Waldröschen III. Matavese, der Fürst des Felsens. Teil 1. Karl May

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Waldröschen III. Matavese, der Fürst des Felsens. Teil 1 - Karl May

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füllte. Der warme Sonnenstrahl lockte die Feuchtigkeit wieder empor, und so entstanden feuchte Niederschläge, die in Form von anhaltendem Regen wieder zur Erde fielen.

      Dadurch wuchsen die Fluten, und alle Zeitungen berichteten von Überschwemmungen, die in ungeahnter Rapidität zu einer Höhe wuchsen, die man seit Menschengedenken nicht beobachtet hatte. Ganze Täler wurden überschwemmt, ganze Ortschaften fortgerissen. Der Verkehr stockte, denn die Flut bedeckte die Straßen und riß die Bahndämme ein.

      Auch die sonst so ruhige Nahe, die bei Bingen in die linke Seite des Rheins mündet, brachte eine Wassermasse, für die ihr Bett lange, lange nicht tief und breit genug war. Die Fluten glichen den Wogen eines großen Stromes. Sie hatten die Straße überstiegen und leckten gierig am Damm der Bahn, die Bingerbrück über Neunkirchen, Saarbrücken, Forbach, Metz und Nancy mit Paris verbindet.

      Die Bahnbeamten hatten Befehl erhalten, ganz außerordentlich aufmerksam zu sein, und ein jeder Bahnwärter mußte seine Strecke zwischen den einzelnen Zügen ganz genau untersuchen.

      Zwischen Bingerbrück und Langenlonsheim stand ein Bahnhäuschen, dessen Inhaber heute Besuch hatte. Der Forstgehilfe Ludwig aus Rheinswalden war ein Vetter des Bahnwärters, hatte gestern einen kleinen Sprößling desselben aus der Taufe gehoben und befand sich auch heute noch hier, um seinen Urlaub tüchtig auszunützen.

      Er saß mit der Familie am Tisch. Man hatte das Abendbrot gegessen; es hatte neun geschlagen, und in nicht ganz einer halben Stunde mußte der Eilzug vorüberkommen, der um fünf Uhr von Metz abgeht.

      »Sieht es bei euch in Rheinswalden auch so traurig aus?« fragte der Wärter. – »Nein, Gevatter«, antwortete Ludwig. »Wir liegen dahier nicht so nahe am Rhein, daß uns das Wasser packen könnte.«

      Man sieht, daß der gute Ludwig sein liebes »Dahier« auch in der Fremde nicht vergaß.

      »Und es geht bei euch alles gut?« fragte der Wärter weiter. – »Es geht uns allen wohl. Der Oberförster flucht immer noch wie vorher, und die gute Frau Sternau ist mit Fräulein Helene lieb und gut wie immer; auch ist der Steuermann Helmers noch da, und sein Junge – der Tausendsapperment, aus dem wird einmal was Tüchtiges werden, er ist aber auch in tüchtigen Händen.« – »Du bist noch immer sein Lehrmeister?« – »Versteht sich!« meinte der Forstgehilfe mit Selbstgefühl. – »Und die Gäste?« – »Du, da wird‘s dahier wohl bald eine Hochzeit geben. Ich gönne das unserem guten Herrn Sternau recht von Herzen.« – »Donnerwetter, macht der da eine Partie!« – »Ja, sie ist eine Gräfin dahier.« – »Und noch dazu eine spanische! Sagtest du nicht früher einmal, daß es ihr im Kopf gerappelt hätte?« – »Gerappelt? Dummes Zeug! Unter Rappeln verstehe ich verrückt sein. Das ist sie aber gar nicht gewesen.« – »Aber es hieß doch überall, daß sie geisteskrank wäre?« – »Gevatter, du bist ein Schafskopf dahier. Ja, ein Schafskopf. Unsere gute, liebe Gräfin verrückt zu heißen! Da hört doch alles und Verschiedenes auf dahier. Spanisch ist sie gewesen, reineweg spanisch, aber doch nicht verrückt. Sie haben ihr etwas eingegeben, daß sie wahnsinnig ward. Und was ist das gewesen, he Gevatter?« – »Ja, das weiß doch ich nicht!« antwortete der Bahnwärter ganz verblüfft. – »Na, was denn weiter als eine spanische Fliege dahier!« »Eine spa – a… Oh!« sagte der Wärter, indem er vor Verwunderung den Mund sperrangelweit öffnete. – »Ja, eine spanische Fliege.« – »Wird man denn da wahnsinnig?« – »Versteht sich. Hast du schon einmal eine solche spanische Fliege gesehen?« – »Das ist ein Pflaster.« – »Dummheit, Gevatter. Eine spanische Fliege ist eine Fliege, aus der erst das Pflaster gemacht wird dahier. Eine spanische Fliege ist nicht etwa wie eine deutsche Fliege. Sie hat Flügel gerade so groß wie die Hügel einer Gans.« – »Sapperment, muß die aber summsen!« – »Ja. Sechs Beine hat sie, so groß wie Storchbeine.« – »Himmelelement!« – »Ja; ich als Jäger muß das wissen.« – »Hast du schon mal eine geschossen?« – »Nein, aber beinahe. Ihr Kopf ist halb wie ein Pferde- und halb wie ein Krötenkopf, und einen Leib hat sie dahier, gerade wie eine große Stachelsau.« – »Himmelelement!« – »Ja. Der Schwanz klappert wie bei einer Klapperschlange, und ernähren tut sie sich nur von Leichen und Weintrauben.« – »Darum ist sie so giftig!« – »Ja, Leichen und Weintrauben zusammen, das gibt das schrecklichste Gift dahier. Ein einziger Tropfen Blut von so einer Fliege in eine Netzkanne voll Wasser getan, Leinwand hinein und wieder ausgequetscht, das gibt unser spanisches Fliegenpflaster.« – »Darum zieht das Zeug so.« – »Ja. Ist‘s da ein Wunder, wenn man konfus wird, wenn man so eine ganze spanische Fliege einnehmen muß?« – »Eine ganze – mit den Flügeln und den Beinen, sowie mit dem Kopf und dem Schwanz?« – »Ja.« – »Donnerwetter, da dauert mich eure Gräfin!« – »Natürlich! Sie hätte auch sterben müssen dahier, wenn unser Doktor Sternau nicht gewesen wäre. Der hat sich das mit der spanischen Fliege natürlich gleich gedacht.« – »Wie hat er sie denn rausgebracht?« – »Das weiß ich nicht dahier.« – »Ich denke, du warst mit dabei?« – »In der Krankenstube nicht« – »Und die Fliege, hast du sie denn nachher gesehen?« – »Nein. Ich glaube, sie haben sie in Spiritus gesetzt dahier, aber sie zeigen sie keinem Menschen. Es soll kein schöner Anblick sein.« – »Hm«, sagte der Bahnwärter kopfschüttelnd, »was doch in der Welt alles vorkommt! Unsereiner ist doch noch recht dumm.« – »Richtig.« – »Ich hatte mir eine spanische Fliege ganz anders vorgestellt« – »So geht es, wenn man kein Jäger ist« – »Ja, ihr seht mehr als andere Leute und habt viele Bücher. Bei uns gibt es bloß das Gesangbuch und die Instruktion.« – »Eure Instruktion mag der Teufel holen!« – »Hm, sag das nicht so laut. Recht hast du. Sieh, in zwei Minuten kommt der Eilzug. Ich muß hinaus. Gehst du mit?« – »Ja.«

