Münchhausen. Karl Immermann

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Münchhausen - Karl Immermann страница 12

Münchhausen - Karl  Immermann

Скачать книгу

es geht den Leseleuten so, wie manchem Zuschauer in der Komödie. Er ärgert sich über das schlechte Stück, er gähnt, er möchte vor Ungeduld aus der Haut fahren, aber dennoch bleibt er sitzen, weil er einmal sein Entrée-Geld gegeben hat, und dafür auch seine drei Stunden absitzen will.

      Also, Ew. Wohlgeboren, ich dächte, Sie ständen von dem Verlangen nach Umheftung ab. Der ich übrigens u.s.w.«

      III. Der Herausgeber an den Buchbinder

      »Lieber Herr Buchbinder, Sie haben mich überzeugt. Ach, ich lasse mir jetzt von jedermann raten in meinem Metier, selbst von Ihrem Jungen, wenn er mir etwa Vorschläge über das neue Buch machen kann. Es hat mir schon so mancher Junge Zurechtweisungen erteilt, und ich habe sie nicht befolgt und schwer darob büßen müssen.

      Es soll also bei der Verheftung bleiben, und wenn Sie oder Ihr Junge in der Folge merken, daß ich wieder gegen die Spannung, oder die unordentliche Schreibart gesündigt habe, dann heften Sie nur nach Gutdünken die Kapitel durcheinander, und verbessern auf solche Weise das Buch. Ich glaube sogar, daß ich nicht der erste in solchem Verfahren bin; Herr Steffens hat gewiß bei seinen Novellen von Walseth und Leith und den vier Norwegern und Malcolm dem Buchbinder eine gleiche Vergünstigung eingeräumt.

      Vor ein sieben, acht Jahren hätte mir noch keiner so etwas bieten dürfen, aber ich bin — —

      — — müde geworden, hatte ich geschrieben, lieber Buchbinder, und recht im Vertrauen auseinandergesetzt, warum man in der Welt jetzt so müde werden kann.

      Zwei Damen aber, denen ich den Brief vorlas, sagten, das dürfe durchaus nicht stehen bleiben; der müde und weinerliche Ton zieme sich platterdings nicht für mich.

      Sie haben recht. Mag die Welt uns alles versagen, die Geschichte und die Natur kann sie uns nicht versperren. Ich will die Buben heulen und greinen lassen über das Elend, welches sie doch eben hauptsächlich machen helfen.

      Nein, Herr Buchbinder, unsere Augen sollen wacker bleiben, und die Wunden sollen uns schön stehen.

      Aber was halten Sie von dem Münchhausen, und was meinen Sie, das aus ihm werden wird?«

      IV. Der Buchbinder an den Herausgeber

      »Ew. Wohlgeboren, aus dem Münchhausen wird nichts; da Sie denn doch meine Meinung wissen wollen. Dieses tut indessen nichts. Ein Buch, aus dem nichts wird, mehr oder weniger in der Welt, verschlägt nichts. Und dann können wir den einzelnen Abschnitten doch noch in etwa nachhelfen. Für diesen ersten habe ich schon so ein Hausmittelchen in Gedanken. Der ich übrigens u.s.w.«

      V. Der Herausgeber an den Buchbinder

      »Welches Hausmittelchen, lieber Herr Buchbinder? Ich bin äußerst gespannt auf Ihre ferneren Mitteilungen. Mit Achtung u.s.w.«

      VI. Der Buchbinder an den Herausgeber

      »Ew. Wohlgeboren, Briefwechsel sind jetzt beliebt, wenn sie auch nur Nachrichten von Schnupfen- und Hustenanfällen der Korrespondenten enthalten. Lassen Sie unsern Briefwechsel im ersten Buche mit abdrucken; der hilft ihm auf.«

      VII. Der Herausgeber an den Buchbinder

      »Auch unsre letzten Zettel?«

      VIII. Der Buchbinder an den Herausgeber

      »Jawohl.«

      IX. Der Herausgeber an den Buchbinder

      »Wohl!«

      X. Der Buchbinder an den Herausgeber

      (Kuvert um die Briefe des Herausgebers.)

