Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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      Als Erlefried vom Bergsattel, das Scharfeck genannt, gegen die Engthäler von Trawies niederstieg, hatte er zur Rechten den in jungen Maien mit üppigem Haselgebüsch überwucherten und weiter hin im dunklen Tannengrün stehenden Birstling, und zur Linken die grauen, muldigen Flächen des Tärn, über welchen das Wildwasser stellenweise tiefe Furchen und Löcher gerissen hatte.

      Im Engpasse, wo der Dürrbach rieselte, waren Männer, die arbeiteten. In Trawies arbeitende Menschen! Das war ein gutes Bedeuten. Sie räumten einen alten, in den letzten Jahren durch Verschüttung und Überwucherung unfahrbar gewordenen Weg aus. Die großen Steine schafften sie seitab, die kleinen zerschlugen sie mit eisernen Schlegeln, krauten dann Erde d’rauf und überlegten alles mit Moos und Rasen. Sie waren emsig dabei, und dort, wo die Engschlucht endet und eine Wand aufsteigt, und wo hoch am Hange die Bäume überhingen, daß es in der Schlucht schier dunkel war, dort bauten sie au Steinen eine Art von Tisch.

      Einer der Männer hatte sich aber abseits gestohlen und streckte im gebüsch alle Viere von sich. Diesen bemerkte Erlefried und nahte ihm. Sogleich erhob sich der Faulenzer, aber Erlefried sagte ihm, er möge sich seinetwegen nicht aus der Ruhe bringen lassen, er wolle nur fragen, was man vorhabe, daß in diesem Wildgraben ein so schöner Weg angelegt werde?

      »Bist Du kein Dasiger?« Fragte der Mann.

      »Ich komme von draußen.«

      »So! Na, da sollt’ man Dich eigentlich todtschlagen. Wenn Unsereiner hinausgeht, so geschieht’s ihm auch. Aber neu Zeit haben wir uns Todte genug gesehen, ‘s ist kein Spaß mehr. Zu essen, wenn Du was hättest? Gieb’s willig, ich rath’ Dir’s!«

      Der Jüngling theilte mit dem Gesellen sein Brot, das er im Sacke hatte.

      »Ja!« Meinte der Buschmann und schluckte die Bissen, ohne sie zu kauen, »wenn wir wieder einmal so ein ordentlich Brot hätten!«

      »Wenn man arbeitet, wie ich da sehe, so ist man schon auf dem rechten Weg dazu.«

      »Ha, ha, ha,« lachte der Andere, »von dem, der uns da die Arbeit anmacht, verhoff’ ich mir nicht viel. Was meinst, fremder Prinz, für wen wir diesen Weg schlagen? Du rathest gar nicht? Thust ganz gescheit daran, wäre Schad’ um die Müh’. Das Possirliche ist nur, daß derselbe, für den wir diesen Weg machen, gar nicht darauf gehen wird.«

      »Also fahren.«

      »Das ist dir gar ein bequemer Herr! Tragen läßt er sich! Da hockt er und flunkert und frißt, frißt fort und fort, frißt unaufhörlich, nicht ein fingerlang Zeit, sag ich Dir, kann er leben, wenn er nichts zu fressen hat,«

      »Was das nur für ein wunderlich Thier sein mag!«

      »Das ist kein Thier, mein junger Herr! bis Du ihn erst kennst, wirst Du Respect vor ihm haben. Will dir’s sagen: es ist der neue Gott. Ja, Kind, Du großes! der neue, der brennende Herrgott ist’s. Ist kürzlich erst aufgebracht worden. Gelt, da weiß man doch wahrhaftig nicht, soll Einer lachen oder winseln.«

      Erlefried hatte draußen schon vernommen, daß die Trawieser Leute Feueranbeter geworden wären. Er hatte sich anfangs vor dieser Botschaft entsetzt, bei näherem Nachdenken jedoch gefunden: Warum denn nicht? Müssen wir schon von ihm ein sichtbares Zeichen haben, so ist eins so gut wie das andere.Ja, eins ist sogar besser. Das Wasser thät’s auch, aber das Feuer thut’s anders. Wenn man sich nur auch den Teufel malen könnt, wie der Will’. – läßt sich nichts machen.

