Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield

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Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen - Charles  Sealsfield

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einer Weile fort – »mußten die zwei Unglücklichen niederknien, und die sechs fürchterlichen Männer schossen auf sie, bis sie tot zur Erde sanken. Der Seeräuber nannte es Exekution. Des Morgens war er mit den Seinigen verschwunden. Nach zwei Wochen kam er wieder. Er brachte viele Feuergewehre für die Männer, Wolldecken und Anzüge für die Weiber; und diese Kleider und noch andere«, sie deutete auf die an der Wand hängenden Anzüge, »schenkte er Canondah und deiner Schwester. Der Miko liebte ihn sehr, und die Unsrigen fürchteten sich anfangs, aber bald liebten sie ihn auch.«

      Sie war im Begriff, mehr zu sagen, hielt jedoch inne, als sie bemerkte, daß ihr Zuhörer in tiefes Nachdenken gesunken. Die kunstlose Erzählung hatte ihn das Verhältnis seiner neuen Umgebungen so ziemlich deutlich erkennen lassen. Er befand sich wirklich im Wigwam eines Freundes des berüchtigten Seeräubers Lafitte, dessen Kühnheit den westlichen Archipel und besonders den Seebusen von Mexiko schon so lange zittern gemacht. Er hatte sich seine Schlupfwinkel in der Insel von Barataria zwischen unzugänglichen Morästen und Untiefen so gewählt, daß ihm, im Falle eines Angriffes von der See, noch immer der Rückzug durch die Sümpfe übrig blieb, in denen er verborgene Pfade und Auswege angelegt hatte. So war er wenigstens für die Zeit des Krieges gegen die Justiz des Staates Louisiana gesichert, der ohnedies vollauf zu tun hatte, um den Briten die Spitze zu einer Zeit zu bieten, wo ihre ungeteilte Kraft sich gegen die Amerikaner wenden konnte. Die Wahl gereichte seinem militärisch-seemännischen Scharfblicke wirklich zur Ehre, und ungestört hatte er bereits eine geraume Zeit sein Wesen getrieben.

      Es war auf einem seiner Ausflüge nach Louisiana und dem angrenzenden Mexiko, daß er die entzückend schönen Ufergürtel des Natchez und die Niederlassung der Indianer aufgefunden. Die reizende Lage des Dörfchens, die lieblichen Hütten, wie in einen prachtvollen Garten hingezaubert, hatten ihn mit Verwunderung und Verlangen erfüllt, die Bewohner näher kennen zu lernen. Gesetzlos und grausam, wie er war, konnten seiner Klugheit die Vorteile nicht entgehen, die er aus einer nähern Verbindung mit diesen Bewohnern wahrscheinlich ziehen würde, und diesen Gründen hatten die Wilden die Schonung und strenge Mannszucht zu verdanken, die er zugleich zum Tagsbefehl werden ließ.

      Als er mit dem Miko bekannt geworden war, hatten sich seine Vermutungen begründet, und er trat mit diesem und seinen Indianern allmählich in einen Verkehr, der für beide Parteien äußerst vorteilhaft geworden war. Das Mißtrauen, das den Wilden gegen jeden Weißen angeboren ist, hatte er schnell durch die Exekution zweier seiner ruchlosen Gesellen beschwichtigt, so daß jene ihm anfangs zwar scheu, doch immer noch mit mehr Zuvorkommenheit, als er erwarten konnte, entgegenkamen. Allmählich waren jedoch die Verhältnisse freundschaftlicher geworden. Die Indianer versorgten ihre Gäste mit auf Handmühlen geriebenem Maismehl, Wildbret, Buffalofleisch und Geflügel, wofür die Seeräuber ihnen Feuergewehre, Kleidungsstücke und selbst Luxusartikel brachten. Die zwei geräumigern Hütten waren durch ihre Beihilfe erbaut, und mehrere Handwerker unter ihnen hatten sich wochenlang hier aufgehalten und sie in wohnlichen Zustand versetzt. Überhaupt war der blühende Wohlstand der Indianerkolonie größtenteils diesem Verkehre zuzuschreiben, bei dem sich der Franzose leichtsinnig-freigebig betrug. Diese Uneigennützigkeit, verbunden mit dem lebhaft muntern französischen Wesen, das den Indianer besonders anspricht, hatten ihm den Miko ganz gewonnen, der mit Sehnsucht der jedesmaligen Ankunft des Piraten entgegensah.

      Für den jungen Mann war natürlich dieses freundschaftliche Verhältnis weniger beruhigend. Es war ihm klar, daß der Seeräuber ihn mit seinen Gefährten aufgehoben, um der Entdeckung seines Schlupfwinkels zu entgehen. Er hatte seine Forts, seine Verteidigungsanstalten, seine Schwäche und Stärke gesehen. War es einem solchen Menschen nicht natürlich, ihn in der Stille aus dem Wege zu räumen, und ließ es sich erwarten, daß der von bitterm Hasse gegen die Weißen beseelte Indianer, der ihn noch dazu für einen Yankee halten mußte, zu seinen Gunsten Einsprache tun würde? Die bloße Möglichkeit, unter den Würgerhänden eines Seeräubers sein junges Leben zu beschließen, war schon empörend.