      Erstes Kapitel

Von dem Schlosse Schnick-Schnack-Schnurr und seinen Bewohnern

      In der deutschen Landschaft, in welcher ehemals das mächtige Fürstentum Hechelkram lag, erhebt sich eine Hochebne, von braunem Heidekraute überwachsen. Hin und wieder sticht aus dieser dunkeln Fläche ein spitziges Gestein hervor, mit weißstämmigen Birken oder dunkeln Tannen umsäumt. Nach Mitternacht rücken die Steinlager so nahe aneinander, daß sie für eine kleine Gebirgskette gelten können. Verschiedne Fußpfade laufen durch die Ebne, vereinigen sich aber in der Nähe der beiden höchsten Felsen zu einem breiteren Wege, der zwischen diesen Felsen sacht bergan führt. Nach einigen Windungen fällt derselbe in eine Straße, welche ehemals bepflastert gewesen sein mag, nun aber durch ausgerissene Steine und grundlose Geleise mehr das Ansehen eines gefährlichen Klippenweges erhalten hat. Nichtsdestoweniger ist diesem holprichten und halsbrechenden Wege bis auf die neusten Zeiten der Name der Schloßstraße verblieben. Denn man sieht oder sah, kurz nachdem man sie betreten, das Schloß, welches die Überschrift dieses Kapitels nennt, auf einem ziemlich kahlen Hügel liegen.

      Je näher man demselben kommt, oder kam, denn am heutigen Tage ist davon nur noch ein Trümmerhaufen übrig, desto deutlicher springt, oder sprang die ungemeine Baufälligkeit des Schlosses in das Auge. Was zuvörderst die Pforte betrifft, oder betraf, so standen zwar deren beide steinerne Pfeiler noch, und auf dem rechten hatte sich sogar der statuarische Löwe als Wappenhalter zu behaupten gewußt, während sein Partner von dem linken Pfeiler hinab in das hohe Gras gesunken war, allein das eiserne Pfortengitter selbst war längst weggebrochen und zu andern Zwecken verwendet worden. Die Gefahr, welche hieraus für das Gebäude von räuberischen Überfällen zu besorgen stand, war aber nur bei trocknem Wetter vorhanden. Wenn es regnete, (und es pflegt oft in jener Gegend zu regnen;) so verwandelte sich bald der Burghof in einen undurchwatbaren Sumpf, auf welchem, wenn die Geschichte nicht Lügen berichtet, zuweilen selbst Schnepfen sich hatten vertreten lassen.

      Völlig entsprechend diesem Zugange war das Äußere und Innere des Schloßgebäudes selbst. Die Wände hatten ihre Tünche, ja zum Teil ihren Bewurf verloren. Nach einer Seite hin war die Giebelwand bedeutend ausgewichen und durch einen Balken gestützt worden, der aber am unteren Ende auch schon zu morschen begann, und daher nur eine geringe Zuversicht gewährte. Ließ man sich nun durch diesen Anblick nicht abschrecken, in das Gebäude eintreten zu wollen, so bot die Türe immer noch ein großes Hindernis dar. Denn die Feder war in dem alten verrosteten Schlosse längst untätig geworden, und die Klinke gab nur wiederholtem und gewaltsamem Drücken nach, bei welchem sie aber nicht selten aus ihrer Mutter fuhr und dem Klinkenden in der Hand sitzen blieb. Die Bewohner pflegten sich daher auch mehr eines nach und nach sehr erweiterten Loches in der Wand zum Ein- und Ausgange zu bedienen, und dieses nur für die Nachtzeit durch vorgesetzte Tonnen und Kasten zu versperren.

      Wenn man die Fenster die Augen eines Hauses nennen darf, so konnte man dieses sogenannte Schloß mit gutem Rechte zum Teil erblindet heißen. Denn nur vor wenigen und den notwendigsten Zimmern waren jene Augen noch ersichtlich, viele andere Gelasse waren für immer durch die zugemachten Läden in Dunkelheit versetzt worden, weil sich die Scheiben nach und nach aus den Rahmen verloren hatten.

      Zwischen so morsch gewordenen vier Pfählen und in kahlen, vernutzten Zimmern hauste noch vor wenigen Jahren ein bejahrter Edelmann, den sie in der ganzen Gegend nur den alten Baron nannten, mit seiner gleichfalls verblühten nachgerade vierzigjährigen Tochter Emerentia. Er gehörte zu dem weitläuftigen Geschlechte derer von Schnuck, welches weit umher in diesen Landschaften seine Besitzungen hatte, und sich in folgende Linien, Zweige, Äste und Nebenäste spaltete, nämlich in die

      Ältere, oder graumelierte Linie — Linie Schnuck-Muckelig; gestiftet von Paridam, Herrn auf und zu Schnuck-Muckelig. Älterer oder aschgraumelierter Zweig — Zweig Schnuck-Muckelig-Pumpel.

Скачать книгу