Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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Jungen tanzten, die Alten tranken, und der Waldmeister ließ sich namens des Kampelherrn glänzend sehen. Er bewirtete alles. Die Auswanderer wollten noch einmal die Altenmooser Lieder singen, die Alm- und Bauern- und Holzknechtlieder, die Wald- und Liebeslieder, bei denen sie aufgewachsen waren. Der Waldmeister nannte derlei ein »altweltisches Gedudel«, was sich etliche kaum gefallen lassen hätten, wenn nicht gar so fleißig die Gläser gefüllt worden wären. Der Knatschel wußte ein Lied, dem hörte anfangs alles zu, und später fielen sie – auch der Waldmeister – mit ein und sangen in würdig getragener Weise:

      »Das Bauernleb'n tut mich nit freuen,

       Mag keiner mehr sein auf der Welt,

       Weil man muß zahlen viel Steuern,

       Und jeder Schritt ist gleich g'fehlt;

       Und will man sich gar lustig machen,

       Gleich heißt es: Er hat zu viel Sachen!

       Na, das Ding geht mir nit ein,

       Mag halt kein Bauer mehr sein!«

      Dieses Lied ward nachgerade zum Festgesang für den Tag. Nachher trällerte ihnen der Waldmeister sehr wunderliche Sachen vor, wie sie Ähnliches in ihrem Leben nicht gehört hatten. Die Weisen waren zwar so glitschig, als wären sie in Schweinsfett gebeizt worden, wollten den Bauern aber nicht recht ins Ohr; doch waren die Worte zwiefältig, und bei einem dieser Liedeln rief einer, der Wagnerzenz, wie rasend: »Still seid's, Ihr Saggra, sonst muß ich ein Weibsbild haben!«

      Operettenliedchen waren es, die der Waldmeister anstatt des »altweltischen Gedudels« einführen wollte. Der Dunnerer und der Stindel im Stein und der Nock stellten sich aber mitten in der Stube zusammen und sangen mit frischen Stimmen die alten Gesänge und die Jodler dazu, daß der Waldmeister mit seinem neumodischen Singelsurium aufhören mußte.

      Seine Zutunlichkeit wollte sich heute aber nicht dämpfen lassen. Den Burschen zeigte er seine silberne Taschenuhr und riet jedem, sich eine solche anzuschaffen. Dann bot er ihnen Zigarren und spottete über das Rauchen aus den Pfeifentiegeln. Den Weibsleuten ließ er Zucker in den Wein tun und Kaffee kochen; jetzt müssen sie sich an den Kaffee gewöhnen und das Bauernsuppengeschlader gehöre in den Trog. Einer Schönen, der Nocksandel, legte er sogar ein rotseidenes Halstuch um die Schulter, was sie auch willig darüber legen ließ. Einer anderen sagte er, zum Tanzen wären die Ochsenlederschuhe nichts, da müßten solche aus Kalbfell mit Tuchfutter sein. Draußen in den Tälern trüge jeder Dienstbote derlei und andere schöne Sachen am Leibe. Der Mensch müsse ja doch eine Freude haben, man lebe nur einmal auf der Welt. »Ja, ja«, schloß er, »es ist so, und Kleider machen Leute!«

      »Und Bettler machen Läuse!« vervollständigte der Wirt das Sprichwort.

      »Vor schönem Gewand zieht man den Hut ab!« sprach der Waldmeister, um zu zeigen, daß er Weisheit innehabe.

      »Man empfängt den Mann nach dem Gewand und entläßt ihn nach dem Verstand«, gab der Wirt zurück.

      Dann ging der Waldmeister auf den Tanzboden und warf dem zitherspielenden Natz einen Silbergulden hin. Dem Alten blieben die Finger auf den Tasten stehen und seine Miene fragte: Für was denn das?

      »Einen Neuschottischen sollst du aufspielen!« rief der Waldmeister und sah sich nach einer Tänzerin um. »Einen Neuschottischen?« fragte der alte Pechölbrenner zurück. »Einen söllichen kann ich nit.«

      »So klimpere uns eine Mazurka! Oder eine fesche Polka!«

      »Kann ich nit«, antwortete der Alte schier betrübt und schob mit dem Zeigefinger das Silberstück sachte von sich.

      »So wirst du doch wenigstens einen Tschardasch schlagen können, alter Racker!«

      »Tschardasch? Was ist denn das?« fragte der Natz demütig.

