Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther Kabel

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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band - Walther Kabel

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Egon und warf den Brief ärgerlich auf den Tisch. ›Zum Donner, – was mag nur dahinter stecken?! Etwas bestimmt! Aber was?! Was nur?! – Ich muß dies unbedingt feststellen, und zwar sofort. Rücksichten darf ich hier nicht nehmen. Wer weiß, ob die ›treue Hand‹ nicht wieder ein neues Schreiben abgefaßt hat! Das junge Mädchen nimmt die Sache fraglos noch immer viel zu leicht! Ja – es kann nur ein neuer Brief sein, der diese Wirkung hervorgebracht hat. Am besten ist, ich gehe direkt zu Irma; mag dieser Besuch nun passend sein oder nicht!‹ –

      Als Egon Larisch im Flur der Frau Kanzleirat gegenüberstand und Fräulein Hölsch zu sprechen wünschte, musterte die Mießtaler ihn sehr durchdringen und sagte dann kurz:

      »Fräulein Hölsch ist bereits mit dem Mittagszuge abgereist. – Dürfte ich fragen, wer Sie sind?«

      »Ein Bekannter der jungen Dame.«

      »So …?! – Fräulein Hölsch hat keine Herrenbekanntschaften außer dem Bruder ihrer Kollegin Melcher,« meinte die Mießtaler spitz. Sie war heute im Recht gehobener Stimmung, da Herbert ihr vorhin erzählt hatte, daß ein Freund ihm die dreihundert Mark geliehen hätte. Und das Bewußtsein, diese Schwierigkeit aus der Welt geschafft zu sehen, gab ihrem Auftreten nicht nur eine starke Sicherheit, sondern sogar etwas Herausforderndes, fast Ungezogenes, wie eben allen Naturen, die zumeist unter einem Druck von Sorgen leben und dann sofort, wenn sie einmal aufatmen dürfen, nur zu leicht in einen Ton verfallen, der in scharfem Widerspruch zu ihrer sonstigen ängstlichen Unterwürfigkeit steht.

      Egon Larisch hatte sie schon vorgestern Abend, als er unter dem Namen Roderich Schinkel bei der Frau Rat erschienen war, ein sehr richtiges Bild von deren Charakter gemacht. Ihr gegenüber war jedenfalls allzu viel Rücksichtnahme sehr schlecht angebracht. Hier hieß es die Peitsche schwingen, den harten Bändiger spielen.

      Das Weib war eine nicht ganz ungefährliche Katze.

      Und daher sagte er nun sehr kühl:

      »Sie meinen mit diesem Bekannten Fräulein Irmas meinen Freund Fritz Melcher. Daß aber auch ich das Vertrauen Ihrer Mieterin besitze, kann ich Ihnen schnell beweisen. Fräulein Hölsch hat vorgestern noch spät abends einen Detektiv hergeschickt, um den Diebstahl untersuchen zu lassen. Der Herr hieß Roderich Schinkel. Und er ist mein Intimus, verehrteste Frau Rat. Ich bin der Schriftsteller Egon Larisch, Verfasser zahlreicher Kriminalromane, zu denen mir Freund Schinkel als Fachmann schon manchen Stoff aus dem wirklichen Leben geliefert hat. –

      Ja, sehen Sie, – und in Schinkels Auftrag komme ich auch jetzt hierher. Nun, Ihre Mieterin ist nicht anwesend. Da muß ich eben mit Ihnen fürlieb nehmen. –

      Können wir unsere Unterredung nicht wo anders fortsetzen als hier im Flur?«

      Die Mießtaler duckte sich scheu zusammen. Wieder dieser Diebstahl …! Und sie hatte doch schon gehofft, daß die Sache nun mit der Abreise Irmas erledigt sein würde …!

      »Ja – was wollen Sie denn von mir eigentlich?« fragte sie hochfahrend. Aber der Ton gelang ihr nicht mehr so ganz. Der Rest von selbstbewußter Sicherheit war nur noch sehr gering.

      Larisch beugte sich dicht zu ihr.

      »Ich sollte Sie in Gegenwart Ihrer Mieterin im Auftrag Schinkels fragen, ob Sie zugeben wollen, sich an der Kassette etwas zu schaffen gemacht zu haben,« sagte er leise.

      Sie prallte zurück.

      »Ich habe das Geld nicht gestohlen – bei Gott nicht!« entfuhr es ihr in höchster Verwirrung.

      »Wollen wir nicht anderswo uns aussprechen?« fragte Larisch abermals mit milder Stimme.

