Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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trank mit Gier.

      »Das – das war gut,« stöhnte er dann zurücksinkend, »ich danke Dir, Kunigunde. Und jetzt – thue mir noch den Gefallen und jage den Schreiner fort. Dieser Mensch will mir nichts Gutes.«

      Ihr, die mit ihm gewesen war in seinen Tagen der Herrlichkeit und der Freude, und die ihn dann, als ihn die Seuche faßte, verlassen hatte, ihr dankte er und den Schreiner wollte er verjagen! So spielt auch in den Fieberträumen der Wahn des Gesunden behendig fort.

      Mit offenen Augen, die aber nicht zu sehen schienen, war sein Gesicht, auf welchem Flammenröthe und Todesblässe spielten, dem Schreiner zugewendet.

      »Nicht wahr,« sprach er nun, »Du bringst mir das Papier, das dort im Schranke liegt – im Schranke, ja in der zweiten Lade. Sie werden kommen und plündern. Diese Schrift dürfen sie nicht finden. – So, gieb sie her!«

      Die letzten Worte waren im Zorn herausgestoßen. Wahnfred öffnete die bezeichnete Lade, dort fand er auf Büchern liegend ein zusammengefaltetes Blatt, das überreichte er dem Kranken.

      »Mir?« fragte dieser befremdet, »ich brauche es nicht. Dem Gubernium mußt Du es schicken, aber schnell, schnell!«

      »Ich werde es thun,« antwortete Wahnfred.

      Der Pfarrherr versank wieder in einen bewußtlosen Zustand. Wahnfred sann nach, wie hier am vernünftigsten Beistand geschafft werden könnte. Rasch stieg er die Treppe hinab und verließ das Haus. In einem Winkel der nahen Kirchenwand standen mehrere Männer, diese huschten, als sie den Schreiner aus dem Pfarrhofe treten sahen, auf ihn zu und flüsterten: »Ist er hin?«

      »Eine Wärterin müssen wir auftreiben,« sagte Wahnfred, »er braucht Hilfe. Ich steige zu der Kofelarztin hinauf, daß sie Arznei schicke.«

      Die Männer stutzten. Uli der Köhler war unter ihnen, der trat vor und murmelte dem Schreiner ins Ohr: »Weißt Du nicht, was wir in der Rabenkirche ausgemacht haben?«

      »Daran habe ich jetzt nicht gedacht,« antwortete Wahnfred. »Der Herr hat die Krankheit von einem Versehgange mit heimgeholt. Man darf ihm nicht bei, jetzt nicht. Leute, das wäre schlecht! Und er geht ohnehin.« –

      Es war im Allerheiligen-Monat, als Wahnfred Tag für Tag in seiner Werkstatt hobelte und nagelte. Er zimmerte Särge.

      Die Seuche hatte sich ausgebreitet und fast jeden Tag legten sie einen Todten ins Grab. Das mußte ohne priesterliche Handlung geschehen; es geschah, und die Leute sagten: »Schau, es thut sich auch so.«

      Wahnfred hatte schöne weiße Bretter von Eschenholz in Vorrath; diese bewahrte er für den Pfarrherrn auf. Er hat seine großen Fehler gehabt, aber der Pfarrherr ist er doch gewesen. Auch die heiligen Weihen muß man ehren.

      Vom Pfarrhofe kam aber keine Bestellung.

      Da wurde jäh das Wohlwollen des Schreiners arg gedämpft. Wahnfred hatte in seinem Sacke die Schrift gefunden, die er damals am Krankenbette auf den Willen des Fiebernden zu sich stecken mußte. Diese Schrift war an die hohen Behörden adressiert und war mit aller bösen List abgefaßt, die Leute von Trawies als eine verwilderte, aufrührerische und heidnische Bande zu verklagen und die Vollführung von exemplarischen Strafen zu beantragen. Der Verfasser verlangte eine Anzahl Soldaten, die für beständig in den Häusern von Trawies eingelagert würden; er verlangte die Erlaubnis zur Vorenthaltung des kirchlichen Segens bei Todesfällen, so lange die Gemeinde nicht ganz und gar zu Kreuze kriechen würde; er begehrte schließlich, daß die geheimen Rädelsführer, die er entdeckt zu haben glaube, den Anderen zur Warnung verjagt und ihre Häuser dem Boden gleichgemacht werden sollten. Unter den Rädelsführern nannte er den Gallo Weißbucher, vulgo Feuerwart, den Bart vom Tärn und den Wahnfred vom Gestade.

