Die Verschwörung des Fiesco zu Genua. Friedrich von Schiller

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Die Verschwörung des Fiesco zu Genua - Friedrich von Schiller

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(hält beide Hände vors Gesicht und wankt in den Sopha). Sei ruhig. Es ist nur ein Schwindel, meine Tochter. (Läßt die Hände sinken; ein Todtengesicht.)

      Bertha (die Hände ringend). Barmherziger Himmel! das ist mein Vater nicht mehr.

      Verrina (nach einer Pause mit bitterm Gelächter). Recht so! recht so! Memme Verrina! – daß der Bube in das Heiligthum der Gesetze griff – diese Aufforderung war dir zu matt – der Bube mußte noch ins Heiligthum deines Bluts greifen – (Springt auf.) Geschwind! rufe den Nicolo – Blei und Pulver – oder halt! halt! ich besinne mich eben anders – besser – Hole mein Schwert herbei, bet' ein Vaterunser. (Die Hand vor die Stirne.) Was will ich aber?

      Bertha. Mir ist sehr bange, mein Vater.

      Verrina. Komm, setzt dich zu mir. (Bedeutend.) Bertha, erzähle mir – Bertha, was that jener eisgraue Römer, als man seine Tochter auch so – wie nenn ich's nun – auch so artig fand, seine Tochter? Höre Bertha, was sagte Virginius zu seiner verstümmelten Tochter?

      Bertha (mit Schaudern). Ich weiß nicht, was er sagte.

      Verrina. Närrisches Ding – Nichts sagte er. (Plötzlich auf, faßt ein Schwert.) Nach einem Schlachtmesser griff er-Bertha (stürzt ihm erschrocken in die Arme). Großer Gott! was wollen Sie thun?

      Verrina (wirft das Schwert ins Zimmer). Nein! noch ist Gerechtigkeit in Genua!

      Eilfter Auftritt

      Sacco. Calcagno. Vorige.

      Calcagno. Verrina, geschwind! Mache dich fertig. Heute hebt die Wahlwoche der Republik an. Wir wollen früh in die Signoria, die neuen Senatoren wählen. Die Gassen wimmeln von Volk. Der ganze Adel strömt nach dem Rathhaus. Du begleitest uns doch, (spöttisch) den Triumph unsrer Freiheit zu sehen.

      Sacco. Ein Schwert liegt im Saal. Verrina schaut wild. Bertha hat rothe Augen.

      Calcagno. Bei Gott! das nehm' ich nun auch gewahr – Sacco, hier ist ein Unglück geschehen.

      Verrina (stellt zwei Sessel hin). Setzt euch.

      Sacco. Freund, du erschreckst uns.

      Calcagno. So sah ich dich nie, Freund. Hätte nicht Bertha geweint, ich würde fragen: geht Genua unter?

      Verrina (fürchterlich). Unter! Sitzt nieder!

      Calcagno (erschrocken, indem sich Beide setzen). Mann! Ich beschwöre dich!

      Verrina. Höret!

      Calcagno. Was ahnet mir, Sacco?

      Verrina. Genueser – ihr Beide kennt das Alterthum meines Namens. Eure Ahnen haben den meinigen die Schleppe getragen. Meine Väter fochten die Schlachten des Staats. Meine Mütter waren Muster der Genueserinnen. Ehre war unser einziges Capital und erbte vom Vater zum Sohn – oder wer weiß es anders?

      Sacco. Niemand.

      Calcagno. So wahr Gott lebt, Niemand.

      Verrina. Ich bin der letzte meines Geschlechts. Mein Weib liegt begraben. Diese Tochter ist ihr einziges Vermächtniß. Genueser, ihr seid Zeugen, wie ich sie erzog. Wird Jemand auftreten und Klage führen, daß ich meine Bertha verwahrloste?

      Calcagno. Deine Tochter ist ein Muster im Lande.

      Verrina. Freunde! ich bin ein alter Mann. Verliere ich diese, darf ich keine mehr hoffen. Mein Gedächtniß löscht aus. (Mit einer schrecklichen Wendung.) Ich habe sie verloren. Infam ist mein Stamm.

      Beide. (in Bewegung). Das wolle Gott verhüten! (Bertha wälzt sich jammernd im Sopha.)

