Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther Kabel

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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band - Walther Kabel

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geht.«

      Der Alte schaute sie von der Seite an. Ja, ja, so ein Berliner Fräulein …! Die waren ja wohl alle nur zum in den Glasschrank stellen.

      Eine dumpfe, kühle Luft schlug den Eintretenden entgegen. Es roch wie nach faulendem Holz.

      Langsam durchschritten sie die Zimmer. Die meisten waren unmöbliert hier im Erdgeschoß. Nur im neuen Flügel, den Frau Hölsch bewohnt hatte, gab es alten Hausrat, alles fast ärmlich. Und hier führte auch eine zweite Treppe, schmal, mit schlecht gestrichenen Holzstufen, in den Oberstock hinauf. Die Haustreppe lag in der Diele hinter dem Vordereingang in der Mitte des alten Flügels.

      Irma hatte schon die ganzen Tage seit ihrer Ankunft eine Frage auf den Lippen gehabt. Jetzt tat sie die scheu und zögernd.

      »Sagen Sie, Parlitz, es soll hier doch so etwas wie ein verschlossenes Zimmer gegeben?«

      Der alte Mann blieb stehen. In seinen Augen, die er fest auf Irmas Gesicht richtete, lag ein Ausdruck der Verwunderung und leichter Unruhe.

      »Woher – woher wissen Sie denn das?« meinte er fast unhöflich.

      Irma überhörte den Satz. Sie konnte Parlitz doch unmöglich von den Briefen der ›treuen Hand‹ erzählen. – Also das verschlossene Zimmer war jedenfalls vorhanden. Zu ihrer Beruhigung trug das nicht gerade bei.

      »Führen Sie mich hin,« sagte sie kurz.

      Parlitz schaute verlegen zu Boden, schlenkerte mit dem großen Schlüsselbunde hin und her. Dann schritt er kopfschüttelnd den Gang entlang bis zur Diele hin und erstieg die breite, knarrende Treppe mit den tief ausgetretenen Stufen.

      Oben bog er in der Richtung auf den Turm ein. In dem Flur herrschte ein ungewisses Dämmerlicht. Vor der letzten Tür rechts blieb er stehen. Und Irma dachte: ›Der Tempel der Liebe …‹

      Alle diese Türen im alten Flügel bestanden aus Eichenholz, waren dunkel gebeizt, hatten geschnitzte Mittelfelder und plumpe, große Schlösser. An dieser Tür gab es zum Überfluß noch eine starke, eiserne Krampe, die mit einem modernen Vorhängeschloß verwahrt war.

      Martin Parlitz deutete auf die Tür und sagte:

      »Hier, Fräulein, das ist sie!« Sein Gesicht hatte dabei wieder einen merkwürdigen Ausdruck von innerer Beunruhigung angenommen.

      »Die Nebenzimmer sind doch sämtlich leer,« meinte Irma zögernd. »Weshalb wird gerade dieses verschlossen gehalten?«

      »Das weiß ich nicht, Fräulein. Ich war noch nie drin, noch nie, seit Frau Hölsch durch mich diese Krampe anbringen ließ. Das sind nun zehn Jahre her. Damals war es ebenso kahl wie die anderen nebenan. Was Ihre Großmutter dann dort eingeschlossen hat, kann ich Ihnen nicht sagen. Selbst das Schlüsselloch ist von innen verstopft worden.«

      Irma schaute zaghaft auf die Tür, als lauere dahinter ein dunkles Geheimnis. Sie dachte an den dritten Brief der ›treuen Hand‹ und die darin erwähnte Kiste. Wenn doch nur erst die drei Melchers hier wären! Gut, daß sie morgen abend eintrafen. Irma war es so unheimlich zumute hier im Lammerthof, obwohl die alten Leutchen, die Parlitz, für sie aufs beste sorgten und fraglos ehrenwerte, zuverlässige Menschen waren.

      »Wo ist der Schlüssel zu diesem Patentschloß?« fragte sie, auf die Krampe deutend. Ihre Neugier war doch größer als die heimliche Angst vor dem Ungewissen.