      Sie überlegte. Im Hinterzimmer hielt Herbert Mittagsschlaf. Aber Irmas Stube war ja frei. Und auch die andere, denn der Versicherungsagent war heute plötzlich ausgezogen, weil er von seiner Gesellschaft eine Vertretung nach auswärts erhalten hatte.

      Sie öffnete also die Tür von Gustav Heberleins Zimmer und machte eine einladende Handbewegung.

      Larisch sah sich schnell in dem kleinen, dürftig möblierten Raum um.

      »Wer wohnt hier?« fragte er, indem er sich auf einen der verschossenen Plüschsessel setzte.

      »Zur Zeit niemand. Der Herr Heberlein ist seit heute morgen fort. Er mußte nach Eberswalde reisen.«

      »Heberlein – Heberlein …? – Der Name kommt mir so bekannt vor. War der Herr nicht Versicherungsbeamter? Ich glaube, ich kenne ihn irgendwoher.«

      Die Kanzleirätin nickte.

      »Er ist also ausgezogen,« meinte Larisch, stand auf und betrachtete sich ein Sportbild, ein Rennpferd darstellend, das neben einem Abreißkalender an der Wand hing.

      Die Mießtaler suchte den unangenehmen Gast durch liebenswürdige Gesprächigkeit für sich zu gewinnen.

      »Ja, ausgezogen, und die Miete für den Rest des Monats hat er einfach schießen lassen. – – Der Gaul da soll ja wohl schon viel Geld eingebracht haben. Heberlein war sehr für den Pferdesport, Herr Larisch. Das Bild hat er in der Eile vergessen mitzunehmen.«

      »Es hat ja auch keinen Wert,« meinte der Schriftsteller und setzte sich wieder. »Nun zu der Kassette, Frau Rat. – Aber – nehmen Sie doch auch Platz. So – es plaudert sich gemütlicher.«

      Sie merkte, daß er mit ihr wie die Katze mit der Maus spielte. Ihre Unruhe wuchs.

      »Ja – also die Kassette. Darin lagen so allerhand Papiere. Obenauf eine Zuschrift des Amtsgericht Sziemanowo an Fräulein Hölsch. Schinkel erzählte mir, daß dieses Schriftstück einen Blutfleck aufwies, und zwar den verwischten Abdruck eines Fingers, besser einer Fingerspitze. Sie haben da ein Stückchen Heftpflaster am rechten Zeigefinger. Wo haben Sie sich die Verletzung geholt?«

      »Ich – ich weiß nicht recht, wo, – wirklich nicht. Es ist nur ein Riß,« erwiderte sie sehr rot und verlegen werdend.

      »Aber Schinkel weiß es. Als der angebliche Elektromonteur gegangen war, haben Sie aus Neugierde das Mittelschränkchen des Schreibtisches der Lehrerin mit einem Nachschlüssel geöffnet. Nein – nur öffnen wollen. Na – ich brauche Ihnen die Einzelheiten nicht zu erzählen. Jedenfalls rührt der blutige Fingerabdruck auf dem amtlichen Schreiben von Ihnen her. Sie hatten sich eben beim Aufmachen der Kassette an dem losgesprengten Zapfen geritzt, was Ihnen in der Aufregung gar nicht auffiel. Als Fräulein Hölsch dann heimkehrte, fingen sie absichtlich sofort von dem Monteur an, damit ja nicht auf Sie der Verdacht falle, die Kassette … revidiert zu haben. Sie haben nur dabei außer acht gelassen, daß so ein Fingerabdruck besser ist als die schönste Photographie. Schinkel hat Ihnen vorgestern abend einen Nickelteller zum Halten gegeben, unter irgend einem Vorwand. Und da hat sich trotz des Läppchen, daß um den Zeigefinger gebunden war, ein Teil ihrer Zeigefingerspitze auf dem blanken Nickel wie ein Stempel abgedrückt. Ein Detektiv besitzt geübte Augen. Schinkel konnte daher sehr schnell feststellen, daß beide Abdrücke sich glichen.«

      Larisch wählte seine Worte mit klugem Bedacht. Er redete absichtlich so, als hielte er die Mießtaler für die Diebin, die durch den Blutfleck überführt wäre. Aber all das sagte er so versteckt, so andeutungsweise, daß er jederzeit seinen Worten eine andere Erklärung geben konnte.

      Die Kanzleirätin saß starr und steif, jetzt ganz farblos im Gesicht, in dem zweiten Plüschsessel. Angst schnürte ihr die Kehle zusammen. Sie war nicht dumm, diese frühere Verkäuferinnen aus Berlin N., sah ein, daß sie in

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