Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield

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Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen - Charles  Sealsfield

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den beiden Mädchen dagestanden. Er hatte einige Male gesucht Worte zu finden. Endlich brach er aus.

      »Canondah! Rosa!« begann er mit stockender Stimme; doch die Indianerin schien bloß mit dem Schmerze ihrer Geliebten beschäftigt. Sie winkte ihm, sich zu entfernen.

      »Ich muß euch verlassen, liebe Mädchen. – Die Stimme der Pflicht, mein Eid, meine Ehre fordert es. Alles ist verloren, wenn ich hier bleibe.«

      Die Indianerin hielt noch immer Rosen mit beiden Almen umschlungen, das Gesicht der letztem an ihrem Busen verborgen. Nun jedoch legte sie diese sanft auf das Lager hin, und rasch aufstehend sprach sie:

      »Glaubt die weiße Schlange, eine Törin vor sich zu sehen, weil Canondah ihre Hand einem Verräter ausgestreckt hat? Er mag wissen, daß sie ihm diese nicht auf seinem Pfade reichen wird.«

      »Dann muß ich ihn allein, ohne Wegweiser suchen«, versetzte dieser rasch.

      »Hat die weiße Schlange die Läufe des Hirsches, die Geschwindigkeit des Eichhörnchens, die Schwimmfüße des Alligators, daß sie aus dem Wigwam des Miko zu entfliehen gedenkt?« rief sie hohnlachend. »Die weiße Schlange ist gefangen«, setzte sie triumphierend hinzu.

      »Hat es Canondah ihrer Schwester nicht immer gesagt?« fuhr sie zu Rosen gekehrt fort, »daß er ein Späher ist, der wie ein Dieb zur Nachtzeit sich eingeschlichen, als der Miko den Rücken wenden wollte.«

      »Noch einmal, Canondah,« versetzte der Jüngling, »ich bin ein Brite, ein Offizier, vom Seeräuber überfallen und seiner Mordhöhle entronnen. Mein Entschluß steht fest, ich muß euch verlassen.«

      Er wollte Rosen bei der Hand fassen; doch die Indianerin prallte zurück, als ob sich ihr ein Verpesteter genähert hätte, und heftig auf den Vorhang deutend, umschlang sie das Mädchen wieder. Er entfernte sich schweigend und betroffen.

      Zehntes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Es war etwas in dem Benehmen des jungen Mannes während der letzten Auftritte gewesen, das rasch, vorschnell, ja herzlos genannt werden dürfte. Selbst beim reinsten Pflichtgefühl mochte es immerhin nicht vonnöten gewesen sein, die Eigenliebe der edlen Naturkinder so plötzlich, so tief zu verletzen. Der in seinem Gesichte ausgesprochene und dem Briten so eigentümliche Zug von schneidendem Hohne war im hohen Grade unedel, selbst wenn wir die ungestüme Zudringlichkeit der Indianerin zu seiner Entschuldigung gelten lassen wollen. Nichtsdestoweniger dürfte es schwer sein, den Jüngling leichthin zu verdammen oder rücksichtsloser Roheit zu beschuldigen. Es liegt nun einmal im britischen Charakter jener abstoßende starre Zug, der sich so gern isoliert, und scharf in sich selbst einzwängt, jener schroffe, unbeugsame, aristokratische Sinn, der sich selbst, und nur sich selbst im Auge hat. Wir würden ihn verdammen, diesen selbstsüchtigen Kaufmanns- und Aristokraten-Zwittersinn, der im ersten Augenblicke gewissermaßen aus dem Gesichte des Angeschauten herausmißt, ob er wohl näherer Berührung würdig sei, wenn er nicht eine so achtbare Grundlage und so große Dinge bewirkt hätte. Es liegt dieser Gefühllosigkeit eine Verstandesreife zum Grunde, die nur durch vielfältig überstandene Kämpfe und Gefahren, durch lange Anschauung, durch vielfältig angestellte Vergleiche zwischen Wirklichkeit und Täuschung, durch kräftig bewirktes Gelingen und erkämpften Genuß von positiven Rechten und Freiheiten erwuchs; ein Gefühl, das zur Selbstachtung geworden, ein bereits höherer, edlerer Nationalstolz, der sich nicht töricht sklavischer Weise auf gewonnene Schlachten und den Ruhm eines sogenannten Kriegshelden, sondern auf positives, selbst erworbenes Recht gründet, der bereits in die Klassen des Volkes gedrungen, und, ungeachtet des aristokratisch-kastischen Beigeschmacks, der sicherste Bürge fortschreitender Freiheit ist. Dieser positive Sinn ist es, dieses Festhalten der Stufe der gesellschaftlichen Leiter, sie mag nun hoch oder niedrig sein, welcher allein wahre Volksfreiheit möglich macht.