      Der Alte hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich aber in dem Schreibsekretär Ihrer Großmutter, Fräulein.«

      »Suchen wir,« meinte Irma. »Ich will wissen, was dieses Zimmer enthält.«

      Der Schreibsekretär stand unten im Erdgeschoßzimmer, vor dem die Veranda lag und das sozusagen das Kontor der alten, einsamen Frau gewesen war. Martin Parlitz nannte es auch nur so. Vielleicht wollte er dadurch andeuten, daß der Lammerthof mehr war als ein gewöhnliches Bauerngehöft.

      In einer Schublade fanden die beiden verschiedene Schlüssel. Der Alte erklärte, er wisse nicht genau, ob der richtige darunter wäre. So nahmen sie denn nachher alles an Schlüsseln mit, was sie auftreiben konnten und was ungefähr zu passen versprach.

      Martin Parlitz verglich oben nun zunächst die Schlüssel mit dem Loche des Schlosses, um sich nicht unnötig mit Probieren aufzuhalten.

      Mit einem Male ließ er aber die Hände schlaff herabsinken und blickte Irma ganz ratlos an.

      »Was gibt’s denn, Parlitz?! – Vorwärts doch! Oder – am besten, ich versuche selbst zu öffnen.« Die neue Herrin des Lammerthofes war schon etwas ungeduldig.

      »Fräulein, ich glaube – ich glaube …« Er beendete den Satz nicht, schüttelte den Kopf und beschaute sich das Schloß an der Krampe nochmals ganz eingehend.

      Irma nahm ihm ein paar der Schlüssel ab.

      »Wir können hier doch nicht ewig stehen!« sagte sie gereizt. Ihre Nerven hatten auf dem Lammerthof wirklich schon gelitten.

      Keiner der kleinen Schlüssel paßte zum Schloß der Krampe. Nur für das eigentliche Türschloß fand sich ein klobiger Schlüssel. Doch das nützte wenig. Die Krampe hatte der alte Martin eingeschlagen und sogar noch besonders gesichert. Und was der festhämmerte, hielt für ewig.

      Irmas bleiche Wangen hatten sich gerötet.

      »Dann müssen wir eben Gewalt anwenden,« erklärte sie herrisch.

      »Ich werde eine Eisenfeile holen.« Und der alte Mann ging eilig davon.

      Irma starrte wieder auf die dunkelgebeizte Tür. Wozu nur mochte die Großmutter gerade dieses Zimmer so sicher verwahrt haben?! – All das war doch recht seltsam. Aber am seltsamsten das andere, daß die harte, einsame Frau doch einen Mitwisser dieses Geheimnisses gehabt haben mußte, eben den Schreiber der anonymen Briefe – die ›treue Hand‹!

      Dann wanderte ihr Blick weiter nach links, wo der Flur mit der Mauerrundung des Turmes aufhörte. Die Mauer war hier fast bis zur Decke hinauf mit demselben dunklen Eichenholze verkleidet, aus dem auch die Zimmertüren hergestellt waren, und die breite Fläche zeigte genau dieselben Schnitzereien, ein Blumengebinde mit länglichen Blättern.

      In der alten Burg herrschte eine geradezu beängstigende Stille. Nur hin und wieder hörte Irma verschwommen das Kreischen der Turmfahne und das Zwitschern der unzähligen Spatzen, die in dem Efeu an den Hauswänden nisteten. Dazu noch das ungewisse Dämmerlicht, das von dem Treppenaufgang bis hierher sich fortpflanzte, ferner dieses Bewußtsein, dicht vor irgend einem Geheimnis zu stehen, davon nur getrennt durch eine Eichentür … Irma fröstelte es. Der Lammerthof wurde ihr immer widerwärtiger, so sehr sie auch Gottes freie Natur liebte.

      Martin Parlitz kam mit der Feile zurück, und das junge Mädchen atmete erleichtert auf.

      Das Knirschen der Feile ging Irma durch Mark und Bein. Sie mußte die Finger in die Ohren stopfen. – Der Alte arbeitete indes unverdrossen, aber ohne großen Eifer. Dann war der Schloßbügel durchschnitten. – Martin Parlitz trat zur Seite. Er wollte Irma den Vortritt lassen.

      Sie zögerte ein wenig, nahm sich aber schnell zusammen, legte die Hand auf den Türdrücker und öffnete.

      Sie sah zunächst nichts als ein paar lange, dünne Sonnenstrahlen, die durch die Ritzen der Fensterläden hindurchschlüpften

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