Die alten Götter. Luci van Org

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Die alten Götter - Luci van Org

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Behausung geklopft und Obdach eingefordert hatte, ein Ruf wie Donnerhall vorausgeeilt war! Ganze Städte habe er einfach mal so in Schutt und Asche gelegt und einen gesamten Kontinent elendiglich ersaufen lassen – nur, weil ihm die Menschen dort nicht genügend untertan gewesen waren. Weswegen die Bewohner Mittel- und Nordeuropas sich dann ja auch tunlichst beeilt hatten, bloß nicht denselben Fehler zu machen – und Wotans Götterkarriere dieser Knick verpasst worden war, von dem sie sich bis heute nur zaghaft erholte.

      „Hm …“ Die Gemüsebürste über des Riesen mächtiger Nase wanderte langsam nach schräg links oben bis fast zu seinem struppigen Haaransatz, wie immer, wenn er angestrengt nachdachte. „Ich weiß ja, was die Menschen über ihn erzählen, aber … seit er bei euch ist, hat er nur geschimpft und gejammert, nichts weiter. Richtig?“

      „Ja, richtig“, knurrte Wotan trotzig. „Und das is’ ja wohl auch sehr gut so!“

      Schließlich war es ja auch nicht zuletzt Wotans Verdienst!

      Hatte doch der Allvater selbst den Wüstengestörten sofort nach dessen Auftauchen vorsorglich mit den beruhigenden Eigenschaften des Hanfrauches bekanntgemacht. Dass Jehova mittlerweile nur noch aus dem Haus ging, um sich Rauschmittel-Nachschub zu besorgen, war natürlich nicht die schönste Begleiterscheinung dieser kleinen Vorsichtsmaßnahme. Aber was war ein bisschen Kiffer-Hängertum schon gegen die Rettung ganz Mittel- und Nordeuropas durch gemilderten Aggressionstrieb?

      „Hmm …“, machte der Riese ein weiteres Mal, ließ die Gemüsebürste zur Abwechslung nach schräg rechts oben wandern und eine quälende Pause entstand. Mal ehrlich – für das weiseste Wesen der neun Welten war Mimir heute wirklich beschissen in Form! Entnervt begann Wotan in Gedanken die Zugverbindungen für eine möglichst baldige Rückreise durchzugehen.

      „Wasn, wenn wa einfach die Tür zumachen, wenn er das nächste Mal Dope holen geht?“, nuschelte Donar, der die Stille nicht mehr ertrug.

      „Also echt ma!“, protestierte Wotan. „Ich meine – gibt ja wohl noch sowas wie Gastrecht!“

      „Gastrecht?!“ Mimirs Augen weiteten sich zu Tennisbällen vor Empörung. „Unsere Heiligtümer plattmachen, unsere Bräuche klauen, unsere Freunde abmetzeln – verhält sich so’n Gast, oder was?!“

      „Aber wir können ihn doch nich’ dafür verantwortlich machen, wenn seine Leute sich schlecht benehmen!“

      „Aber doch wohl dafür, dasser sie nich’ dran hindert!“

      „Versucht er ja!“, hielt Wotan dagegen. „Ich meine, vielleicht is’ Jehova bisschen irre und so, aber … es is schon so, dass er das echt Kacke findet, wie sich alle beklauen und bekriegen in seinem Namen! Aber die … die hörn ihm ja nie zu, wenn er denen das sagt!“

      „Is doch kein Wunder, so wie der redet, Mann!“ Erneut verdüsterte Entrüstung die Miene des Hammerträgers. „’Ey, Lan, stressma nich so krass rum, ey!’ oder ‚Ey, is deine Fresse krass voll Scheiße, Alter!’ Da … da würd ich mir auch nich’ zuhör’n, Mann! Ich meine, das klingt doch … wie’n Drogendealer!“

      Wotan entfuhr ein Seufzer. Weil ihm soeben klar geworden war, dass der Fünf-Uhr-Rückreisezug nicht mehr zu schaffen war und weil sein Kumpel Donar ja nun wohl offensichtlich die Tatsachen verkannte.

