Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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auf.

      »Wir hätten mit dem schlimmsten Willen nicht Fische stehlen können, wenn das redliche Nehmen erlaubt geblieben wäre.«

      »Untersteht Euch nicht!« rief der Waldmeister.

      Zur Ehre der Altenmooser Bauern sei es gesagt, sie unterstanden sich nicht, oder nur höchst selten, nämlich wenn sich einer etwa die Hände einmal im Bache wusch und es verlief sich zufällig eine Forelle zwischen seine Finger.

      Einmal hatte der Waldmeister den schönen Gedanken, den Altenmooser Bauern die Wiesenbewässerung zu verbieten, die im Frühjahre nötig ist; er behauptete, daß durch die Wasserentziehung in der Sandach der Fischstand gefährdet werde. Da setzten die Altenmooser gegen den Kampelherrn ein bösartiges Schriftstück auf. In dem fragten sie höflich an, ob sie – falls einer durstig würde – noch Anrecht auf einen Schluck Wasser hätten, das aus dem Berge rinnt, oder ob sie die durstigen Mäuler gegen Himmel halten müßten, damit es hineinregne? Oder ob der gnädige Herr vielleicht auch das Regenwasser vorwegs in Beschlag genommen hätte und nur der Hagel den Bauern gehöre? – Der Kampelherr schämte sich ein wenig und ließ ihnen die nötige Bewässerung.

      Nun war es im dritten Jahre der Auswanderungsseuche zu Altenmoos, an einem heißen Hochsommerabende, daß drinnen im Gebirge ein wildes Gewitter niederging. Es entwurzelte Bäume, trennte Lawinen los und wälzte ganze Felsblöcke in den Abgrund. In der darauffolgenden Nacht war in dem Tale von Altenmoos ein schreckbares Krachen und Brausen, die Leute gingen aus den Häusern hervor, sahen aber nichts in der dichten Finsternis, hörten nur das Krachen und Brausen. Einige stiegen mit Handlaternen zur Niederung hinab und kamen mit der Meldung zurück, unten auf den Wiesengründen sei der ganze Erdboden lebendig geworden und Berge schwämmen daher auf dem Wasser.

      Als der Morgen aufging, sahen sie die Verwüstung. Alle Gründe, die in der Niederung des Baches lagen, waren überflutet. Nur der Boden des Reuthofers war zum Teile verschont geblieben, weil ein Steindamm, den die Vorfahren angefangen aufzubauen und der Jakob vollendet hatte, eine Schutzwehr bildete. Schlimm hingegen war der Rodel getroffen. Als er am Morgen von seinem Hof auf die Wiese hinabschauen wollte, war keine Wiese mehr da, hingegen an der Stelle ein schmutzig brauner See mit Schutt und Stein und zerrissenen Bäumen. Die Sandach wogte in hohen trüben Fluten und schoß zweimal so rasch dahin als sonst; an vielen Stellen trat sie über das Ufer und rann in den braunen See hinein und an anderen Stellen wieder hinaus.

      Der Rodel stieß in der ersten Überraschung einen Klageruf aus. Seine Wiese! Sein Heu! Hernach ging er mit auf den Rücken gekreuzten Armen unten am Raine hin und her. Da kam auch der Reuthofer herbei, und sie schauten gemeinsam und wortlos die Verheerung an.

      Endlich sagte der Rodel: »Was ist da zu machen?«

      Da wäre nichts zu machen, als abzuwarten, meinte der Jakob. Wenn das Wasser abgelaufen, müsse scharf an die Arbeit gegangen werden. Es würde dann, wenn der Schutt nicht gar zu massig liege, ein fruchtbares Heujahr geben, denn wenn unser Herrgott mit Schlamm dünge, so wisse er warum.

      »Du weißt einem immer ein gutes Wort«, sagte der Rodel.

      »Besser als mein Wort sollen dir meine Knechte dienen, wenn du sie brauchst«, sprach der Jakob.

      Die Sandach wurde zwar bald wieder kleiner und zahmer, das Wasser auf der Wiese klärte sich, so daß man auf den grünen oder sandigen Grund sehen konnte; aber es verlief sich nicht. Es rann immer noch von der Sandach herein und es floß unten in einem Bächlein ab; aus der Wiesentalung, die, wie sich's jetzt zeigte, niedriger lag als die Sandach, war ein wahrhaftiger See geworden. Und in diesem See spiegelte sich gar lieblich der blaue Himmel, und in seinen klaren Tiefen schwammen unzählige Forellen hin und her.