      Verrina. Nein! Verzweifle nicht, Tochter. Diese Männer sind tapfer und gut. Beweinen dich diese, wird's irgendwo bluten. – Seht nicht so betroffen aus, Männer. (Langsam, mit Gewicht.) Wer Genua unterjocht, kann doch wohl ein Mädchen bezwingen?

      Beide (fahren auf, werfen die Sessel zurück). Gianettino Doria!

      Bertha (mit einem Schrei). Stürzt über mich, Mauern! mein Scipio!

      Zwölfter Auftritt

      Bourgognino. Vorige.

      Bourgognino (erhitzt). Springe hoch, Mädchen! Eine Freudenpost! – Edler Verrina, ich komme, meinen Himmel auf Ihre Zunge zu setzen. Schon längst liebte ich Ihre Tochter, und nie durft' ich es wagen, um ihre Hand zu bitten, weil mein ganzes Vermögen auf falschen Brettern von Coromandel schwamm. Eben jetzt fliegt meine Fortuna wohlbehalten in die Rhede und führt, wie sie sagen, unermeßliche Schätze mit. Ich bin ein reicher Mann. Schenken Sie mir Bertha, ich mache sie glücklich. (Bertha verhüllt sich, große Pause.)

      Verrina (bedächtlich zu Bourgognino). Haben Sie Lust, junger Mensch, Ihr Herz in eine Pfütze zu werfen?

      Bourgognino (greift nach dem Schwert, zieht aber plötzlich die Hand zurück). Das sprach der Vater-Verrina. Das spricht jeder Schurk' in Italien. Nehmen Sie mit dem Abtrag von anderer Leute Gastung vorlieb?

      Bourgognino. Mach mich nicht wahnwitzig, Graukopf!

      Calcagno. Bourgognino, wahr spricht der Graukopf.

      Bourgognino (auffahrend, gegen Bertha stürzend). Wahr spricht er?

      Mich hätte eine Dirne genarrt?

      Calcagno. Bourgognino, nicht da hinaus. Das Mädchen ist engelrein.

      Bourgognino (steht erstaunt still). Nun! so wahr ich selig werden will. Rein und entehrt. Ich habe keinen Sinn für das. – Sie sehen sich an und sind stumm. Irgend ein Unhold von Missethat zuckt auf ihren bebenden Zungen. Ich beschwöre euch! Schiebt meine Vernunft nicht im Kurzweil herum. Rein wäre sie? Wer sagte rein?

      Verrina. Mein Kind ist nicht schuldig.

      Bourgognino. Also Gewalt! (Faßt das Schwert von dem Boden.)

      Genueser! bei allen Sünden unter dem Mond! Wo – wo find' ich den Räuber?

      Verrina. Eben dort, wo du den Dieb Genuas findest. – (Bourgognino erstarrt. Verrina geht gedankenvoll auf und nieder, dann steht er still.)

      Verrina. Wenn ich deinen Wink verstehe, ewige Vorsicht, so willst du Genua durch meine Bertha erlösen! (Er tritt zu ihr, indem er den Trauerflor langsam von seinem Arme wickelt, darauf feierlich.) Eh das Herzblut eines Doria diesen häßlichen Flecken aus deiner Ehre wäscht, soll kein Strahl des Tages auf diese Wangen fallen. Bis dahin – (er wirft den Flor über sie) verblinde! (Pause. Die Übrigen sehen ihn schweigend, betreten an.)

      Verrina (feierlicher, seine Hand auf Berthas Haupt gelegt). Verflucht sei die Luft, die dich fächelt! Verflucht der Schlaf, der dich erquickt! Verflucht jede menschliche Spur, die deinem Elend willkommen ist! Geh hinab in das unterste Gewölb meines Hauses. Winsle, heule, lähme die Zeit mit deinem Gram. (Unterbrochen von Schauern fährt er fort.) Dein Leben sei das gichterische Wälzen des sterbenden Wurms – der hartnäckige, zermalmende Kampf zwischen Sein und Vergehen. – Dieser Fluch hafte auf dir, bis Gianettino den letzten Odem verröchelt hat. – Wo nicht, so magst du ihn nachschleppen längs der Ewigkeit, bis man ausfindig macht, wo die zwei Enden ihres Rings in einander greifen.

      (Großes Schweigen. Auf allen Gesichtern Entsetzen. Verrina blickt

      Jeden

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