Die alten Götter. Luci van Org

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Die alten Götter - Luci van Org

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dass Jehova ja nicht erst seit gestern in der oberasischen Behausung logierte! Zugegebenermaßen kein angenehmer Zustand, aber im Laufe der Jahre hatten sich doch alle irgendwie arrangiert mit dem Elend.

      „Duu …“, zischelte die Huldvolle. Untrügliches Anzeichen einer direkt bevorstehenden verbalen Detonation, weshalb Wotan noch schnell in einen Hühnerflügel biss, um Frijas Wutausbruch wenigstens nicht mit leerem Magen überstehen zu müssen.

      „Du …“, schnaufte es ein weiteres Mal und des Allvaters Schultern wanderten ängstlich ein Stück nach oben in Richtung seiner Ohren. Worüber er sich derart zu ärgern begann, dass er die Sensation zunächst sogar überhörte.

      „Du hast ja recht …“

      „Was?!“

      „Du hast recht. Was dagegen?“

      „N … nein! Ich meine nur – So was sagst du doch … sonst nicht.“

      „Sonst hast du ja auch nicht recht.“

      Die Indoor-Strandbar Mykonos auf dem Fabrikgelände der Schöneberger Motzstraße war überfüllt. Wie immer am Freitagabend, obwohl jedes Mal alle so taten, als wäre der Hype darum, in künstlich aufgeschütteten Sanddünen nackt Cocktails zu schlürfen, zu kiffen und zwischendurch anonymen Safer Sex zu haben, nun wirklich so was von gestern.

      Dass aber Kadir und Christoph Unterhuber, Sachbearbeiter für Arbeitssuchende mit den Anfangsbuchstaben I bis J beziehungsweise N bis O einander in der Warteschlange wissend zugrinsten, hatte einen anderen Grund. Sie taten das, weil sie sich liebten. Und weil sie – angesichts der immer länger werdenden Reihe Wartender – mit geübten Augen den Personalengpass am Kassentresen bemerkten. Nur ein einziger junger Mann versuchte dem Ansturm der unzähligen Gäste Herr zu werden. Schweiß rann von seiner Stirn auf seinen nackten Oberkörper, was recht vielversprechend aussah. Allerdings nur, wenn man seine grünlich-blasse Gesichtsfarbe ignorierte. Typisches Anzeichen schwerer Kreislaufprobleme, sicherlich ausgelöst durch die zum Schneiden dicke, Marihuana geschwängerte Luft, von der jeder Besucher schon beim Betreten der Fabrikshalle eingehüllt wurde.

      Eigentlich, so hatten anfangs alle befürchtet, war es nur eine Frage der Zeit, bis der Laden nach einer Drogenrazzia würde schließen müssen. Aber irgendwie schien es seitens des männlich-heterosexuellen Teils der Berliner Polizei gewisse Berührungsängste zu geben. Und wenn Homophobie ja auch sonst zu wirklich gar nichts nutze war, so bescherte sie zumindest dem Besitzer des Mykonos seit fast zehn Jahren eine sichere Existenz und halb Schöneberg damit einen entspannten Feierabend.

      Probleme hatte der Betreiber trotzdem. Weil es kaum jemand vom Service lange aushielt, zwischen den Sandhügeln. Der Stundenlohn war zwar ordentlich und das Nacktsein in der Hitze fanden viele sogar reizvoll. Dass aber spätestens nach einer halben Schicht die Knöchel schmerzten vom Laufen in den Dünen unterschätzten die meisten ebenso, wie die Auswirkungen einer täglichen Überdosis THC.

      Immer wieder gab es deshalb regelrechte Hilferufe ans Jobcenter, weil jemand kurzfristig gekündigt hatte. Doch auch wenn Kadir und Christoph ihren Beruf wirklich ernst nahmen und sich bemühten – so lange es offiziell nicht möglich war „langjähriger Kiffer mit kräftigen Fußgelenken“ in die Liste der geforderten Qualifikationen aufzunehmen, blieb die Vermittlung neuer Servicekräfte ein Lotteriespiel.

      „Dann rede halt einfach noch mal mit ihr.“ Wotan Allvater atmete durch. Weil er ja niemanden beleidigen wollte. Aber – da konnte sein Freund und Lehrmeister noch zehnmal den Ruf haben, das weiseste Wesen aller neun Welten zu sein – es gab Dinge, von denen hatte Mimir, der Riese, nun wirklich absolut keine Ahnung!

