Gesammelte Sci-Fi-Romane in einem Band. Hans Dominik

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Gesammelte Sci-Fi-Romane in einem Band - Hans  Dominik

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Haus in Düsseldorf zu verlassen und nach Stockholm zu fahren? Auf den Gedanken, daß sie kopflos und ohne festes Ziel in die Welt hinausfuhr, kam er nicht.

      Silvester mußte sie gerufen haben. Sicherlich hatte sie Nachricht von Silvester erhalten und fuhr jetzt den dreien nach. Durch diese Annahme gewann das Unternehmen aber plötzlich ein ernstes Gesicht. Silvester würde Jane am Flugplatz bei der Ankunft erwarten. Vielleicht schon in Stockholm. Vielleicht in Haparanda oder sonstwo.

      In jedem Fall mußte unvermeidlich irgendwo der Moment kommen, in welchem Silvester an das landende Flugschiff herantrat, um Jane in Empfang zu nehmen. Wo Silvester war, da waren sehr wahrscheinlich auch die beiden anderen in nächster Nähe. Der Doktor verspürte ein kaltes Gefühl zwischen den Schultern, als er den Gedanken zu Ende dachte. Er zog einen kleinen Handspiegel aus der Tasche und betrachtete sorgfältig sein Antlitz. Und nickte zufrieden. Die Veränderungen, die er schon in Düsseldorf an seinem Äußern vorgenommen hatte, erfüllten ihren Zweck. Beruhigt steckte er den Spiegel wieder weg.

      Nicht umsonst war er lange Jahre in die Schule politischer Verschwörungen und Intrigen gegangen. Genötigt gewesen, bald unter dieser, bald unter jener Maske aufzutreten. Die Veränderung des Äußern war meisterhaft. Nicht nach der Art plumper Anfänger mit künstlichen Bärten und Perücken, die jeder Polizeibeamte auf den ersten Blick erkennt. Nur eine leichte Färbung des Haares, eine andere Frisur und eine Garderobe nach europäischem Schnitt, die sich von der amerikanischen Tracht bemerkenswert unterschied. Dazu seine Fähigkeit, den Ausdruck des Gesichts, das Spiel seiner Züge willkürlich zu verändern. Aus dem Dr. Glossin aus Neuyork war irgendein beliebiger und gleichgültiger europäischer Geschäftsreisender geworden.

      Leuten gegenüber, die ihn nur oberflächlich kannten, mußte die Veränderung sicheren Schutz gewähren. Ob sie den prüfenden Blicken Janes standhalten würde, war ihm nicht so außer Zweifel. Daß Silvester, daß Atma sie mit einem Blick durchschauen würden, war ihm gewiß. Aber er rechnete damit, daß sie in der Freude des Wiedersehens auf die Mitreisenden wenig achten würden.

      Das Schiff landete in dem Flughafen von Stockholm. Dr. Glossin blieb an seinem Fenster sitzen. Er beobachtete die Passagiere, die das Schiff verließen, die Leute, die sie hier erwarteten. Jane verließ das Schiff. Sie wurde von niemand erwartet, schien auch selbst nichts Derartiges zu erwarten. Nach einer kurzen Frage an einen Beamten wandte sie sich dem Schiff Stockholm–Haparanda zu, das auf dem Nachbargleis zur Abfahrt bereitstand. Glossin folgte ihr. Er nahm auch in dem zweiten Schiff wieder den Platz in der Rauchkabine.

      Jane fuhr nach Haparanda. Es war der direkte Weg nach Linnais. Die letzten Zweifel schwanden ihm, daß die drei sich noch in der Nähe von Linnais verborgen hielten, daß Jane auf einen Ruf ihres Gatten an den Torneaelf fuhr. Er sah sie in Haparanda das Schiff verlassen und zur Eisenbahn gehen. Es war so, wie er vermutete. Sie nahm eine Karte nach Linnais. Er tat das gleiche und fuhr, nur durch eine Wagenwand von ihr getrennt, weiter nach Norden.

      Nun stand Jane auf dem Bahnsteig in Linnais. Wieder allein! Niemand war hier, um sie in Empfang zu nehmen. Der Doktor wurde in seiner Überzeugung schwankend. Was hielt den Gatten ab, seiner jungen Frau wenigstens die paar Kilometer entgegenzufahren, die er jetzt noch höchstens von ihr entfernt sein konnte?

      Dr. Glossin sah Jane über den Platz vor dem Bahnhof gehen, mit dem Führer eines Karriols verhandeln, sah sie davonfahren. Sollte Jane ihm im letzten Augenblick entgehen? Sollte das Karriol sie, den Strom entlang, zu irgendeinem neuen unauffindbaren Schlupfwinkel der drei führen? Sollte er hier in Linnais unverrichtetersache zurückkehren müssen? Nein und abermals nein. Er mußte Jane folgen, mußte erkunden, wo sie hin ging, wo sie blieb. Ein zweiter Wagen war schnell gefunden. Er gab dem Führer nur den Auftrag, dem ersten Wagen in einigem Abstande zu folgen.