      »Und pflegt der Seeräuber häufig zum Miko zu kommen?« fragte er.

      »Wenn dieser von der Jagd zurückgekehrt ist, wird er mit den Seinigen kommen, Wildbret einzutauschen«, versetzte sie halb schaudernd.

      Die beiden wurden durch die Indianerin unterbrochen, die durch den Vorhang schlüpfte, bald Rosen, bald ihren Gast ansah, und sich nachdenkend vor die erstere hinstellte. Der flehende Blick dieser schien sie einen Augenblick unschlüssig zu machen. Endlich konnte sie sich jedoch nicht enthalten und brach in die Worte aus: »Bald möchte Canondah zum Narren werden. Warum dies, meine Schwester?« fragte sie auf das Kalikokleid deutend. »Canondah will gerne arbeiten und Feuerwasser und Kornmehl bereiten, ihr Vater eine Sonne länger im Busche bleiben, um die weiße Rosa der Oconees schön geschmückt zu sehen. Warum wirft meine Schwester die Geschenke des Miko von sich?« Ihre Stimme war halb Klage, halb Vorwurf.

      »Will der Miko, will meine Schwester Rosen im Gewand des Diebes sehen?«

      »Im Gewande des Diebes?« versetzte die Indianerin. »Hat nicht der Miko und Canondah dem Diebe Wildbret und Feuerwasser dafür gegeben? Haben nicht die Yankees unsere Rinder und Kühe gestohlen, und haben ihre Brüder sie nicht von ihnen eingetauscht?«

      »Aber«, versetzte Rosa.

      »Wenn El Sol in das Wigwam des Miko kommt«, setzte sie leiser hinzu, »dann schmückt sich Canondah zu seinem Empfange, und sein Auge verweilt gerne auf ihr. Meine Rosa muß den häßlichen Rock abwerfen, sonst wird sie der weiße Jüngling nicht in sein Wigwam aufnehmen.«

      »Aber Rosa will ja nicht in sein Wigwam«, erwiderte diese, sich ein wenig stolz und unbewußt erhebend. »Sie liebt ihn als ihren Bruder.«

      Die Indianerin, ohne jedoch auf ihre Worte zu hören, wandte sich zum Jüngling, der einige Schritte seitwärts in Gedanken versunken war.

      »Nicht wahr, mein Bruder liebt, die weiße Rosa geschmückt zu sehen?«

      Die plötzliche Frage machte ihn weit aufstarren.

      »Meine Schwester hat ihr häßliches Kleid angelegt, weil es nicht vom Diebe der Salzsee kommt; sie glaubt so meinem Bruder besser zu gefallen.«

      Des Briten plötzlich auf sie gerichteter Blick überzeugte die arme Rosa, daß er erst jetzt das ihm gebrachte Opfer bemerke.

      »Aber Canondah!« rief das verletzte Mädchen in peinlicher Verlegenheit; »wie kannst du doch so grausam sein?«

      »Grausam!« versetzte die Indianerin kopfschüttelnd. »Meine Schwester spricht nicht, wie ihr Herz denkt. War es nicht sie, auf deren Bitte Canondah den weißen Fremdling durch das Rohr trug und in den hohlen Baum legte? War es nicht für sie, daß sie ihn in das Wigwam ihres Vaters brachte und die alte Winondah bestach, und«, setzte sie leiser hinzu, »sich dem Zorne des Miko aussetzte? Und nun sie die Türe zum Wigwam –«

      »Um Gottes willen halte ein!« rief Rosa.

      »Canondah«, sprach die Indianerin ernst, »hat dem Fremdling ein Wigwam gegeben. Ihr Vater liebt sie sehr! er hört ihre Stimme gern, wenn sie ihm die Taten seiner Vorfahren ins Ohr lispelt. Er wird seine Tochter nicht tadeln, er wird dem Diebe der Salzsee den Rücken kehren und Rosa in die Hütte ihres weißen Bruders führen. Nicht wahr, mein Bruder wird die weiße Rosa in sein Wigwam nehmen?« fragte sie, sich zum Briten wendend.

      Ein unwillkürlich höhnisch-spottendes, bitteres Lächeln verzog den Mund des letztern bei dieser sonderbaren Aufforderung; rasch suchte er sich jedoch zusammenzunehmen. Allein es war zu spät.

      Der Blick des Naturkindes ist scharf und richtig, und er hatte den beiden Mädchen bereits sein Innerstes aufgeschlossen. Eine peinliche Stille herrschte während einiger Augenblicke. Die Indianerin, die in ihren Bemerkungen zugunsten ihres Lieblings so unzart

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