      Wahnfred ballte das Papier in die Faust und schleuderte es ins Feuer seines Herdes. Unwillkürlich hob er seine Hand nach dem Hobel, um die weißen Eschenbretter zu falzen. – Verjagt! Die Häuser dem Boden gleichgemacht! ...

      An demselben Tage ließ der Küster in der Gemeinde eine Ansage ergehen.

      Als Wahnfred den bekannten Boten zu seinem Hause heransteigen sah, lachte ihm das Herz und er blinzelte auf die weißen Eschenbretter hin.

      »Gelobt sei unser Herr Jesu Christ!« grüßte der eintretende Bote mit ernster Miene.

      »In Zeit und Ewigkeit, Amen!« war die Antwort.

      »Man hat wohl recht weit da her zu Eurem Hause.«

      »Hingegen werdet Ihr auch was Gutes bringen und so lade ich Euch gern zu einer kleinen Labniß ein.« Wahnfred that ihm Schwarzbrot vor und Most aus den wilden Äpfeln.

      »Deß dank ich Euch, Schreiner Wahnfred,« versetzte der Bote, und langte nach dem Imbiss. »Ich denke auch, daß es Euch wohl gefreuen wird, was ich Euch zu sagen habe. Morgen um die achte Stunde haben sich die Trawieser Leut’ in der Pfarrkirche zu versammeln, zum heiligen Gebete des Pfarrherrn wegen.«

      »Ist der doch – dahin?« fragte der Schreiner, beklommen vor Erwartung.

      »Daß es Gott verhüte!« rief der Bote, »außer Gefahr ist er, und für seine Genesung ist ein Dankgebet angeordnet.«

      »Lügenmaul!« fuhr Wahnfred auf, »Du bist den Bissen Brot nicht werth, den man Dir vorlegt!«

      »Da hast ihn wieder zurück!« sagte der Bote kleinlaut und legte den Schnitten, den er eben hatte zu Mund führen wollen, auf den Laib, »so was ist mir auch noch nicht passiert, ‘leicht wurmt’s Dich, Schreiner, daß Du Dich beim Todtentruhengeschäft verrechnet hast.«

      »Nimm und iß was, Bot’! Was kannst Du dafür!« murmelte nun Wahnfred, da sein jäher Zornesausbruch gedämpft war. »Wärest Du an meiner Stell’, Dir thät’ kein Schnitten Brot schmecken –«

      Die Labniß und die Pflege, die der Schreiner dem verlassenen Kranken vermittelt hatte, war des Pfarrherrn Rettung gewesen. Der Eine wußte das nicht und konnte es nicht segnen; der Andere wußte es und verfluchte es. Wahnfred! Das Samaritanspielen ist Dein Verderben geworden.

      Aber der Herr soll es erfahren, wie der Schreiner vom Gestade Böses mit Gutem vergilt. – Herr Franciscus saß seit seiner Genesung oft stundenlang brütend in seinem Lehnstuhl. Es war ihm nicht wohl. Eine noch größere Bitterkeit fühlte er gegen die Bewohner von Trawies und gegen sich selbst. Wie hatte die Feindseligkeit, welcher er in seiner Seele einmal Raum gegeben, ihn verwandelt! Er, dem die kirchlichen Dinge so gleichgiltig waren, konnte in denselben so fanatisch sein! Er, der Behaglichkeit und fröhlichen Umgang gesucht, konnte so starr und tyrannisch sein! Der Widerspruchsgeist, der Trotz war’s; wer in sich diesen Dämon einmal aufweckt, der bringt ihn nimmer zur Ruhe. Herr Franciscus kannte sich selbst nicht mehr. Oft hatte er sich vorgenommen, es mit Güte zu versuchen, aber sobald er wieder einen der herben Waldgesellen sah, bäumte sich sein Groll auf; er konnte nicht freundlich sein zu diesen Leuten, von denen er glaubte, daß sie ihm übel wollten. und der Starrsinn wuchs so groß, daß er selbst in dem Wohlwollen, welches ihm Mancher doch entgegenbrachte, eine Beleidigung fühlte.

      In solcher Stimmung war es ihm eine Lust, wie wenn er nach dem Thiere des Waldes zielte, Jemanden zu verletzen. Dann wieder war’s, als müsse er sich rächen dafür, daß man ihn zum Priester gemacht hatte.

      Es wurde ihm hinterbracht, wer während seiner Krankheit in sein Haus gedrungen war, das von böswilliger Seite verschlossen gewesen, wer ihm das Kissen weich gebettet unter dem fiebernden Haupte, wer ihm den Schluck Wasser zum Munde

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