      »Der alte Glaube ist nichts nutz gewesen,« bemerkte der Buschmann, »dieweilen das Feuer voreh in der Höll’ ist gewesen, thun wir’s jetzt in den Himmel. ‘s ist so besser. Wir richten uns die Höll ein, wie wir sie brauchen. Versengen läßt sich Keiner gern. Da hat er ganz Recht, unser Schreiner, nächst Zeit, verhoff’ ich, bricht er dem Teufel die Hörner ab, daß er nicht stoßen kann.«

      Wäre mir nicht unlieb, dachte sich Erlefried, doch, wie es jetzt ausschaut, hat er über mich noch lange keine Gewalt.

      »Mein Brot hast gegessen,« sagte der Bursche, »und ich weiß noch immer nicht, wie Euer neuer Gott zu diesem Wege kommt.«

      »kannst Dir’s nicht denken?« Rief der Buschmann, »für das, daß Du von draußen kommst, hast just nicht gar viel Religion. Habt ihr herren von draußen morgen nicht Gottsleichnam? Ich denk’ wohl. Und wir herinnen auch. Desweg ist’s ja, daß wir einen Herrgott brauchen, daß wir unsere Feiertage und festbarkeiten haben. Wir thun’s aber bei der Nacht, muß ich Dir sagen, denn bei Tag hat unser Herrgott keinen Glanz. In der heutigen Nacht halten wir unser Fest. Dies Jahr trifft sich’s gar recht gut, ist die Gottsleichnamsnacht kohlrabenfinster, ganz ohne Mondschein. Der Umgang ist der Brauch, so tragen wir unseren Neuen da in den Berggraben herauf und dort auf den steinernen Tisch – die Lotter, die faulen, haben ihn noch nicht fertig – zünden wir ihn an, daß er Dir schon brennen wird, wie der Teufel. Die Weiber singen ihm Eins vor und so wird’s recht unterhaltlich werden. Du bist sicherlich auch dabei?«

      Der arme Erlefried. Bei Neumond Gottsleichnam zu Trawies, und schon in dieser Nacht!

      »Nein!« rief er jetzt aus, »das ist Götzendienst, das darf nicht sein!«

      Der Andere blickte den aufgeregten Burschen zwinkernd an und murmelte: »O Du Häuflein Menschenfleisch, was willst den Du mit uns?«

      »Ich bin verloren!« Sagte Erlefried und warf sich auf den Erdboden. Vor seiner Seele stand das grauenhafte Wahnbild, das in jenen finsteren Tagen den Menschen so verhängnisvoll angeboren oder angelebt worden war. Er wälzte sich auf dem Boden und wimmerte, daß sogar dem faulen Buschmann angst und bange wurde.

      »Was hast denn so jäh?« fragte er, »schier möcht’ man vermeinen, die Pest!«

      »Die Pest!« sagte Erlefried, »guter Mann, wenn es weiter nichts wäre, wie wollt’ ich meinem Gott danken.«

      »O Jesu Christi, kann denn noch was Ärgeres sein?«

      »Die ewige Pest, die höllische Pest! Laß mich, Laß mich fort, Du kannst mir doch nicht helfen.«

      Der Andere hielt ihn aber fest am Arm und murmelte zwischen den Zähnen: »Auslaß ich Dich nicht. Jetzt möcht’ ich schon wissen, was hier dahintersteckt.«

      »Gut, ich sag’ Dir’s,« stieß Erlefried hervor und wischte mit dem Ärmel die Tropfen von der Stirne, »’s ist ja weiter kein geheimniß, gehört zu Eurem Fest. In der heutigen Nacht holt mich der Teufel.«

      Der Andere lachte auf, weil er das Wort für nichts weiter, als eine Redensart hielt. Aber Erlefried belehrte ihn bald eines Besseren. Er erzählte dem mit unendlicher Neugierde und auch mit Theilnahme zuhörenden Buschhocker, daß er sich mit Blut auf den Teufelsstein geschrieben, daß er den Bösen seither oft nächtlicher Weile gesehen habe, und daß nach Wort und Schwur am grauen Stein der Teufel an dem Tage, da in Trawies wieder Gottsleichnam gefeiert werden, von ihm Besitz ergreifen könne.

      Der Andere faltete seine Hände über das Knie und sagte kopfschüttelnd: »Das ist bös! Das ist sehr bös!«

      »Meinst,« fuhr Erlefried fort, »daß die Trawieser Leut’ meinetwegen aus Nächstenlieb’ die Prozession unterlassen würden?«

      Jetzt lachte der Buschmann hell auf. »Man merkt es wohl, mein schöner Jüngling, von wannen Du kommst, die Trawieser Leut’ kennst Du nicht. Wenn sie wissen, daß es noch extra ein Spectakel giebt, halten sie die Procession doppelt so gern. So was macht ja die Feuerlichkeit noch größer.«

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