Unter Palmen und Buchen. Dritter Band.. Gerstäcker Friedrich
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Unter Palmen und Buchen. Dritter Band. - Gerstäcker Friedrich страница 11
Fünftes Capitel.
Nach Deutschland zurück
Im Hause der Gräfin Galaz herrschte heute ein geschäftiges Treiben – Zimmer wurden hergerichtet und mit Blumen geschmückt, Boten nach verschiedenen Seiten ausgesandt, und die Gräfin selber befand sich in lebhafter, aber jedenfalls freudiger Aufregung.
Die Gräfin Alexandrine, die Schwester des jungen Eduard von Benner und etwa vier oder fünf Jahr älter als ihr Bruder, war eine jener Erscheinungen, die man, obgleich man sie keine blendende Schönheit nennen konnte, auf den ersten Blick liebgewinnen mußte, eine so ruhige Sanftmuth, eine so Herzen erobernde Freundlichkeit war über ihre Züge ausgegossen, und auf wem auch immer das blaue Auge ruhte, er fühlte dessen Zauber und konnte ihm nicht widerstehen.
So hatte sie ihrem Gatten das Haus zu einem Paradiese umgeschaffen; so war sie die Wohlthäterin und der Schutzgeist aller benachbarten Armen geworden und selbst die Dienerschaft betete sie an und suchte ihr Alles an den Augen abzulesen.
Die Gräfin Alexandrine hatte zwei Kinder – eine Tochter von elf und einen Knaben von fünf Jahren, und lebte mit diesem und ihrem Gatten still und zurückgezogen auf Schloß Galaz. Sie liebte das wilde Treiben der Residenz nicht, und der Graf selber jagte viel lieber in seinen Wäldern und fischte in seinen Seeen, als daß er sich der steifen Etikette des Hofes fügte. Manchmal freilich konnte er sich ihr nicht ganz entziehen, und auch gerade jetzt war er schon wieder seit mehren Tagen dorthin befohlen worden, um an einigen Hofjagden Theil zu nehmen, und gerade jetzt vermißte ihn die Gräfin so schmerzlich, da sie ihren Bruder zurückerwartete, der schon vor mehren Tagen in der Residenz eingetroffen sein mußte und sie trotzdem noch nicht aufgesucht hatte. Heute Morgen aber war ein Brief von ihm angelangt, heute kam er gewiß und eine eigene Unruhe hatte die sonst so stille und ruhige Frau erfaßt, die sie in keinem Zimmer rasten ließ und immer wieder hinaus auf den Söller trieb, um nach ihm auszuschauen.
Endlich – endlich wirbelte weit auf der Straße draußen der Staub auf, und die Töne eines munteren Hornes schallten herüber – es war eine Extrapost. Alexandrine winkte draußen auf dem Balcon mit ihrem Taschentuch – das Zeichen wurde erwidert, und wenige Minuten später rasselte der Wagen in den Hof, und die lange getrennten Geschwister lagen sich in den Armen.
»Mein lieber, lieber Eduard,« sagte die Schwester, als sie endlich oben mit ihm auf ihrem Zimmer saß, seine Hand in der ihren hielt und ihm in die Augen sah, – »oh, Gott sei Dank, daß wir Dich wieder haben aus der weiten fremden Welt – daß Du früher zurückgekommen wärst,« setzte sie leise und wehmüthig hinzu.
»Und der Vater ist im Zorn gegen mich geschieden?« sagte Eduard scheu.
»Nein – nein,« rief Alexandrine rasch, »gerade in der letzten Zeit sprach er oft von Dir und bereute, daß er vielleicht zu hart gegen Dich gewesen. – Ich würde auch schon früher an Dich geschrieben haben, aber wir hatten keine Ahnung, in welchem Welttheil selbst Du Dich befändest, und erst nach des Vaters Tod erzählte ein in der Residenz weilender Fremder, daß er einen Eduard von Benner in Süd-Australien getroffen habe. Nur auf das unbestimmte Gerücht hin schickte ich Dir den Brief. – Böser, böser Bruder, daß Du nicht einmal mir, Deiner Alexandrine, ein Lebenszeichen geben konntest, und daß fremde Menschen es mir bringen mußten.«
»Meine theure Schwester!«
»Wie wir uns hier nach Dir gesehnt, in jener Schreckenszeit – aber jetzt bist Du ja wieder da – bist wieder bei uns und gehst nie und nimmer wieder fort.«
»Meine gute Alexandrine.«
»Und wie braun und sonnverbrannt Du geworden bist – fast wie ein Indianer und was für harte Hände Du bekommen – oh, Du hast gewiß schwere und böse Arbeit thun müssen, Du störrischer, trotziger Mensch Du!«
»Schwere Arbeit in der That.«
»Und so allein hast Du indessen unter den fremden kalten Menschen leben können, mit Niemandem der Dich liebte und für Dich sorgte – das besonders hat mir das Herz so schwer gemacht, und wie oft sind mir, wenn ich an Dich dachte, die Thränen in die Augen gekommen! Oh, es muß schrecklich da draußen sein – ganz schrecklich – mag die Natur auch in allen ihren Reizen prangen.«
Eduard schwieg und sah scheu und seufzend vor sich nieder, denn er wagte nicht der Schwester zu gestehen, daß er verheirathet sei – mit wem er sich verheirathet habe – wenigstens jetzt noch nicht. Er mußte erst selber ruhiger und gefaßter sein – mußte sie ruhiger finden, um dann mit ihr seinen künftigen Lebensplan zu überlegen.
