Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield

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Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen - Charles  Sealsfield

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an den Hütten vorbei, so schnell, so leise, daß ihm der Atem und das Sehen verging. Gleich einer dunstigen Nachtgestalt schwebte sie vor ihm im dunkeln Sternenglanze und durch den düstern Nebel ohne Ruhe, ohne Rast, bis sie den dunkeln Wald betreten hatte. Ein tiefer Seufzer entfuhr ihrer Brust. Sie sprach jedoch kein Wort und eilte schnell ins Innere. Es war finstre Nacht im tiefen Walde. Kein Laut war zu hören, kein Lichtstrahl zu sehen. Immer tiefer in den Wald rannte sie. Nun ertönte ein lautes Getöse, wie das entfernte Gemurmel eines herannahenden drohenden Haufens.

      »Wir sind entdeckt,« rief der Jüngling, »die Eurigen sind uns auf der Spur.«

      »Nein,« sprach die Indianerin im tiefen Tone, »es sind die Bullfrösche.« Das Gebrüll wurde schauerlicher und schauerlicher. Sie näherte sich dem Sumpfe, der unter ihren Füßen zu beben schien im fürchterlichen Gebrülle dieser Tiere, zwischen welchem dann und wann das dumpfe Stöhnen eines noch nicht ganz erstarrten Alligators sich hören ließ.

      »Nun halte dich dicht an mich«, sprach die Indianerin, nachdem sie beinahe eine Stunde gerannt waren.

      Ihre Schritte wurden nun äußerst behutsam. Sie streckte einen Fuß vorwärts, zog ihn wieder zurück, trippelte eine Strecke weiter und versuchte den Grund auf dieselbe Weise. Wieder kam sie zurück und kauerte sich dann auf die Erde nieder, von der sie Haufen von Gras und Lehm weghob.

      »Wir sind auf den Stämmen, die die Unsrigen über den Sumpf gelegt haben. Halte dich nun am Zipfel meines Kleides.« Er faßte den Zipfel und beide schritten weiter.

      »Fasse mich mehr«, rief die Indianerin, »und habe acht, ein falscher Schritt begräbt dich für immer im Schlamme.«

      Sie waren endlich über den Sumpf.

      »Wirf deine Wolldecke über den Kopf«, sprach sie, als sie am jenseitigen Rande des Sumpfes angekommen waren. »Der Wald auf dieser Seite ist voll von Dornen. Tritt in meine Fußstapfen; der Schlangen sind hier viele, und ihr Stachel ist tödlich. Bücke dein Haupt, oder die Dornen werden dir dein Gehirn aufreißen.«

      »Was ist das?« schrie der Jüngling, der fortschreitend plötzlich fühlte, daß ihm seine Wolldecke vom Leibe gerissen wurde.

      Seine Führerin trat zurück. »Es ist der große Dorn; mein Bruder muß sein Haupt neigen und seine Jagdtasche über Brust und Kopf halten, sonst werden ihn die Dornen durchbohren.«

      Sie löste seine Decke vom Dorne und schritt weiter. Sie waren nun am Ufer des Sabine angelangt. Ohne einen Augenblick zu verlieren, sprang die Indianerin auf eine hohle Eiche zu.

      »Mein Bruder«, sprach sie, »muß mir helfen das Kanu ins Wasser schieben.«

      Beide nahmen das leichte Schiffchen und trugen es ohne Mühe ans Ufer hinab. Ein Stoß brachte es auf das Wasser. Sie nahm nun die Ruder und bat den Briten, still zu sitzen. Der Ruderschlag störte Hunderte von Schwänen, wilden Gänsen, Kranichen und Enten auf, die der ungewohnte Lärm in alle Richtungen über ihre Köpfe hinschwirren machte. Das Kanu glitt jedoch durch die Fluten, leicht wie eine Feder, dem Floßtiere nicht unähnlich. In wenigen Minuten hatten sie das östliche Ufer erreicht. Als sie ans Land gestiegen, nahm die Indianerin die Hand des Briten.

      »Mein Bruder muß nun seine Ohren öffnen, er darf kein Wort seiner Schwester auf den Boden fallen lassen. Sieh, die Wiesen auf dieser Seite des Wassers sind leer, und der Bäume sind nur wenige. Mein Bruder muß zuerst dem Ufer dieses Flusses entlang aufwärts gehen, bis die Sonne sich neigt, und bis die Nacht vorüber ist, dann mag er sein Antlitz der aufgehenden Sonne zuwenden und dem Winde, der rauh und kalt ihm ins Gesicht bläst. Weiß mein Bruder, von welcher Himmelsgegend der Wind heult? Die Bäume werden es ihm sagen; sie sind rauh auf der Seite, wo sie angeblasen werden. Der Sümpfe sind nicht viele. Wenn mein Bruder aber zu einem kommt, muß er wissen, die zu täuschen, die vielleicht ihm folgen werden.« Sie hielt inne, als ob sie eine Antwort erwartete. Der junge Mann schien jedoch in Gedanken verloren.