      Ist auch gut, dachte der Rodel, Fleisch ist feiner wie Heu. Und richtete sich Angeln her, baute ein schwimmendes Brücklein und begann zu fischen. Da kam denn einmal der Waldmeister Ladislaus gegangen. Der blieb hier stehen und schaute dem Fischer eine Weile zu. Endlich steckte er zwei Finger in den Mund, pfiff auf den See hinaus, der Bauer solle ans Land kommen. Der Bauer kam ans Land, der Waldmeister nahm ihm die Angel und die Fischlagel weg und goß diese samt den Forellen in den See aus. Der Rodel wehrte sich nicht, sondern sagte: »Beim Gericht werden wir's erfahren, wem die Fische auf meiner Wiese gehören.«

      »Ganz schön«, entgegnete der Waldmeister und ging seines Weges. Weil er aber lieber Hammer als Amboß war, so verklagte er den Fischdieb.

      Jetzt hub ein Prozeß an.

      Der Rodel ging zum Gericht und brachte folgendes vor: »Die Sandach hat meine Wiese überschwemmt. Das Wasser rinnt zu und ab, und es ist ein See. Jetzt will des Kampelherrn Jägerknecht die Fische von meinem See haben. Ich sage aber: Der Kampelherr hat in der Sandach das Fischrecht, und nicht auf dem See. Für meinen Wiesengrund zahle ich Steuer. Das Heu ist hin auf Jahr und Tag, ich nutze die Fische und will sie zugesprochen haben.«

      Der Kampelherr hatte drei Advokaten zum Prozeßführen, denn bei dem gab's fortwährend an allen Enden zu tun. Einen davon schickte er nun zum Gericht gegen den Rodel. Der Herr Doktor läßt sich's nicht nachsagen, daß er seinen Brotgeber lässig vertrete und gelernt hat er auch etwas. Er stellte bei Gericht folgendes: »Wir haben das Fischwasser der Sandach gepachtet, ob es jetzt im Bette rinnt oder über das Ufer tritt, wir haben es gepachtet. Das Gesetz hat der Sandach keinen Weg vorgeschrieben, auf dem es rinnen muß und die Bauern sollen Schutzwehren bauen, wenn ihnen das Wasser nicht recht ist. Sei das Wasser der Sandach klein oder groß, rinne es nach rechts oder links, wir haben in ihm das Fischerrecht und der Bauer Rodel, der uns die Forellen entwendet, soll bestraft werden.«

      Hierauf entgegnete der Bauer Rodel: »Wer jetzt die Sandach messen will, sie hat in ihrem Bett so viel Wasser, als immer. Der See ist etwas Neues, ist im Regen vom Himmel gefallen und wenn der Kampelherr das Seewasser haben will, so soll er es pachten.«

      Es handle sich ja nicht ums Wasser, hierauf der Herr Doktor sehr glatt, es handle sich um die Fische. Und die Fische seien nicht vom Himmel gefallen, sie seien aus der Sandach, seien dort mit Sorgfalt und Kosten gehegt und gepflegt worden, es sei an ihrem Eigentum kein Zweifel.

      »Gut!« rief der Rodel, dem der Mut wuchs, je stärker sich der Feind zeigte, »und wenn der See austrocknet, was geschieht? Werden die Fische so brav sein und in ihr Revier, in die Sandach, zurückschwimmen? Ich denke, sie werden auf meiner Wiese liegen bleiben und zu stinken anheben, und da wird der gnädige Herr auf einmal keinen Anspruch drauf machen.«

      Der Herr Doktor blätterte fortwährend in Büchern und Schriften um; der Rodel hatte immer zu wenig Urkunden bei der Hand, heute fehlte dies, morgen das. Es zog sich schon in die Monate hinein, die Protokolle gingen hin und her, auf und ab, und die Gesetze wurden gedreht über und über. Es schien von Anfang an klar zu sein, daß der Rodel an den Fischen kein Anrecht hatte, aber der Bauer kam immer wieder mit neuen Einwänden, die der Richter zu beachten hatte. Er sah es wohl, nach dem Buchstaben des Gesetzes war seine Sache verloren, doch der Jakob hatte ihm gesagt, daß das Gesetz nicht allein einen Leib, den Buchstaben, sondern auch einen Geist habe, und nur der Geist des Gesetzes könne unter Gottes Namen entscheiden über Recht und Unrecht. Unbegreiflich blieb es allen in Altenmoos, daß der Rodel auf seinem Wiesengrund, wo er das Wasser nicht verkauft und nicht verpachtet hatte, nicht sollte fischen dürfen! Daß bei dem großen Unglück der Überschwemmung ihm nicht einmal der winzig kleine Vorteil, den ihm Gott zugewandt, gegönnt werden sollte! Es wäre himmelschreiend! Und lieber den ganzen Hof verprozessieren, als von der Sache lassen!

      In einer der vielen schlaflosen Nächte, da der Rodel über den Handel nachsann und grübelte, fiel ihm etwas ein. – Ja, dachte er, der Kampelherr ist also Eigentümer der Fische. Und wenn er nicht Eigentümer des Wassers ist, wieso darf er seine Fische drin schwimmen lassen? Und wenn er Eigentümer des Wassers ist, so muß er mir doch den

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