»Und doch wäre ich kaum so rasch nach Deutschland zurückgekommen,« sagte er endlich, »wenn Du in Deinem Brief nicht gar so dringend darauf bestanden und mir geschrieben hättest, daß meine Gegenwart hier unumgänglich nöthig sei.«
»Verzeih' mir die kleine List,« lächelte da herzlich Alexandrine, »meine Liebe zu Dir dictirte den Brief, und ich mußte Dich wieder hier, wieder bei uns haben. Die Geldangelegenheit, Du lieber Gott, das hätten wir auch ohne Dich arrangiren können, und haben es in der That schon gethan, denn mein Mann hat die ganze Sache, und wie Du Dich fest darauf verlassen kannst, Dein Interesse besonders dabei wahrend, geordnet.«
»So war es nicht nöthig?«
»Und reut es Dich, daß Du gekommen bist, Eduard?« sagte sie mit leisem Vorwurf in dem Ton.
»Nein – nein, Alexandrine!« rief er herzlich, sie an sich pressend – »wie kannst Du das glauben! – Wüßtest Du nur, wie oft ich selber mich nach Euch gesehnt!«
»Oh, wie gern glaub' ich Dir das, Eduard,« erwiderte sie, seine Hand drückend, – »armer, armer Wanderer, der, so weit in die Welt hinausgeschleudert, Alles zurücklassen mußte, was ihm lieb und theuer war, und nichts dafür wiederfand, als fremde, gleichgültige Menschen. – Aber jetzt, Gott sei Dank, ist das anders,« setzte sie rasch und lebhaft hinzu, als sie sah, wie sich ein Ausdruck von Schmerz über seine Züge stahl, dem sie freilich eine ganz andere Deutung gab, »jetzt bleibst Du bei uns! Du bist älter und vernünftiger geworden, Du hast Welt und Menschen kennen, Du hast an einer bestimmten Thätigkeit Freude gewinnen lernen, und hier, in unserer Mitte, wird Dich ein ganz besonderer Eifer treiben, das, was Du draußen erfahren, bei uns zu verwerthen. Unsere Güter liegen nicht so weit von einander entfernt, Bennerberg, unsere Geburtsstätte, wirst Du Dir gewiß zum Wohnsitz wählen, Dein Herz hing ja immer an dem alten Ort; dann nimmst Du Dir ein Weib, und Du wirst sehen, daß auch die Heimath ihre Vorzüge hat, ja, daß sie von keinem anderen Land der Erde übertroffen werden kann.«
»Glaube auch ja nicht,« fuhr sie rasch und gesprächig fort, als sie sah, wie sich ein wehmüthiger Zug um seine Lippen stahl, »daß es uns hier, auf dem Lande, an einem geselligen Leben fehlt – wir halten vorzügliche Nachbarschaft. Da ist Graf Sponneck, – Du mußt Dich ja auf den alten, etwas stolzen Herrn noch besinnen, mit einer ganz liebenswürdigen Familie und zwei reizenden Töchtern – da ist Baron Bromfels, der auf Bromfels lebt, da ist der alte Comthur Benthausen, der jetzt, zu seinen Enkeln gezogen, ordentlich wieder aufzuleben scheint, da sind noch eine Menge prächtige Familien, alle zu den besten des Landes zählend, die Dich mit offenen Armen empfangen werden.«
»Ich bin dieser Gesellschaft so entwöhnt,« sagte Eduard verlegen.
»Du wirst Dich rasch wieder hineingewöhnen,« lächelte seine Schwester, »an Deinem Aeußeren sieht Dir auch wahrlich