Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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Tore, bis die Herren ins Amt kamen, schon von weitem schmunzelte er ihnen entgegen: Ich hab's! Wir Bauern sind nicht so dumm, wie wir ausschauen.

      »Heute«, sagte er, »mit Verlaub, heute komme ich mit einer neuen Geschichte. 's ist eine zuwidere Sach'! Wollt' sie vorbringen, wenn's verstattet wäre.«

      »Ist verstattet.«

      »Ich hab' einen Hund«, gab der Rodel an, »ein böses Rabenvieh, aber ich hab' ihn an der Kette. Da reißt er gestern los und beißt die Nachbarin. Jetzt will mich die Nachbarin verklagen, ich kann aber nicht dafür, daß das Biest die Kette abgerissen hat.«

      »Ja, lieber Bauer, da wird Euch nichts helfen«, sagte der Beamte, »Ihr müßt der Nachbarin den Schaden ersetzen, Schmerzensgeld zahlen und noch die Strafe. Ihr seid verantwortlich für Euren Hund und hättet eine stärkere Kette haben sollen.«

      »Vergelt's Gott für das Urteil!« sagte der Bauer und verneigte sich. »Wenn der Herr Christus in Gleichnissen gesprochen hat, so wird's einem armen Bauern auch erlaubt sein. Der Kettenhund, mit Verlaub, ist die Sandach. Die Sandach ist des Kampelherrn Kettenhund; der hat sich losgerissen und mich gebissen, der Kampelherr muß mir Schaden, Schmerzensgeld zahlen und noch die Strafe. Gottlob, daß wir endlich einmal fertig sind!«

      Der Amtmann klopfte dem Bauer auf die Achsel und sagte: »Lieber Alter, laßt Euch nicht auslachen und geht ruhig heim. Ist über Jahr und Tag das Wasser Eurer Wiese nicht verlaufen, so wird Euch für den Fleck die Steuer abgeschrieben werden. Achtet Ihr auf Eure Felder und Halden; Wasser und was drin ist, geht den Bauern nichts an.«

      Der Rodel entgegnete schneidig: »Wenn Wasser und was drin ist, den Bauern nichts angeht, so geht den Fischer das Land und was drauf ist nichts an. Und wenn er das Gras zertritt, so wird er sehen, was geschieht!«

      »Basta!« sagte endlich das Gericht, »die Fische gehören dem Kampelherrn.«

      »So soll er sie haben«, knurrte der Bauer zweideutig, und nun erinnerte er sich wieder einmal des alten Sprichwortes: Herrenwill' ist stärker als Bauernrecht.

      Unterwegs nach Hause begegnete ihm der alte Pechölnatz.

      »Rodel!« rief dieser ihm zu, »du kommst mir heute jämmerlich für.«

      Der Bauer erzählte, was ihm geschehen war. »Was meinst du?« fragte er zum Schluß.

      »Wenn ich was meinen soll, so muß ich mich niedersetzen«, sagte der Pechölnatz, »beim Gehen wird mir für die Meinung der Atem zu kurz.«

      Sie setzten sich aufs Moos. Der Natz trocknete seine Stirne. »Heiß ist's«, seufzte er. Und dann zum Rodel: »Bauer! Wenn deine Kuh den Zaun durchbricht und lauft in den Kampelherrnwald hinein, was geschieht?«

      »Was wird geschehen«, brummte der Bauer, »gepfändet wird mir das Vieh.«

      »Gepfändet wird's«, sagte der Natz und nickte mit dem Kopf, zum Zeichen, daß es auch so in Ordnung sei. »Und was wirst du machen, wenn des Kampelherrn Forellen auf deine Wiese kommen? He, was schaust mich so groß an? Pfänden wirst sie.«

      Das war wieder ein neuer Standpunkt. Aber der Schulmeister zu Sandeben riet dem Rodel, er sollt's gut sein lassen. Gepfändete Sachen müsse man ja doch wieder zurückstellen, was wäre da anzufangen? Eine gepfändete Kuh könne man melken, eine gepfändete Forelle könne man nicht melken. Und den Herren komme der Bauer nicht auf, er könne machen, was er wolle.