      Die Fahrt ging die Uferstraße, am Torneafluß aufwärts, entlang.

      Das landschaftliche Bild war schön, doch Dr. Glossin sah nur die Gegend, in der er seine letzte Niederlage im Kampfe gegen die drei erlitten hatte. Und er sah vor sich die schlanke Gestalt Janes, nach der er in sehnender Gier verlangte, der er jetzt zu folgen entschlossen war, auch wenn der Weg ihn in den Bannkreis des Inders und des Feuer und Tod speienden Strahlers bringen sollte.

      Das Karriol vor ihm hielt auf der Landstraße. Er sah, wie der Wagen umkehrte und leer nach Linnais zurückfuhr. Jane war ausgestiegen und hatte einen Weg den Bergabhang hinauf eingeschlagen. Er ließ den eigenen Wagen bis dorthin vorfahren, hieß ihn warten, auch wenn es Stunden dauern sollte, und folgte der Entschwundenen den Berg hinauf. Hin und wieder sah er ihr Kleid durch die Büsche schimmern. Der Weg führte in leichten Serpentinen zum Truworhaus.

      Nun stand er am Waldrande, hatte freien Ausblick auf die Brandstätte. Und sah Jane niedergesunken an der von der Wut des Feuers geschwärzten und verglasten Trümmerstätte knien. Sie hatte die kleine Handtasche und den Telephonapparat fallen lassen und strich mit zitternden Händen über die Steintrümmer.

      Das Haus, in dem sie den glücklichsten Tag ihres Lebens, ihren Hochzeitstag, verbracht hatte, eine wüste, brandgeschwärzte Ruine. Die blühenden Gartenanlagen vom Feuer zerfressen. Ihr Gatte verschwunden. Keine Nachricht von ihm.

      Die Erschütterung war zu groß. Mit einem Aufschrei fiel sie ohnmächtig nieder. Jetzt brach der Riegel.

      Dr. Glossin sah sie fallen und rührte sich nicht von seinem Platze. Jeden Augenblick erwartete er die Gestalt Silvesters, die des Inders auftauchen zu sehen. Vielleicht den Gefährlichsten der drei, Erik Truwor.

      Minuten verstrichen. Nichts regte sich. Da begann er langsam die Wahrheit zu ahnen, zu vermuten und schließlich zu erkennen. Jane war aus eigenem Antrieb von Düsseldorf fortgegangen. Sie war an den Ort gegangen, den sie als das Heim der drei kannte, und sie war niedergebrochen, als sie es verwüstet und zerstört wiedersah. Niemand erwartete sie hier. Hilflos lag sie hier im Walde, seinem Verlangen schutzlos preisgegeben.

      Er trat aus dem Walde und näherte sich dem Trümmerhaufen. Eine ungeheure Glut mußte hier gewirkt haben. Die Granitblöcke, aus denen die Zyklopenmauern des Truworhauses bestanden hatten, waren zu einer zusammenhängenden glasartigen Masse verschmolzen. Kein einfaches Feuer wäre imstande gewesen, das Urgestein zu schmelzen. Hier mußte die telenergetische Konzentration gewütet haben. Unzählige Tausende von Kilowatt mußten in diesem Gestein zur Entladung gekommen sein.

      Dr. Glossin näherte sich Jane. Er wollte sie aufheben, den Berg hinunterbringen, als sein Blick auf den Telephonapparat fiel. Es reizte ihn, die Apparatur zu versuchen. Mit einem Griff schaltete er die Elektronenlampen ein.

      Und er vernahm Worte einer wohlbekannten Stimme, Silvesters Stimme.

      Es war in der vierten Nachmittagsstunde. Silvester hatte die Antennen am Pol gespannt und suchte Jane. Er suchte sie auf dem Bilde der Mattscheibe und konnte sie nicht finden. Während er mit dem Strahler die Straßen Düsseldorfs absuchte, sprach er Worte der Verzweiflung und der Liebe. Worte, die für Jane bestimmt waren und von Glossin gehört wurden.

      »Jane, mein Lieb, wo bist du? Ich kann dich nicht sehen. Dein Zimmer ist leer … Ich suche dich … Alle Straßen, alle Plätze der Stadt ziehen auf dem Bilde vor mir vorüber. Nur du bist nicht da …

      Ich weiß nicht, wo du bist. Vielleicht hörst du meine Stimme. Ich will dich suchen, bis ich dich gefunden habe. Die ganze Welt will ich durchsuchen …«

      Glossin erschrak. Wie weit war die entsetzliche Erfindung gediehen! Sie konnten die ganze Welt im Bilde bei sich betrachten. Silvester suchte in Düsseldorf. Er brauchte nur in Linnais zu suchen, und er sah seinen alten Feind und hatte die Macht – Glossin zweifelte keinen Augenblick daran – ihn zu Staub und Asche zu verbrennen. Er schleuderte das Telephon von sich, als ob er glühendes Eisen gegriffen hätte.

      Weg

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