Waldröschen III. Matavese, der Fürst des Felsens. Teil 1. Karl May

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Waldröschen III. Matavese, der Fürst des Felsens. Teil 1 - Karl May

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dieses Beben unterschied sich ganz genau von dem Zittern, das durch den Zug veranlaßt wurde.

      »Herrgott, was ist das?« fragte der Wärter. – »Ein Erdbeben«, antwortete Ludwig. – »Nein, nein, das ist kein Erdbeben; der Damm, der Damm ist geborsten, ganz gewiß!« – »So ist der Zug verloren!« – »Vielleicht noch nicht, wenn er glücklich vor der Flut vorüberkommt. Frau, Laternen her! Fort, fort! Wir müssen sehen, wie es steht!«

      So rief der brave Mann. Die Frau kam mit einer Laterne herbei, und eben setzten sie sich in Bewegung, als von weit unten herauf ein Krach erscholl, als sei die Erde geborsten und habe alles in ihren dunklen Schlund hinabgerissen.

      »Das ist‘s! Das war‘s!« rief der Wärter, indem er mit doppelter Schnelligkeit vorwärts strebte. – »Der Zug verunglückt?« fragte der Forstgehilfe. – »Ja, ganz gewiß.« – »So macht um Gottes willen rasch!« – »Frau, renne zurück und hole Leinwand und was sonst zum Verbinden nötig ist.«

      Sie gehorchte in fliegender Eile der Aufforderung, während die beiden Männer mit den Laternen weiterrannten.

      Sie waren eine Wegstrecke von wohl einer Viertelstunde vorwärts gekommen und befanden sich längst auf dem Gebiet des Nachbars des Bahnwärters, als sie entsetzt halten blieben. Vor sich hörten sie ein wirres Schreien und Rufen, während ein dumpfes Tosen und Donnern zu ihnen drang, das nur von dem Wasser herrühren konnte, welches das Ufer und dann den Bahndamm durchbrochen hatte.

      »Weiter, weiter!« rief der Wärter.

      Da, da endlich standen sie an der Stelle.

      Der Bahndamm war wirklich durchbrochen. Die Lokomotive war in den Riß hinabgestürzt und hatte sich jenseits desselben in die Erde hineingewühlt. Die vordersten Wagen waren ihr gefolgt die hinteren aber hatten nicht mit hinab gekonnt. Im Zusammenprall waren sie teils zertrümmert, teils umgeworfen worden, und nur die allerletzten standen noch aufrecht auf den Schienen.

      Der Zug war ein gemischter, und es war ein Glück, daß sich die Güterwagen vorn, die Personenwagen aber hinten befunden hatten.

      Die Passagiere, die in den unversehrten Waggons gesessen hatten, waren ausgestiegen, um den Stand der Dinge zu untersuchen. Sie hatten die Wagenlampen genommen und leuchteten über die Unglücksstätte hin. Jetzt kam der Wärter mit dem Jägerburschen dazu, auch der andere war bereits da.

      »Ist es schlimm?« fragte der erstere. – »Sehr. Drei Personenwagen zertrümmert zwei umgeworfen und zwei nebst dem Postwagen unversehrt«, antwortete der letztere. »Das andere liegt alles im Wasser.«

      Man suchte an Menschenleben zu retten, was zu retten war; aber das war nicht viel. Diejenigen, die in den zertrümmerten Wagen gesessen hatten, waren zermalmt worden, der Maschinist, der Heizer, die Bremser, sie waren tot. Alle, die sich in den umgestürzten Waggons befunden hatten, waren mehr oder weniger, meist aber schauderhaft verletzt. Man suchte ihre Körper in das Freie zu bringen. Zu dem, was im Wasser lag, konnte man nicht kommen, da die Flut zu reißend war, als daß Menschenkräfte hier etwas vermocht hätten.

      Da kam die Frau des Wärters und brachte Verbandszeug.

      »Spring zurück und gib das Zeichen, damit Hilfe kommt!« gebot ihr Mann.

      Auch der jenseitige Bahnwärter kam jetzt. Das Unglück war hart an seiner Grenze geschehen; er hatte sofort gewußt, woran er war, und seinerseits bereits das Signal nach Bingerbrück gegeben.

      Es wurde jetzt nicht gefragt, wer Schuld sei; an diese Frage zu denken, hatte kein Mensch die Zeit; man bemühte sich nur, zu retten und zu bergen, was möglich war.

      Ein junger Mann in der Livree eines Bedienten machte sich an einem der umgestürzten Waggons zu schaffen.

