Gesammelte Sci-Fi-Romane in einem Band. Hans Dominik
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Gesammelte Sci-Fi-Romane in einem Band - Hans Dominik страница 138
»Was wir nicht vermochten, tut die Natur. Aller Berechnung nach sind die Gelben mitten im Taifun. Da kommt kein Flügel lebendig zur Erde.«
Isenbrandt nickte.
»Ich denke auch. Und damit wird hoffentlich für lange Zeit hier Ruhe herrschen … Bis Peking neues Material schickt … oder bis …«
*
In Wierny hatten Witthusen und Maria nach ihrer Befreiung aus der Ruinenstätte Karakorums einen sicheren Zufluchtsort gefunden. Auf der niederen Veranda, die das Haus umgab, saßen Isenbrandt und Marias Vater.
Aus dem kühlen Schatten des Halbdaches sah man weit hinaus in die fruchtbare Landschaft. Die Wiesen prangten wie schwellende Teppiche von Samt. Die Getreidefelder kräuselten sich schon im Winde wie flutende Wasserwogen, ließen die Halme emporschießen und wuchsen der Sonne entgegen. Die Bäume standen hier noch im Blütenschnee, trugen dort schon schweren Fruchtansatz.
»Ein gesegnetes Jahr!« sagte Witthusen. »Wer wie ich Turkestan noch vor einem halben Menschenalter gekannt hat, wird es immer wieder mit Staunen sehen, wie Menschengeist und Menschenhand die Sandwüsten in ein fruchtbares, dichtbesiedeltes Land verwandelt haben. Sollte das Paradies hier wirklich der Erisapfel zwischen Europa und dem Gelben Reiche werden?«
Isenbrandt zuckte die Achseln. Er hatte die Worte Witthusens nur halb vernommen. Sein Auge hing noch an der Tür, hinter der Marias Gestalt soeben verschwunden war. Die Ereignisse der letzten Wochen hatten die Herzen der beiden rascher und fester miteinander verbunden, als jedes werbende Wort es sonst wohl vermocht hätte.
Während die in ihrer Lehmhütte Eingeschlossenen in Karakorum damals unter Bangen und Zagen das Ende der schrecklichen Stunden erwarteten, hatte Isenbrandt hoch oben in den Lüften fast in der gleichen Stimmung sein Werk vollbracht. Es war ihm zumute gewesen wie einem Arzt, der einem Patienten gleichzeitig schweres Gift und Gegengift verabreichen muß.
Konnte nicht ein unglücklicher Zufall die Gefangenen des rettenden Mittels noch im letzten Moment berauben? … Würde dessen Wirkung die Glut des Feuerregens paralysieren? … Würden die Experimente und Berechnungen, die er im Laboratorium angestellt hatte, sich beim Versuch im großen bewähren? …
Soweit, wie er es damals aus der Höhe seines Flugschiffes beobachten konnte, schien alles planmäßig zu gehen. Am Vormittag warf Ahmed das Antidynotherm in den See von Karakorum. Viel früher, als Wellington Fox von seinem Gefängnishofe aus etwas bemerken konnte, sah Georg Isenbrandt aus seiner Höhe die ersten Wolkenbildungen.
Als der dicht und immer dichter werdende Regenschleier ihm die ungesehene Landung gestattete, war er an der verabredeten Stelle hinter einem Dünenkamm niedergegangen. Nach zwei Stunden erst war Ahmed hier zu ihm gestoßen. Durchnäßt … durchweicht … geblendet … fast ertränkt von den wolkenbruchartig niederstürzenden Wassermassen, hatte der getreue Diener ihn nicht sogleich finden können. Dann kam er und brachte die frohe Botschaft, daß das Mittel sicher und unbemerkt in die Hände der Gefangenen gelangt sei.
Dann kam der zweite … für Isenbrandt der schwerste Teil der Aufgabe. Wieder ging sein Schiff in große Höhen, während er die niederströmenden Wassermassen durchschnitt und sich vom Zentrum des Unwetters entfernte.
Noch einmal prüfte er mit dem Präzisionsmesser seine Entfernung vom Mittelpunkt des Wetters. Dann fuhr ein Schuß aus dem Rohr seines Schiffes. Exakt arbeitete der Zeitzünder. Genau in der Achse des Wolkenbruches explodierte das Geschoß. Seine Ladung Dynotherm der neuesten schärfsten Wirkung ging in feinster Streuung nach allen Seiten in den Regen.