      Hatte doch jahrhundertelang Jehova ganz allein das gesprochen, was heutzutage als „Kiezdeutsch“ in aller Möchtegern-Ghettokids Munde war. „Weil ich krasser Gangster bin, ey!“, war die Antwort gewesen, als der Allvater irgendwann einmal nach dem Grund für diese Eigenart gefragt hatte. Und auch wenn Wotan bis heute rätselte, was das wirklich bedeutete – er musste zugeben, dass dieser Wüstengangster ihn zumindest am Tag seiner Ankunft nach allen Regeln der Kunst kriminell überrumpelt hatte: „Ey, ey …, w … wohn isch ma bei dir, Alter!“ – während Wotan noch gegrübelt hatte, was diese geheimnisvollen Worte wohl bedeuten mochten, war der Fremde ja schon dabei gewesen, im Gästezimmer seine Sachen auszupacken!

      Erst viel später, Anfang der Neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts, hatten ein paar Haschisch-Dealer im Raum Frankfurt Rödelheim plötzlich aus einer Laune heraus die sprachlichen Eigenarten ihres besten Kunden übernommen und sie zu all ihren anderen Käufern weitergetragen. Mit jedem herumgereichten Joint hatte der alberne Slang sich dann unter sämtlichen Idioten des deutschsprachigen Raums verbreitet, mehr und mehr, bis in den hinterletzten Winkel.

      Was das Problem mit dem Gästezimmer aber auch nicht löste.

      Während Wotans Miene sich darüber immer weiter zu verfinstern begann, räusperte Mimir ein wenig grünen Schleim aus seinem Halsloch in den Weisheitsbrunnen. So, wie er es immer tat, nach dem Erlangen einer wichtigen Erkenntnis. Angesichts der vorangegangenen Pleiten schien Wotan dies aber alles andere als aufzumuntern.

      „Seltsam, seltsam …“, murmelte der Riese davon unbeirrt. „Auch bei den Menschen schimpft und jammert er immer nur rum, wenn er ausrastet, oder?“

      „Besser isses!“, grummelte Wotan angriffslustig, weil sie diesen Punkt doch nun wirklich bereits abgehakt hatten.

      „Ich meine …“, fuhr Mimir trotzdem fort, „Vielleicht is’ man ja bisschen peaciger drauf als Dauerkiffer – aber, also … wenn er früher ganze Städte plattgemacht hat vor Wut, dann würde es für ne Straße oder n’ Haus doch eigentlich noch reichen. Oder … wenigstens für’n Zimmer …“

      „Ja, klar! Is ja auch nich’ dein Gästezimmer!“

      „Das meine ich doch gar nicht! Nur – vielleicht hat Jehova gar keine Wahl!“

      „Hä?“

      „Na, vielleicht kann er das in Wirklichkeit gar nicht. Also das mit dem Plattmachen.“

      „Du meinst, er wär so was wie’n Hochstapler? Krass!“ Ehrliches Entsetzen legte sich über Donars Züge.

      „Hm“, brummte Mimir erneut. Und diesmal verzichtete Wotan darauf, in der nun entstehenden Stille weitere Rückreisemöglichkeiten auszuloten.

      „Phh … ganz ehrlich“, nuschelte der Obergott schließlich, so zaghaft, dass seine Stimme im Plätschern der Weisheitsquelle beinahe unterging, „Jehova selbst hat eigentlich nie gesagt, dasser … Städte plattmacht und so. Das haben immer nur die Menschen …“

      „Du … du meinst, die sagen sowas, auch wenn’s gar nich’ stimmt?! Aber das wär doch eine Lüge!“ So fassungslos war der Hammerträger, dass es Wotan die Tränen in die Augen trieb – ob aus Verzweiflung oder doch aus bewunderndem Staunen über die kindliche Unschuld seines Kollegen.

      „Vielleicht“, begann Mimir – merklich darum bemüht, des Hammerträgers Weltbild nicht gänzlich zu zerstören – „Vielleicht passt es manchen Menschen einfach … ganz gut in den Kram, wenn andere Menschen Angst haben. Weil … man denen dann leichter Vorschriften machen kann.“

      „Jehova wird also“, Wotan fiel es wie eine Schuppe von seinem einen Auge, „Jehova wird also von den Menschen nur benutzt?! Und – und er lässt es die ganze Zeit mit sich machen?!“

      „Is’ halt’n Erfolgsmodell, so ne Benutz mich-Nummer! Kurt Kobain, Britney Spears, Michael Jackson, Jehova – alles dieselbe Soße“, ätzte Mimir und Wotan war endgültig baff: „Was’n Weichei!“

      „Und ‚Weichei’ is jetzt besser als ‚Spacko’,

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