      »Hier ist es, mein Herr«, sagte er zu einem der unverletzten Passagiere, der mit ihm ein und dasselbe Kupee innegehabt hatte und ihm nun behilflich war. – »Ist es das richtige Kupee?« fragte dieser. – »Ja.« – »Das Fenster ist zertrümmert. Öffnen wir die Tür.«

      Sie taten es, und es ertönte ihnen ein erschütterndes Ächzen und Stöhnen entgegen. Der Bahnwärter trat mit seiner Laterne heran und leuchtete hinein.

      »Drei Passagiere!« sagte er. – »Alle tot?« rief der Diener. – »Nein. Sie hören ja das Ächzen.« – »Ich denke, es kommt aus dem Nachbarkupee. Da liegt mein Herr; heraus mit ihm.«

      Der Diener faßte eine der drei Personen behutsam an und hob sie heraus. Als er sie langgestreckt auf die Erde legte, sah man, daß der Verletzte sehr fein gekleidet war; aus diesem Umstand und dem weiteren, daß er einen Diener hatte und in einem Kupee erster Klasse fuhr, konnte man schließen, daß er ein Herr von Distinktion sei.

      »Und hier ist auch sein Koffer«, sagte der Diener, indem er ein kleines, feines Handköfferchen zum Vorschein brachte. – »Nun auch noch die beiden anderen«, mahnte der Wärter.

      Ludwig war hinzugetreten und half. Es stellte sich heraus, daß der eine von ihnen tot und der andere innerlich schwer verletzt war. Der Herr des Dieners befand sich in einer tiefen Ohnmacht, aus der er erst erwachte, als der Diener ihm die Glieder bewegte, um zu sehen, ob er verletzt sei. Er schlug die Augen auf und stieß einen Ruf des Schmerzes aus.

      »Oh!« sagte er. »Hier nicht!« – »Der Arm ist gebrochen«, meinte der Diener.

      Er probierte weiter, und es fand sich, daß sonst nichts verletzt sei.

      Mittlerweile war von den Nachbarstationen Hilfe angelangt Auch einige Ärzte waren gekommen. Als einer derselben den fremden Herrn untersuchte, erklärte er, daß der Arm zweimal gebrochen sei.

      »Wer ist der Herr?« fragte er.

      Der Fremde war während der Untersuchung in eine neue Ohnmacht gefallen. Der Diener antwortete:

      »Marchese d‘Acrozza, ein Italiener.« – »Wünschen Sie, daß ich für ihn sorge?« – »Ich bitte darum.« – »Sie sind sein Diener?« – »Ja.« – »Sehen Sie jene Lichter da drüben?«

      Der Arzt deutete in das Dunkel des Abends hinein; man erblickte aus weiter Ferne den Schein einiger Lichter.

      »Ja«, antwortete der Diener. – »Das ist das Dorf Genheim. Ich kenne den Lehrer dort Er wird den Herrn Marchese recht gern aufnehmen.« – »Wer soll ihn benachrichtigen?« – »Sie.« – »Ich weiß keinen Weg und bin dem Herrn vielleicht sehr nötig.« – »Ihr Herr braucht Sie jetzt nicht und wir anderen sind hier nötiger als Sie. Getrauen Sie sich, durch das Wasser zu kommen?« – »Weiter unten, ja.« – »So gehen Sie. Sie brauchen nur die Lichter fest im Auge zu behalten.«

      Gerard Mason, denn dieser war der Diener, glitt von der Böschung des Bahndamms hinab und schritt dann vorsichtig an dem sich hier weit ausbreitenden Wasser hin. Er kam nur langsam vorwärts, und daher war er hocherfreut als er Stimmen hörte, die sich ihm näherten. Er rief.

      »Holla!« antwortete es ihm. »Wer ruft?« – »Ein Fremder. Kommen Sie näher.«

      In kurzer Zeit standen mehrere Männer vor Gerard, die Decken und Tragbahren trugen.

      »Wir hörten ein Krachen und Prasseln«, sagte ihr Anführer. Der Zug ist verunglückt, wie wir vermuteten. Wir sind sofort aufgebrochen, und hinter uns kommen noch andere, sie sind aus Genheim.« – »Ah, das ist gut; dahin wollte ich.« – »Zu wem?« – »Zum Lehrer.« – »Das paßt; der bin ich.« – »Ah, das trifft sich glücklich. Einer der Ärzte, die sich an der Unglücksstätte befinden, sendet mich zu Ihnen. Mein Herr, der Marchese

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