      Es war bereits das Zeichen gegeben, daß der Zug in Langenlonsheim abgegangen sei. Der Bahnwärter nahm daher seine Laterne und ging mit dem Gast hinaus, wo die Frau des Wärters stand, die das Signal besorgt hatte.

      In kurzer Zeit hörte man das donnernde Rollen des Zuges, darauf sah man die beiden Lichter der Lokomotive, und nun brauste der Zug vorüber, wobei der Wärter das Zeichen gab, daß alles in Ordnung sei.

      »Der wahre Teufel, so eine Lokomotive!« sagte Ludwig. – »Schon mehr feuerspeiender Drache«, fügte der Wärter hinzu. »Ich möchte wissen, was vor hundert Jahren die Leute gedacht hätten, wenn so ein Ding vorübergesaust wäre.« – »Sie wären vor Schreck rein übergeschnappt.« – »Gerade wie von der spanischen Fliege. Aber jetzt muß ich meine Strecke revidieren. Weiter unten steht das Wasser am Damm.« – »Ich gehe mit.«

      Sie schritten miteinander in die Dunkelheit hinein. Die Bahnstrecke, auf der sie sich befanden, wurde nur von dem Licht der kleinen Laterne erleuchtet, die der Wärter bei sich trug. Von der Seite her hörte man das Rauschen der Flut, und aus der Nähe erklang das bedenklich Gurgeln und Glucksen des Wassers, das den Damm bedrohte. Der Wärter ging sehr vorsichtig und sorgfältig zu Werke. Nach einer halben Viertelstunde hatte er diesen Teil seiner Strecke absolviert, und da nahte auch das Licht seines Nachbarkollegen, der ihm entgegenkam.

      »Guten Abend!« grüßte derselbe, als er herangekommen war. – »Guten Abend!« dankten die beiden. – »Ah, der Herr Pate ist noch mit da?«

      Da er auf dem gestrigen Tauffest mitgewesen war, so kannte er den Forstgehilfen.

      »Ja«, antwortete dieser. »Hören Sie die Flut? Hier scheint es gefährlicher zu werden, als droben bei meinem Gevatter.« – »Allerdings; aber ich habe noch keine Angst. Das Wasser steht zwar am Damm, aber die Strecke ist gut gebaut, und solange drüben am Fluß der Damm noch hält, solange sind wir hier auch sicher.«

      Die Männer trennten sich und schritten nun rasch wieder zurück, denn es ertönte soeben das Signal, daß der dem Eilzug in einer Viertelstunde folgende Personenzug in Langenlonsheim abgehe. Sie kamen gerade zur rechten Zeit an das Häuschen, um den Zug kommen zu sehen. Er kam ganz mit derselben Geschwindigkeit wie der Eilzug.

      Sie standen an der Bahn, und der Wärter gab ganz wie

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