Emil und die detektive / Эмиль и сыщики. Книга для чтения на немецком языке. Эрих Кестнер

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Emil und die detektive / Эмиль и сыщики. Книга для чтения на немецком языке - Эрих Кестнер

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dicke Dame, die sich den linken Schuh ausgezogen hatte, weil er drückte, sagte zu ihrem Nachbarn, einem Mann: „Solche höflichen Kinder sind heutzutage selten. Wenn ich da an meine Jugend zurückdenke. Gott! Da herrschte ein anderer Ton.11

      Dass es Leute gibt, die immer sagen: Gott, früher war alles besser, das wusste Emil längst. Und er hörte überhaupt nicht mehr hin, wenn jemand erklärte, früher sei die Luft gesünder gewesen, oder die Kühe hätten größere Köpfe gehabt, denn das war meistens nicht wahr, und die Leute gehörten bloß zu der Sorte, die nicht zufrieden sein wollen, weil sie sonst zufrieden wären.

      Er befühlte seine rechte Jackentasche und war erst beruhigt, als er das Kuvert knistern hörte. Die Mitreisenden sahen auch nicht gerade wie Diebe und Mörder aus. Neben dem Mann und der dicken Frau saß eine andere Frau. Und am Fenster, neben Emil, las ein Herr im steifen Hut12 die Zeitung.

      Plötzlich legte er die Zeitung weg, holte aus seiner Tasche ein Stück Schokolade und sagte: „Na, junger Mann, wie wär’s?“

      „Gerne“, antwortete Emil und nahm die Schokolade. Dann nahm er schnell seine Mütze ab und sagte: „Emil Tischbein ist mein Name.“ Die Mitreisenden lächelten. Der Herr nahm nun auch ernst den steifen Hut ab und sagte: „Sehr angenehm, ich heiße Grundeis.“

      Dann fragte die dicke Dame, die den linken Schuh ausgezogen hatte: „Lebt denn in Neustadt der Herr Kurzhals noch?“

      „Ja, freilich lebt Herr Kurzhals noch“, sagte Emil, „kennen Sie ihn?“

      „Ja, grüß ihn schön von Frau Jakob aus Großgrünau.“

      „Ich fahre doch aber nach Berlin.“

      „Das hat ja auch Zeit, bis du zurückkommst“, sagte Frau Jakob.

      „So, so, nach Berlin fährst du?“, fragte Herr Grundeis.

      „Jawohl, und meine Großmutter wartet am Bahnhof Friedrichstraße am Blumenkiosk“, antwortete Emil und fasste sich wieder ans Jackett. Und das Kuvert knisterte, Gott sei Dank, noch immer.

      „Kennst du Berlin schon?“

      „Nein.“

      „Na, da wirst du aber staunen! In Berlin gibt es jetzt Häuser, die sind hundert Stockwerke hoch, und die Dächer hat man am Himmel festbinden müssen, damit sie nicht wegfliegen … Und wenn es jemand besonders eilig hat und er will in ein anderes Stadtviertel, so packt man ihn auf dem Postamt in eine Kiste und schießt sie wie einen Rohrpostbrief zu dem Postamt, das in dem Viertel liegt, wo er hin möchte… Und wenn man kein Geld hat, geht man auf die Bank und lässt sein Gehirn als Pfand dort13 und kriegt dafür tausend Mark. Der Mensch kann nämlich nur zwei Tage ohne Gehirn leben; und er kriegt es von der Bank erst wieder, wenn er zwölfhundert Mark zurückzahlt…“

      „Sie haben wohl Ihr Gehirn auch gerade auf der Bank“, sagte der Mann neben der Frau Jakob zu dem Herrn im steifen Hut und fügte hinzu: „Lassen Sie doch den Unsinn!“14

      Emil lachte gezwungen. Und die beiden Herren redeten eine Zeit lang recht unhöflich miteinander. Emil dachte: Was geht das mich an! und packte seine Wurstbrote aus, obwohl er eben erst Mittag gegessen hatte. Wenig später hielt der Zug auf einem großen Bahnhof. Emil sah kein Stationsschild, und er verstand auch nicht, was der vor dem Fenster rief. Fast alle Fahrgäste stiegen aus, nur der Mann im steifen Hut blieb.

      „Also grüße Herrn Kurzhals schön“, sagte Frau Jakob noch. Emil nickte.