      Der unangenehme Auftritt hatte übrigens die Verhältnisse, die sich seit den letzten Tagen zwischen den dreien angesponnen hatten, plötzlich zerrissen. Zwar fand er noch immer sein Mahl jeden Morgen hinter der Büffelhaut in seinem Stübchen; aber von der bereitwilligen Hand, die es hingesetzt, war keine Spur mehr zu sehen gewesen. Obgleich er diese Kälte selbst herbeigeführt, so hatte er doch nichts weniger als Ruhe gewonnen; im Gegenteil, er war nun rastlos und unstet, seine Hütte, das Dörfchen waren ihm zu enge geworden. Er war in dem Walde, in den Palmettofeldern umhergerannt, aber mit jedem Schritte, mit jeder Stunde war seine Miene düsterer, seine Unruhe größer geworden.

      Es war in der letzten Nacht der zweiten Woche, die er bereits hier verlebt hatte. Seine trübe Phantasie hatte ihn aufgejagt von seinem Lager und in den Wald getrieben, wo er umhergeschweift war, bis die naßkalte Nachtluft und das gedehnte, gellende Gelächter der Eulen ihn zurückjagte. Eben kam er auf seine Hütte zugerannt, als eine weiße Gestalt hinter der Ecke hervortrat und hastig auf ihn zuschritt. Es war Rosa.

      »Mein Bruder!« sprach sie, und ihre Stimme zitterte, »Canondah ist mit unsern Schwestern gegangen, den Wasservögeln Schlingen zu legen. Rosa ist zu ihrem Bruder geeilt.«

      »Meine teuerste Schwester, dieser Besuch«, erwiderte der Jüngling stockend.

      »Rosa weiß es von der Hütte des weißen Zwischenhändlers, daß sie ihren Bruder zur Nachtzeit nicht sehen sollte, aber sie liebt ihn sehr und muß ihm etwas sagen.«

      »Doch, meine teure Rosa«, stockte er in immer steigender Verlegenheit.

      »Die Nachtluft ist kalt«, sprach sie. »Komm und laß uns in die Hütte treten, die Winde sind verräterische Boten unsrer Worte.« Sie schlüpfte durch die Büffelhaut, schloß diese sorgfältig an den Türbalken, zog dann ein Gefäß mit Kohlen aus einem Körbchen und zündete eine Kienfackel an, die sie zwischen die Balken steckte; dann trat sie zur Türe und winkte ihm, sich auf seinem Ruhebette niederzulassen.

      »Mein Bruder ist seiner Schwester böse,« sprach sie, »Canondah hat ihm Kummer gemacht.«

      »Nein, meine Teure; ich bin dir nicht böse. Wäre es möglich, das mir angebotene Glück sollte –« er stockte. Sie ließ ihn nicht ausreden.

      »Canondah«, sprach sie mit sanfter Stimme, »ist gut, sehr gut, sie ist die Mutter der roten Töchter, aber sie hat nicht in den Busen der weißen Rosa gesehen, sie hat auch ihren Bruder nicht verstanden.«

      »Ja, wohl nicht«, versetzte er.

      »Sie hat die Wangen Rosas mit Schamröte überzogen, mein Bruder! Deine Schwester!« fuhr sie mit erhöhter, etwas festerer Stimme fort, »liebt dich sehr, aber sie liebt dich nicht, wie Canondah es meint, sie liebt dich wie einen weißen Bruder.« Das Auge des jungen Mannes zuckte ein wenig; er sah sie gespannt an.

      »Mein Bruder,« fuhr sie in wehmutsvollem Tone fort, »Rosa würde die Hälfte ihrer Tage gerne dahin geben, wenn sie eine weiße Schwester, einen weißen Bruder hätte. Sie wollte gerne seine Magd sein und seine Jagdtasche füllen und sein Jagdhemde nähen und seine Kornfelder besäen, obwohl die Squaws ihrer zarten Hände spotten. Mein Bruder! Rosa hat keine Schwester, der sie ihren Busen öffnen könnte. Rosa muß mit sich selbst reden oder den Vögeln des Himmels ihre Freude und ihren Schmerz mitteilen.«

      »Und du bist dann auch, unglückliches Mädchen, eine Gefangene?« fragte er mit bebender Stimme.

      »Nein, mein Bruder,« erwiderte sie, »Rosa ist keine Gefangene. Die Squaws lieben sie. Canondah ist ihr eine Mutter. Aber, mein Bruder,« und sie brach in einen Tränenstrom aus, »sie sind rot und Rosas Farbe ist weiß. In ihrem Herzen spricht es anders

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