Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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– Zwei Tafeln Mosis,

       Eins und Eins ist Gott allein,

       Der da lebt und der da schwebt

       Im Himmel und auf Erden.«

      »Bist keiner von den Feueranbetern, daß Du noch das alte Lied hast?« Fragte Erlefried.

      »Doch wohl, doch wohl,« antwortete der Hirt, »ich nehm’s alles durcheinander, wie’s mir just einfällt und denk’, daß ein doppelter Glauben wohl besser sein wird, als wie ein einfacher. Bei dem Lied aber sollten Zwei sein. Kannst mir helfen?«

      Elrefried kannte das Lied von seiner Mutter her, es heimelte ihn an. Die Mutter hatte gesagt, dieser Gesang wäre so hochheilig, daß, wenn er auf Erden gesungen würde, die Sterne am Himmel still stünden und wie Altarkerzen leuchteten.

      So konnte zu solch gefährlicher Stunde dem Burschen kaum etwas willkommener sein, als dieses Lied.

      »Sing’ vor,« sagte er, »ich thu’ mit.« Der Hirt fuhr fort:

      »Lieber Freund, ich frage Dich.«

      Erlefried entgegnete: »Lieber Freund, was fragst Du mich?«

      Der Hirt: »Sag’ mir, was ist Drei.«

      Erlefried: »Drei Patriarchen.«

      Beide zusammen: »Drei Patriarchen, zwei Tafeln Mosis, Eins und Eins ist Gott allein, der da lebt und der da schwebt im Himmel und auf Erden.«

      Der Hirt: »Lieber Freund, ich frage Dich.«

      Erlefried: »Lieber Freund, was fragst Du mich?«

      Der Hirt: »Sag mir, was ist Vier?«

      Elrefried: »Vier Evangelisten.«

      Beide zusammen: »Vier Evangelisten, drei Patriarchen u. s. w.«

      Der Hirt: »Lieber Freund, ich frage Dich.«

      Erlefried: »Lieber Freund, was fragst Du mich?«

      Der Hirt: »Sag mir, was ist Fünf?«

      Erlefried: »Fünf Wunden Christ.«

      Beide: »Fünf Wunden Christi, vier Evangelisten u.s.w.«

      Der Hirt: »Lieber Freund, ich frage Dich.«

      Erlefried: »Lieber Freund, was fragst Du mich?«

      Der Hirt: »Sag mir, was ist Sechs?«

      Erlefried: »Sechs steinern’ Wasserkrüg’, fünf Wunden Christ u. s. w.«

      Der Hirt: »Lieber Freund, ich frage Dich.«

      Erlefried: »Lieber Freund, was fragst Du mich?«

      Der Hirt: »Sag mir, was ist Sieben?«

      Erlefried: »Sieben Sacramente.«

      Beide: »Sieben Sacramente, sechs steinern’ Wasserkrüg’ u.s. w.«

      Der Hirt: »Lieber Freund, ich frage Dich.«

      Erlefried: »Lieber Freund, was fragst Du mich?«

      Der Hirt: »Sag mir, was ist Acht?«

      Erlefried: »Acht Seligkeiten, sieben Sacramente u. s. w.«

      Der Hirt: »Lieber Freund, ich frage Dich.«

      Erlefried: »Lieber Freund, was fragst Du mich?«

      Der Hirt: »Sag mir, was ist Neun?«

      Erlefried: »Neun Chör’ der Engel.«

      Beide: »Neun Chör, der Engel, acht Seligkeiten u. s. w.«

      Der Hirt: »Lieber Freund, ich frage Dich.«

      Erlefried: »Lieber Freund, was fragst Du mich?«

      Der Hirt: »Sag mir, was ist Zehen?«

      Erlefried: »Zehen Gebot Gottes.«

      Beide zusammen: »zehen Gebot Gottes, neun Chör’ der Engel, acht Seligkeiten, sieben Sacramente, sechs steinern’ Wasserkrüg’, fünf Wunden Christi, vier Evangelisten, drei Patriarchen, zwei Tafeln Moses, Eins und Eins ist Gott allein, der da lebt und der da schwebt im Himmel und auf Erden.«

      In gläubiger, weihevoller Stimmung hatten sie das alte Lied gesungen. Und nun funkelten am Himmel schon einzelne Sternlein.

      »So,« sagte der Hirt, »jetzt brauchst Du später Dein Abendgebet nicht zu verrichten. Mußt aber recht fromm sein, weil Du bei dem Gesang nasse Augen ‘kriegt hast.«

      »Guter Freund,« versetzte Erlefried, »wenn Du wüßtest, was es mit mir ist, Du möchtest Dich nicht wundern über meine nassen Augen. Frage nicht weiter und geh’, Du bist mir da im Weg.«

      Der Hirte machte einen langen Hals und lispelte dem Jüngling zu: »Aha, Du willst Dich dem Teufel verschreiben.«

      »Löschen will ich,« antwortete Erlefried und jetzt, da er zum letztenmal einen Menschen vor sich sah, stieg ihm das Herz auf die Zunge und er erzählte alles. Er erzählte, daß er der Sohn des Pfarrertödters sei, daß er, um nicht in das Treiben der Trawieser Leute hineingerissen zu werden, sich für todt habe ausgeben lassen. Und er erzählte von Sela, seiner Liebsten, erzählte von der Wallfahrt zum Kreuz im Tärn, von seinen bösen Wünschen und wie ihm Sela entflohen war, und wie er im Wahnsinne sich dem Teufel verschrieben habe.

      Endlich gestand er, was in der heutigen Gottsleichnamsnacht ihm bevorstehe, was er dagegen thun müsse, und daß er gekommen sei, um sich an diesem Steine das Leben zu nehmen.

      Der Hirt machte während der Erzählung ein Gesicht, als ob er wieder so in sich hineinschmunzele.

      »Sind saubere Geschichten, das!« Sagte er jetzt, »und hilft Dir Dein Vater nicht?«

      »Der weiß von nichts.«

      »Ist ein heiliger Mann, der kann schon was für Dich thun!«

      Der möchte sich am liebsten selber helfen, dachte Erlefried bei sich. »Ich weiß nur ein Mittel; wenn Du mir beistehen willst, Hirte.«

      »Auf mich verlaß Dich,« rief der Flachsgelbe.

      »Ich bin Isak und Du sollst Abraham sein,« sagte Erlefried und schaute unsicher zu Boden, als wollte er das weggeworfene Wort wieder aufheben.

      »Ich verstehe Dich schon,« meinte der Hirt, »Du verhoffst, daß ein Engel kommt und mir den Arm fängt.«

      »Ich will sterben!« rief der Bursche. »Ich muß sterben,« murmelte er tonlos nach.

      »Du bist ein Narr!« Rief der Hirt und sprang vom Steine herab. Erlefried schaute blassen Gesichtes hin auf die Fläche. Von seinem Namen waren nur wenige Merkmale mehr zu sehen. »Da steht er,« sagte er und legte den Finger auf ein paar rostige Punkte.

      »Das

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