      »Meines Bruders Pfad«, sprach sie, »muß gekrümmt sein.« Wieder hielt sie inne, und dann sprach sie mit einer Stimme, deren sanft melodischer Ton das Innerste durchbebte. »Mein Bruder ist nun frei, und sein Pfad liegt offen vor ihm. Wenn er in die Wigwams seines Volkes kommt, dann mag er den weißen Mädchen zulispeln, daß die Töchter der roten Männer nicht weniger großmütig sind, als die der weißen. Möge mein Bruder nie vergessen, was die weiße Rose und ein rotes Mädchen getan haben, um seinen Pfad zu öffnen. Es wird vielleicht den Tomahawk ihres Vaters in ihrem Gehirne begraben«, flüsterte sie mit hohler, beinahe geisterartiger Stimme.

      »Canondah!« rief der Jüngling in starrem Entsetzen. »Um Gottes willen, Canondah! was ist dies? Was meinst du damit? Droht meine Flucht dir mit Gefahr? Nein, nimmer soll es das – ich will zurück. Ich will den Miko erwarten und den Seeräuber.«

      Aber das Mädchen hatte seine Hand fahren lassen und war das Ufer hinabgeflohen. Er rannte ihr nach, aber sie war bereits im Kanu, das leicht und schnell über den Wasserspiegel hinflog. Ein dumpfes Lebewohl tönte noch herüber durch den Nebelschleier, und dann waren nur noch einzelne Ruderschläge zu hören. Er rief sie bei ihrem Namen; sie gab keine Antwort. Er beschwor sie, ihn mitzunehmen; aber auch der letzte Wellenschlag war nun verklungen. Nichts als die gellenden Töne der Wasservögel waren noch zu hören.

      Elftes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Jener abenteuerliche Geist, der die anglo-normännische Nation vor allen übrigen Völkern so sehr auszeichnet und sie seit Jahrhunderten in die entferntesten Zonen getrieben, rastlos und nimmer ruhend, trotzig und geschmeidig, habsüchtig und großmütig, die ganze Erde mit ihrem kaufmännisch erobernden Netze überspannend; dieser abenteuerlich kühne und verschlagene Geist hat sich in mehr als vollem Maße auf die Abkömmlinge dieser Nation vererbt, die die ausgedehnten Strecken zwischen dem Mississippi und dem atlantischen Meere bewohnen. Beinahe scheint es, als ob die Vorsehung den sinnvollen Yankee zugleich dazu bestimmt hatte, den Samen der Freiheit gleich Zugvögeln über die ganze Erde zu verbreiten und so die Habsucht zu veredeln, die seinem waghalsigen Spiele zum Grunde liegt.

      Es ist leicht zu erachten, daß ein so rastloser Unternehmungsgeist eine so herrliche Gelegenheit, als ihm die Erwerbung von Louisiana so ganz in der Nähe darbot, nicht unbenutzt lassen werde. Und wirklich war die Umwälzung, die dieser Erwerb im Innern der Staaten zur Folge hatte, von einer zweiten Revolution wenig oder nicht verschieden, und die Züge der tausend Abenteurer, die zu Fuß und zu Pferd, zu Wagen und in Fahrzeugen aller Art, auf allen Pfaden und Strömen dem neuen Kanaan zueilten, kamen mit der Auswanderung der Israeliten auch darin überein, daß beide ihren zeitlichen Vorteil hinter höhern Tendenzen geschickt zu verbergen wußten.

      Es waren nun bereits mehr als zehn Jahre verflossen, seitdem dieser ungeheure Landstrich mit den Staaten vereinigt worden war. Dieser Zeitraum ungestörten und vollen Besitzes, sollte man gedacht haben, würde allmählich den Wanderungen ein Ziel gesetzt, und die genauere Kenntnis des Landes jene sanguinischen Erwartungen enttäuscht haben, denen sich Tausende überlassen hatten, ihre liegende Habe aufgebend und mit ihrer fahrenden dem neuen Lande zueilend.

      Allein so tief ist das unruhige Wanderleben ins Wesen der Yankee verwoben, daß die tausend gescheiterten Versuche nur dazu dienten, es desto mehr anzufachen. Der nach der Vereinigung plötzlich, gleich einem reißenden Strome dem Mississippi zugeeilte Schwarm von Müßiggängern und mittellosen Abenteurern war nun zwar verstoben; aber die Nachzügler hörten deshalb nicht auf, nur mit dem Unterschiede, daß sie, durch Erfahrung gewitzigt, das in der Tiefe des Bodens suchten, was jene auf der Oberfläche zu finden glaubten, und, weniger sanguinisch, sich mit der nördlichen

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