Mami Staffel 6 – Familienroman. Claudia Torwegge
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Читать онлайн книгу Mami Staffel 6 – Familienroman - Claudia Torwegge страница 27
Als erstes rief sie von ihrer Wohnung aus im Büro an, um Bescheid zu sagen, daß sie später kommen würde. Als zweites verständigte sie den Hausverwalter, der versprach, einen Installateur zu schicken. Dann brachte sie Amelie, die natürlich liebend gerne zu Hause geblieben wäre, in den Kindergarten. Wann erlebte man denn so was schon – Wasser, das in Strömen durch die Badezimmerdecke lief! Widerstrebend ging sie neben ihrer Mutter her und fragte sie nach allem möglichen aus, nach dem Handwerker, der bald kommen würde, und wie denn der nasse Fleck im Badezimmer wieder wegzubekommen wäre.
»Fällt uns jetzt die ganze Decke auf den Kopf?« fragte sie.
»Um Himmels willen, bloß nicht!« sagte Nina. »Schrecklicher Gedanke. Dann hätten wir ja eine Baustelle…«
»Baustelle? Wie bei uns in der Straße, wo das neue Haus gebaut wird? Mit Ziegelsteinen und Sand und Wasser und einer Mischmaschine und so?« erkundigte sich Amelie. Sie fände das toll, aber nach dem Gesicht ihrer Mutter zu urteilen, war die ganz anderer Ansicht.
»Das Zeug in der Spülmaschine von Herr Brückner – ist das schon sauber?« fiel es Amelie ein. Nina seufzte.
»Ich weiß es nicht, ich glaube nicht«, sagte sie. »Aber auch darum werde ich mich kümmern müssen.«
Sie beugte sich hinunter, um ihrer Tochter einen Abschiedskuß zu geben.
»Bis heute nachmittag, Kleines. Ich glaube, ich werde heute vielleicht doch nicht mehr ins Büro gehen können. Und dabei habe ich soviel Arbeit auf meinem Schreibtisch liegen!«
»Dann holst du mich heute nachmittag ab, Mami?«
»Nein, Liebling, ich fürchte, das geht nicht. Ich werde Frau Meyer bitten müssen, dich abzuholen.«
»Warum geht es nicht, Mami? Wenn du doch sowieso nicht ins Büro gehst, dann bist du doch zu Hause!«
»Ich weiß ja nicht, wann die Handwerker kommen und wie
sie fertigwerden«, antwortete Nina.
»Ooch«, sagte Amelie enttäuscht, doch bei dem Gedanken, daß, wenn sie nachmittags nach Hause käme, sicherlich immer noch Handwerker da sein würden, war sie schnell versöhnt.
»Ich habe eine tolle Idee, Amelie. Was hältst du davon, wenn wir beide heute abend in die Eisdiele gehen?« schlug Nina vor. Amelie strahlte. Das war natürlich noch etwas ganz Besonderes.
»Au ja«, sagte sie fröhlich. »Ich esse ein Spaghetti-Eis. Das sieht immer so schön aus, Vanille-Eis mit roter Himbeer-Soße!«
»Und ich werde Schokolade, Nuß und Zitrone nehmen und ein kleines bißchen Sahne«, entgegnete Nina. Sie war froh, daß sie Amelie so schnell ablenken und auf andere Gedanken bringen konnte. Es tat ihr immer wieder von neuem leid, daß sie nicht uneingeschränkt für ihr Kind dasein konnte und es so oft vertrösten mußte. Das machte ihr Kummer und Schuldgefühle.
Wenn wir doch eine richtige Familie wären – mit einem Vater, der sich um uns kümmert und für uns sorgt, mußte sie oft denken. Aber tapfer schob sie diesen Gedanken dann immer weit weg.
»Es ist eben so und nicht anders«, sagte sie laut, und Amelie sah ihre Mutter verwundert an.
»Meinst du, mit dem Wasser durch die Decke ist es so und nicht anders?« fragte sie, und Nina nickte.
»Wir werden sehen, was draus wird«, meinte sie. »Ich erzähl dir heute abend alles ganz genau.«
*
»Es ist ein altes Haus, da passiert so was schon mal«, tröstete der Installateur, ein baumlanger Mann im blauen Arbeitsanzug, sie. Er hatte schnell den Schaden herausgefunden.
