Bist du in der Lage, mir eine Erklärung zu liefern, oder soll ich dich lieber gleich vor die Tür setzen?«

      Meine Drohung prallte wirkungslos an ihm ab. Mickal ließ sich von mir nicht einschüchtern. Er war nicht der Typ, dem man drohen konnte.

      »Mom hat die Bilder aus ihrer Erinnerung heraus gemalt«, versuchte ich meine Taktik zu ändern, um ihn auf diese Weise zum Reden zu bringen. »Das hat sie zumindest immer behauptet, wenn ich sie danach gefragt habe.«

      Mickal zog eine Augenbraue hoch.

      Sein fragender Blick brachte mich dazu, ihm viel mehr zu erzählen, als ich eigentlich wollte. »Mom und Dad sind früher sehr viel umhergereist. Bis mein Bruder geboren wurde. Danach ist meine Familie noch ein paar Mal umgezogen, unter anderem nach Amerika, wo ich geboren wurde. Mom hat sehr viele Bilder gemalt. Sie sagte einmal, dort sei sie am glücklichsten gewesen.«

      Seinem grüblerischen Gesichtsausdruck nach zu urteilen gingen ihm gerade mehrere Dinge gleichzeitig durch den Kopf. Seine blauen, wunderschönen Augen blickten mich ernst an, die vollen Lippen waren nur noch ein grimmiger Strich.

      »Ich muss mit ihr sprechen«, sagte er nach einer Minute des Schweigens. Seine fordernde Stimme ließ keinen Widerspruch zu.

      Dennoch glaubte ich, mich verhört zu haben. »Vielleicht morgen früh«, schlug ich vor, obwohl sich alles in mir dagegen sträubte. »Aber nur, wenn es ihr etwas besser geht.« Ich verstand nicht, was das alles bedeuten sollte, und ich wollte ihn eigentlich auch nicht zu Mom lassen.

      »Uns bleibt keine Zeit«, drängte Mickal, wandte sich von dem Bild ab und kam auf mich zu. »Morgen früh könnte es zu spät sein.«

      Ich blinzelte. »Zu spät für was?«

      Seine fesselnden blauen Augen fixierten mich. »Ich muss mit ihr sprechen«, wiederholte er, diesmal noch eindringlicher.

      »Das … geht jetzt nicht«, stotterte ich. »Mom schläft tief und fest. Außerdem ist sie viel zu schwach, um Besuch zu empfangen. Schon gar nicht mitten in der Nacht.«

      Mickals Finger legten sich noch fester um den Griff des Schwertes. »Ich bin kein Besuch«, stellte er klar und richtete sich zu seiner vollen Größe auf.

      Das Mondlicht brach sich in seiner honigblonden Mähne und tauchte seine Gestalt in ein seltsames Licht. Sein stattlicher Anblick in Verbindung mit dem Schwert in der rechten Hand vermittelte mir unweigerlich ein Bild von einem Krieger aus längst vergangenen Zeiten. Das Bild, das sich in meinem Kopf manifestierte, zeigte Mickal auf einem Schlachtfeld. Über und über besudelt vom Blut seiner Feinde, kämpfte er sich den Weg zum Sieg frei. Das Bild wurde so klar, dass ich vor Schreck den Atem anhielt.

      »Wenn du … kein Besuch bist, was … was bist du dann?«, hörte ich mich stockend fragen. Es kostete mich alle Kraft, meinen Blick von seinem nackten Oberkörper zu lösen und mich stattdessen auf sein ernstes Gesicht zu konzentrieren.

      Mickal beugte sich leicht nach vorn, sodass er mit mir beinahe auf Augenhöhe war. »Ich

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