      »Der Zigeunertanz!« belehrte ihn ein Nebenstehender. »Der paßt heutigentags, wo alles zum Umzigeunern anhebt.«

      Der Natz schüttelte den Kopf: »Zigeunertanz, den kann ich halt auch nit, lieber Herr. Ich kann halt gerade nur den Steirischen.«

      »Musikant, du bist dein Geld wert!« spottete der Waldmeister.

      »Ich nehm' kein's. Bedank' mich, ich nehm' kein's«, sagte der Alte rasch und schob das Silberstück noch weiter zurück.

      »So zithere uns deinen Steirischen vor in des Teufelsnamen! »rief der Waldmeister und stellte sich mit einer drallen Bäuerin zum Tanze auf.

      Der Pechölnatz spielte bedachtsam, ja fast feierlich seinen Steirischen. Er klopfte mit den Fußspitzen den Takt dazu und wiegte mit dem Graukopf. Die ganze Stube war voll von Tänzern, sie strampften mit den Füßen, klatschten mit den Händen, schnalzten mit der Zunge, jauchzten und drehten ihre Weibsbilder, daß die Röcke flogen, und all das in behaglich mäßigem Takte der Zither.

      Plötzlich brach der Natz mitten im Reigen das Spiel ab. Des Wirtes dreijähriges Töchterl war er ansichtig geworden, das an der Tür stehend, den Finger im Munde mit weit aufgespannten Augen dem Treiben zuschaute.

      »So geh' her!« schmunzelte ihr der Natz zu, »geh' her da zu mir, Dirndel!«

      Die Kleine ließ sich nicht lange locken, sie kannte den Mann recht wohl, der ihr erst vor kurzem die Kinderpuppe namens Mitzerl geschenkt hatte, sie lief zwischen den Tänzern zu ihm hin, und er hob sie auf seine Knie.

      »Was will das bedeuten?« fragte der Waldmeister erbost über das so willkürlich abgebrochene Spiel. »Wir wollen tanzen!«

      »Nur Zeit lassen, schön Zeit lassen«, antwortete der Natz gutmütig, »wir werden es schon machen. Zwei richten mehr aus, wie eins. Gelt, Dirndel?«

      Er spielte wieder; auch die Kleine tastete gleichzeitig mit ihren runden Fingerchen auf den Saiten herum, daß es eine recht ungefüge Harmonie gab.

      Der Waldmeister tat ärgerlich einen Fluch und verließ den Tanzboden.

      »Da hat das Kind wieder einmal den Teufel verjagt«, lachte der Steppenwirt und trug auf der Blechtasse des Waldmeisters Wein hinaus an den Lindentisch, wo sich selbiger niedergelassen hatte. Dort am Tische saß auch der Sepp in der Grub, der Zwieselbaumer, der Waldstuber und der alte Sandler.

      Der Sandler kauerte schier armselig da, selbst beim Sitzen noch die Hände auf den Stock stützend, den er zwischen den Beinen auf den Boden stemmte. Eine Hand war mit Lappen umwickelt, denn die Gicht will warm haben, sonst hebt sie an zu zwicken. Das Haupt hielt er scharf nach vorwärts gespannt, denn er war etwas »großhörig«, wie zu Altenmoos die Schwerhörigkeit so stattlich benannt wird. An seinen Beisitzern war nicht die Schuld, wenn er manchmal etwas uneben verstand, sie schrien in ihn hinein, »wie in ein taubes Roß«. Sie waren just daran, ihren lieben Nachbar zu seinem Glücke zu drängen; er sagte wenig dazu, schüttelte aber bisweilen ein bißchen den Kopf. Ja, das Glück wäre schon recht, aber wer weiß, ob's nicht ein falsches ist. Und ein falsches Glück ist ein echtes Unglück.

      Der Sepp wendete sein Haupt nach dem Wege hin, denn dort ging jetzt der Reuthofer heran. Der Jakob kehrte erst von Sandeben zurück, wo er in der Kirche gewesen war, und tat nichts desgleichen, als ob er beim Steppenwirt einkehren wollte. Er war seit einiger Zeit ernster und verschlossener als sonst. Das Unglück mit dem Knaben... Es möchte ihm eine Aufheiterung bei Wein und Kameraden nicht schaden. Der Sepp winkte ihm über die Planke, er solle doch nicht gar so stolz vorbeigehen. Ob er denn nicht durstig geworden

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