      Nun, so hat sich der Rodel dreingegeben, aber er hat sich's auch gemerkt. Etliche Tage nach der Entscheidung war's, daß er mit seinen Knechten unten am Rain dürres Gestrüpp verbrannte. Mit langen Hakenstangen krauten sie das Struppwerk in das Feuer und merkten es nicht, wie der Waldmeister Ladislaus an den nahen See kam, das schwimmende Brücklein losband, hinausschiffte und mit der Angel fischte. Er wollte das absichtlich vor den Augen des Rodel tun, um ihn zu ärgern. Doch zeigte es sich bald, daß der Mann auf der schaukelnden Plätte nicht so stramm stand, als auf dem festen Waldboden, und weil auch ein fürwitziger Herbstwind stoßweise mitruderte, so ging die Sache uneben. Der Waldmeister trachtete, mit dem Ruderbrett gegen das Ufer zu steuern, da stieß die Plätte an einen Felsblock und – patsch! lag er im Wasser.

      Wer denkt daran, daß ein Forstjäger im Gebirge schwimmen lernen sollte? Als der Mann nach dem ersten Untertauchen seinen Kopf pustend und schnappend wieder an die Luft reckte, hub er ein Geschrei an und beschwor die Bauersleute, mit ihren Hakenstangen ihm zu Hilfe zu kommen.

      Die Knechte sahen es. »Uh je, der Lausel! der Lausel!« riefen sie und wollten alsbald dran. Da hielt sie der Rodel zurück und sagte strenge: »Buben, was treibt's denn? Daß's g'straft werd's! Wißt's es denn nit? Wasser und was drin ist, geht den Bauern nix an.«

      Sofort zogen sie sich vom Wasser zurück gegen das Feuer und schauten dem Waldmeister Ladislaus zu, der verzweifelt mit den Wellen rang und dessen Haupt immer seltener auftauchte. Endlich schlug er nur noch einen Arm empor, da sagte der Rodel zu seinen Knechten: »Jetzt, Buben, lauft's mit den Stangen, jetzt geht's über den Spaß. Ich hab' gemeint, der Kerl wär' zu dumm zum Ertrinken, jetzt seh' ich's, er ist gescheit genug dazu. Auf, Buben, das Fischen ist erlaubt!«

      Sie sprangen ins Wasser bis an die Hüften und hakten den Ladislaus hervor; aufgespießt am Rockrücken, so hielten sie ihn jetzt mit der Stange hoch in die Luft, daß das Wasser davon niederplätscherte, wie von einem übergossenen Pudel.

      »Einen Stockfisch haben wir auf der Angel!« riefen die Knechte.

      »Heraus damit!« sagte der Rodel, »das Feuer ist angemacht, wir wollen ihn braten.«

      Der Waldmeister brachte zur Not die Hände so nahe zusammen, daß er damit bitten konnte. Sie ließen ihn nieder auf den Rasen, wo er wie eine überschwemmte Fliege eine Weile liegen blieb und aus Mund und Nase das Wasser hervorstraukelte.

      Von dieser Zeit an hatte der Rodel an dem Waldmeister einen Todfeind, mit dem er sich nicht zu schämen brauchte.

      Wenngleich der Ladislaus die Rettung vergaß, die ja selbstverständlich und verfluchte Pflicht und Schuldigkeit gewesen, den Stockfisch vergaß er nicht. Als er nur wieder recht trocken war, begann er dem Rodel an allen Enden und Ecken den Krieg zu erklären, und jetzt merkte es der Bauer erst, wie dicht er von der Kampelherrschaft bereits umgarnt war. Er zappelte wie eine Mücke im Netz der Kreuzspinne.

      Endlich half auch aller Zuspruch des Jakob nichts mehr.

      »Ich sehe es«, sagte der Rodel und fuhr mit der flachen Hand in die leere Luft hinein, »in Altenmoos ist nichts mehr zu machen, auf dem Kornfeld grasen die Hirschen, auf der Wiese schwimmen die Fische. Da gibt's für den Bauer keinen Platz mehr.«

      Er verkaufte sein Haus an den Steppenwirt, dieser an den Kampelherrn. Vom Steppenwirt war es nur eine Komödie gewesen, er hatte dafür sein Spielgeld.

      Der Reuthofer blickte dem fortziehenden Nachbar und bisherigen Lebensgenossen mit Trauer nach. Als der Rodel, die Angehörigen hatte er vorausgeschickt, mit seinem letzten Siedelwagen an dem Bachhäusel vorbeifuhr, trat ihm ein junges, abgehärmtes Weib mit einem Kinde in den Weg und bat ihn, daß er sie mitnehmen möchte hinaus nach Krebsau.

      »Du bist es, Dullerl«, sprach der Rodel, sie mitleidig anblickend, »ja, wo willst denn hin mit deinem Kindel?«

      Da begann sie zu schluchzen und konnte nicht sprechen.

      »Mußt nicht weinen«, sagte er und ergriff ihre kühle Hand, »es ist eine harte Zeit für uns alle. Mußt

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