Mit dem Teleskop beobachtete Isenbrandt die Wirkung. Da … inmitten der grauen, dunstigen Regenmassen sah sein Auge eine kleine, schwarze Wolke entstehen. Nach einer Weile ein kurzer Blitz, für das unbewaffnete Auge kaum sichtbar. Er legte die Hand ans Ohr und zählte. Vierzehn Sekunden! Der leichte Hall eines Donners drang an sein Ohr.
Wieder richtete er das Glas auf die Stelle. Sah, wie jene dunkle Wolke immer heller wurde, bis sie verschwand.
Beinahe hätte er in diesem Augenblick den Zweck seines Hierseins vergessen. Daß alles so genau nach seinen Erwartungen und Vorausberechnungen verlief, erfüllte ihn mit starker Freude. Er nahm ein mit Zahlen bedecktes Täfelchen zur Hand. Prüfend überflog er die beiden einander gegenüberstehenden Zahlenreihen. Noch einen Blick auf den Entfernungsmesser.
Ein Schuß, nach demselben Ziel gerichtet, fuhr aus dem Rohr. Ein zweiter, ein dritter … eine lange Reihe weiterer Schüsse folgte im schnellsten Tempo. Eine rollende Kanonade auf das Zentrum des Unwetters.
Wieder richtete er jetzt sein Glas. Tiefschwarz lag es dort über Karakorum. Da, ein zuckender, greller Blitz, der den schwarzen Vorhang zerriß. Noch ehe der erlosch, ein zweiter … ein dritter … und viele andere.
Taghellen Schimmer strahlten sie weit hinaus. Tausend feurige Schlangen schienen sich in dem düsteren Gewölk zu winden. Dann schlug der erste Donner dröhnend an sein Ohr, um nicht mehr zu verstummen. Ein Konglomerat von Gewittern tobte über Karakorum.
Tiefer ließ er jetzt das Schiff gehen. Wieder sprach seine Batterie. Da lief der fahlweiße Schein der Blitze in Rot über. Ein feuriger Trichter stand über Karakorum. Mit dem Glase sah er schwelende Brandwolken aus der Ruinenstadt aufsteigen. Was dort brennen konnte … Menschen … auch Menschen, das mußte wohl zu Asche werden.
Nebelnder Dampf markierte die Grenze, wo Feuer und Wasser sich trafen. Wo die beiden Elemente um die Herrschaft rangen. Mit der Freude des Meisters, der die Kräfte entfesseln und bändigen kann, sah er auf das grandiose Schauspiel. Sein Werk! –
Die Spannung, die ihn erfüllte, wich. Seine Gedanken, bis jetzt auf sein Werk konzentriert, begannen zu wandern. Auch dort unten inmitten des feurigen Regens, in der Hütte der Gefangenen, kämpften jene Kräfte … kämpften um das Leben der Eingeschlossenen.
Schwere Sorge fiel auf sein Herz. Würde die Rechnung auch hier stimmen? Würden Feuersglut und Weltraumkälte, nach seinem Plane und nach seiner Rechnung gegeneinandergesetzt, sich an dieser Stelle verzehren, ohne das Leben der Gefangenen zu vernichten? Mit eisiger Hand umkrallte die Sorge sein Herz. Endlos lang schien ihm der Kampf der Elemente. Immer wieder blickte er auf den Zeiger der Uhr, der ihm allzu träge von der Stelle zu rücken schien.
Bis endlich die Zeit verfloß. Matter und immer schwächer wurde der Kampf der Naturgewalten. Jetzt hatten sie sich in wildem Ringen aufgezehrt. Verschwunden war der Dampf, gewichen die Glut. Schon brach die Sonne durch die zerflatternden Schwaden.
Er riß sein Glas ans Auge und sah die Stelle, wo Karakorum gestanden, in hellem Glanze vor sich liegen.
Volldampf voraus! Auf äußerste Fahrt stellte er den Hebel. Während das Schiff mit rasender Gewalt durch den Äther schoß, hing sein Auge an jener Stelle. Jetzt ging die Maschine nieder. Mit einem Sprung war er aus der Kabine. Klopfenden Herzens eilte er an Ahmeds Seite der Hütte zu. Unter seinem Griff brach die verkohlte Außentür in Trümmern zusammen. Dann drang er in das Innere.
In der Tür erblickte er sie, die drei … lebend.
Da stand Maria, bleich, aber leuchtenden Auges. Nur sie sah er. Wie von unsichtbarer Gewalt getrieben, waren sie aufeinander zugeschritten.
Als von ihren Lippen der leise Ruf »Georg« erklang, hatte er sie im Überschwang seiner Gefühle an sich reißen wollen. Doch mit aller Kraft seiner Seele hatte er die Regung unterdrückt. Noch durfte er’s