      Und dann waren er und der Herr mit dem steifen Hut allein. Das gefiel Emil nicht sehr. Ein Mann, der Schokolade verteilt und verrückte Geschichten erzählt, ist nichts Genaues. Emil wollte wieder nach dem Kuvert fassen. Er wagte es aber nicht, sondern ging, als der Zug weiterfuhr, auf die Toilette, holte dort das Kuvert aus der Tasche, zählte das Geld – es stimmte immer noch – und war ratlos, was er machen sollte. Endlich kam ihm ein Gedanke. Er nahm eine Nadel, die er im Jackett fand, steckte sie erst durch die drei Scheine, dann durch das Kuvert und schließlich durch das Anzugfutter. So, dachte er, nun kann nichts passieren. Und dann ging er wieder ins Kupee.

      Herr Grundeis hatte es sich in einer Ecke gemütlich gemacht und schlief. Emil war froh, dass er sich nicht zu unterhalten brauchte, und blickte durchs Fenster. Bäume, Windmühlen, Felder, Fabriken, Kühe, winkende Bauern zogen draußen vorbei. Und es war sehr hübsch anzusehen, wie sich alles vorüberdrehte, fast wie auf einer Grammofonplatte. Aber schließlich kann man nicht stundenlang durchs Fenster starren.

      Herr Grundeis schlief weiter und schnarchte ein bisschen. Emil war in der anderen Ecke des Kupees und betrachtete den Schläfer. Warum der Mann nur immer den Hut aufbehielt? Und ein langes Gesicht hatte er, einen ganz dünnen schwarzen Schnurrbart und hundert Falten um den Mund, und die Ohren waren sehr dünn und standen weit ab.

      Wupp! Emil erschrak. Beinahe wäre er eingeschlafen15. Das durfte er ja nicht. Wenn doch jemand zugestiegen wäre!16 Der Zug hielt ein paar Mal, aber es kam kein Mensch. Dabei war es erst vier Uhr, und Emil hatte noch über zwei Stunden zu fahren. Er kniff sich in die Beine.17 In der Schule half das immer in Herrn Bremsers Geschichtsstunden.

      Eine Weile ging’s. Und Emil dachte an Pony Hütchen. Aber er konnte sich gar nicht mehr ihr Gesicht vorstellen. Er wusste nur, dass sie – als sie und die Großmutter und Tante Martha in Neustadt gewesen waren – mit ihm hatte boxen wollen. Er hatte natürlich nein gesagt, weil sie Papiergewicht war und er mindestens Halbschwergewicht. Das wäre unfair, hatte er damals gesagt. Und wenn er ihr einen Uppercut ge-ben würde, müsse man sie hinterher von der Wand abkratzen. Sie hatte aber erst Ruhe gegeben, als Tante Martha da. zwischenkam.

      Schwupp! Er fiel fast von der Bank. Schon wieder eingeschlafen? Er kniff und kniff sich in die Beine. Und trotzdem wollte es nichts nützen.

      Er versuchte es mit Knopfzählen. Er zählte von oben nach unten und dann noch einmal von unten nach oben.

      Von oben nach unten waren es dreiundzwanzig Knöpfe. Und von unten nach oben vierundzwanzig. Emil lehnte sich zurück und überlegte, woran das wohl liegen könnte.

      Und dabei schlief er ein.

Beantworten Sie die Fragen!

      1. War Emil ein höflicher Mensch? Beweisen sie das!

      2. Was für Nachbarn hatte Emil bei seiner Reise?

      3. Schienen die Mitreisenden ihm verdächtig?

      4. Wer hat ihn mit Schokolade bewirtet?

      5. Wie hat sich Emil gefühlt?

      6. Hat sich Emil mit Fahrgästen bekannt gemacht?

      7. Welchen Auftrag hat Frau Jakob Emil gegeben?

      8. Auf welchen Gedanken ist Emil gekommen?

      9. Was hat er mit dem Briefumschlag gemacht?

      10. Was hat Herr Grundeis gemacht?

      11. Beschreiben Sie sein Äußeres!

      12. Wodurch ist Herr Grundeis Emil

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<p>11</p>

Wenn ich da an meine Jugend zurückdenke. Gott! Da herrschte ein anderer Ton. – Когда я вспоминаю свою молодость. О Боже! Это были совсем другие времена.

<p>12</p>

ein Herr im steifen Hut – господин в котелке

<p>13</p>

man lässt… sein Gehirn als Pfand dort – оставляют в залог свои мозги

<p>14</p>

Lassen Sie doch den Unsinn! – Не городите чушь!

<p>15</p>

Beinahe wäre er eingeschlafen. – Он чуть не заснул.

<p>16</p>

Wenn doch jemand zugestiegen wäre! – А если бы в вагон сел еще кто-нибудь!

<p>17</p>

Er kniff sich in die Beine. – Он ущипнул себя за ноги.