»Die Rohre sind bös verstopft«, meinte er und wiegte bedenklich den Kopf hin und her. »Wollen wir hoffen, daß wir sie wieder freikriegen. Und wollen wir hoffen, daß es daran liegt und nicht an dem Rohr in der Decke. Wenn das kaputt ist, müßten wir die Decke aufklopfen und dann…«
Er machte eine vielsagende Gebärde, und Nina verstand, daß er damit auf den Schmutz und Bauschutt anspielte, der sie dann erwartete.
»Nur Mut, wir versuchen, die Sache erst mal sauber zu machen«, meinte er und fuhr noch einmal in seine Firma, um anderes Werkzeug zu holen. Es war eine lange, metallene, schlangenförmige Spirale, die an einen Elektromotor angeschlossen und von Friedhelm Brückners Küche durch die Abflußrohre geführt wurde. Es war ein entsetzlicher Lärm, als sich das biegsame Metallteil von dem Motor getrieben durch die Rohre schob. Als der Installateur die Spiralte vorsichtig wieder aus den Rohren herauszog, war sie voller schwarzem, fettigem Schmutz, der sich überall in der sauberen Küche verteilte.
Die alte Frau Meyer, die die Neugier dazu getrieben hatte, all die vielen Treppen zu überwinden, stand kopfschüttelnd in der Tür.
»Eine Unverschämtheit, ausgerechnet jetzt zu verreisen«, stellte sie mit schmallippigem Mund fest. »Wer soll denn den ganzen Dreck hier wegmachen?«
»Ich natürlich«, seufzte Nina.
»Das sieht diesem Herrn Brückner ähnlich«, war Frau Meyers Antwort.
»Es hätte schlimmer kommen können«, tröstete der Handwerker sie, als er sein Gerät wieder aufrollte. »Nun wollen wir mal prüfen, ob’s geklappt hat. Lassen Sie hier mal Wasser rein – und ich gehe runter und sehe nach, ob noch was durchkommt.«
Nina ließ das Spülbecken volllaufen und ließ es dann ab.
»Bleibt alles trocken«, kam die Stimme des Mannes von unten herauf.
»Und – wie ist es mit der Spülmaschine? Kann ich die jetzt wieder anstellen?« fragte Nina bang.
»Na klar«, meinte der Handwerker. Er sah ihr an, daß sie eine neue Überschwemmung fürchtete. »Es ist jetzt ganz bestimmt alles in Ordnung. Sie brauchen keine Sorge zu haben.«
Nina brachte ein verzagtes Lächeln zustande.
»Na gut, wenn Sie das sagen«, meinte sie. Sie sah sich in der verschmutzten Küche um, überall war schwarze, fettige, übelriechende Schmiere – auf dem Fußboden, an den Schranktüren, am Kühlschrank und der Spülmaschine. Sie holte tief Luft. »Na, dann werde ich mich mal an die Arbeit machen…«
Frau Meyer murmelte etwas vor sich hin und zog es vor, schnell zu verschwinden. Am Ende hätte sie vielleicht noch helfen müssen, den Dreck zu beseitigen. Nina lief ihr nach und beugte sich über das Treppengeländer.
»Liebe Frau Meyer, wären Sie so nett, später meine Kleine aus dem Kindergarten abzuholen? Sie sehen ja, daß ich hier zu tun habe«, bat sie. Die alte Frau blieb auf dem Treppenabsatz stehen und sah nach oben.
»Das mach ich doch immer, da brauchen wir gar nicht drüber zu reden«, meinte sie ein wenig beleidigt.
»Gut, gut«, sagte Nina beschwichtigend. »Trotzdem vielen Dank.«
Sie ging nach unten, zog sich ihre älteren Klamotten an und machte sich daran, den Schmutz in Friedhelm Brückners Küche zu beseitigen. Damit ihr die Arbeit schneller von der Hand ging, stellte sie das Radio an. Es gab flotte Musik, und sie drehte das Gerät auf volle Lautstärke. So hörte sie nicht, daß sich jemand an der Wohnungstür zu schaffen