      Was man in gewisser Weise ja hätte voraussehen können. Zwar fand das meiste Weibsvolk Status wichtiger als Optik, aber nur ein Kopf reichte den Damen dann eben doch nicht und etwas anderes war Mimir schließlich nicht geblieben, nach diesem einen verhängnisvollen Schwerthieb im großen Asen-Vanenkrieg.

      Dass er sich noch dazu nicht einmal regelmäßig die Haare schneiden oder den Bart stutzen ließ, weil er dererlei „Chi Chi“ vollkommen überflüssig fand, trug ebenfalls nicht gerade zur Erweiterung seines Erfahrungshorizonts im Umgang mit dem anderen Geschlecht bei. Weswegen Mimir wohl tatsächlich glaubte, man könne „noch mal reden“ mit einer Frau, die sich etwas in den Kopf gesetzt hatte.

      Ganz im Gegensatz zum Allvater und seinem besten Kumpel Donar Hammerträger, die diesen Sachverhalt nun wirklich beurteilen konnten, nach über viertausend Jahren Ehemännerdasein. „Vergiss es!“, schnauften sie deshalb beide gleichzeitig in Mimirs Richtung, denn da gab es nichts zu diskutieren! Wenn eine Frau beschlossen hatte, es sei Zeit ausgerechnet jetzt ein Problem zu lösen, dann war es Zeit, ausgerechnet jetzt ein Problem zu lösen, selbst wenn das Problem bereits seit über tausendsechshundert Jahren in ihrem Gästezimmer lag.

      „Und wenn du einfach mal Klartext mit ihm redest!“

      „Ganz tolle Idee …!“, grollte Wotan, der die nicht wenig beschwerliche Reise hierher zu Mimirs Brunnen der Weisheit langsam zu bereuen schien. „Was glaubst du denn, was ich gemacht habe, die letzten tausendsechshundert Jahre?!“

      „Echt?“ Der Riese schien ehrlich verwundert. „So: Schluss, aus, pack deine Sachen, du Penner, verpiss dich und so …?“

      „Bist du irre?“, fiel Donar Hammerträger dem Weisen ins Wort. „Den darfste nich’ aufregen, Mann! Auf keinen Fall aufregen! Der knallt total durch, der Spacko!“

      „Also bitte!“, murrte Wotan verdrossen. Weniger über Donars Bemerkung als darüber, dass ihm auch nichts Vernünftiges einfiel – aber irgendwo musste der Ärger ja hin.

      „Ich sach nur, wie’t is“, murrte Donar zurück,

      „Trotzdem nennt man so einen nich’ ‚Spacko‘, sondern höchstens ‚Individuum mit gestörter Impulskontrolle‘“, verbesserte der Allvater.

      „Gestör … wat?“ Wotans Wortwahl schien der eher gemütlichen Auffassungsgabe des Hammerträgers nicht unbedingt entgegenzukommen.

      „Impulskontrolle, Mann! Wenn … wenn die gestört is’, dann kann man sich nich’ zusammenreißen. Also in nem Streit oder so. Dann macht man halt immer nur das, wonach einem gerade is’. Zum Beispiel eben … voll ausrasten.“

      „Aaaah … so“, Donar nickte beflissen, wenn auch noch sichtlich beschäftigt mit dem Verarbeitungsprozess der eingegangenen Information.

      „Und was macht der dann so, wenn der ausrastet?“, hakte Mimir nach.

      „Na voll rumbrüllen und alles!“ Mit einem Ruck war der Hammerträger aus seiner Denk-Trance erwacht und ehrliche Empörung zerfurchte seine Züge. „Da … da musste nur ma ganz freundlich sowas sagen wie ‚Hey, Jehova, wie wärs’n mal mit aufstehen?’ oder so, dann komm’ da gleich so Sachen, wie ‚Ey, schwul oder was?’ oder ‚Ey, scheiss ich deine Mutter in Briefkasten, Alter!’ Widerlich, Mann! Total widerlich!“

      „Das ist alles?!“ Fassungslosigkeit ließ Mimirs Brauengestrüpp zu einem Balken zusammenschnurren, bis er aussah, als habe man ihm eine Gemüsebürste über die Nasenwurzel geklebt.

      „Nein, Mann!“, knurrte Wotan und warf

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