Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth. Ödön von Horváth
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Читать онлайн книгу Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth - Ödön von Horváth страница 59
Wir sehen nur so aus.
DAS FRÄULEIN
Ich liebe die Uniform. Ich bin eine Deutsche aus Metz. Wir hatten viel mit den Herren Soldaten zu tun. Wenns wieder Krieg gäb, das wär fein!
HORST
Sie werdens noch erleben, Mädchen.
DAS FRÄULEIN
Ich wär auch glücklich mit einem Manöver. Die Herren sind doch Soldaten?
RÜBEZAHL
Wir sind keine Soldaten, dumme Kuh!
DAS FRÄULEIN
Pardon! Seien Sie nur nicht wild, Sie Großer! Die Herren haben doch Uniform.
KNORKE
Wir haben uns nur noch nicht umgezogen seit dem Krieg.
DAS FRÄULEIN
lacht: Oh pfui, wie pikant!
HALEF
Sehr geehrtes Mädchen. Ich bin zwar kein Soldat, aber ich interessiere mich für Manöver. Überhaupt für Übungen – Er schäkert mit ihr.
KNORKE
zu Salm: Sie heißt Schramm. Mit dem seltenen Vornamen Anna. Sie wohnt in der Prinzenstraße unter sechs und hat sich an den Sladek gehängt. Sie ist im gefährlichen Alter und könnte für ihren Bubi auch sterben.
SALM
Ein schöner Abend heute abend.
KNORKE
Sie weiß alles, vielleicht auch das, was ihr bevorsteht. Sie wird trotzdem jede versteckte Patrone der Republik abliefern und alles den Polen verraten. Sie ist toll.
SALM
Ein schöner Abend heute abend.
KNORKE
Ich verstehe, Leutnantleben. Liebling, wir verstehen uns wie ein Liebespaar. Es ist ein schöner Abend heute abend, und es wird für manches Kind keinen schöneren mehr geben.
SALM
Was, wenn Sladek nicht kommt?
KNORKE
Er kommt. Er haßt sie nämlich.
SALM
Warum?
KNORKE
Warum haßt man einen Menschen? Entweder weil er einem nichts gibt oder zuviel gegeben hat. Sie wird ihn ausgehalten haben. Sie muß mal sehr geil gewesen sein.
HORST
Das Schandweib gehört totgeprügelt.
SALM
Könntest du sie totprügeln?
HORST
Im Interesse des Vaterlandes, jederzeit. Wir hatten zu Hause einen reinrassigen Dobermann. Dem habe ich einmal die Beine zusammengebunden und losgeprügelt bis ich nicht mehr konnte. Das Vieh gab keinen Ton von sich. Es gibt so stolze Köter. Es hat mich nur angeschaut.
SALM
Du bist so herrlich hemmungslos, so göttlich selbstverständlich. Das soll Wodka sein! Ich habe meine Jugend vergeudet.
HORST
Bitte, nur nicht sentimental!
SALM
Nein, ich bin nur traurig. Wenn man so zurückdenkt: Damals, du wirst erst sechs Jahr gewesen sein, damals war ich Hauslehrer in Siebenbürgen. Was ich dort bei den Rumäninnen Kraft ließ – ja, das Weib haßt den Mann, auch in der Tierwelt gibt es dafür Beispiele. Ich hab erst in der Gefangenschaft mein besseres Ich entdeckt, ich danke es dem Krieg, er wies mich den rechten Weg. Horst. Du folgtest meinem Rufe.
HORST
Halt! Ich habe um meiner Ideale willen und nicht aus persönlichen Gefühlchen Papa und Mama verlassen. Ich wär auch ohne dich durchgebrannt – jetzt hätte ich bald das Abitur! Wozu? Die Tat gilt mehr als das Wissen, die Waffe mehr als das Wort.
SALM
Sei nicht grausam.
HORST
Quält dich die Wahrheit? Stehst du über dem Vaterland? Daß du immer Illusionen brauchst!
SALM
Wie der kleine Kerl quälen kann –
RÜBEZAHL
Salm! Du hast ein Profil wie Bruno Kastner, aber ich hab kein Geld. Hast du Geld? Gib mir Geld.
SALM
Besauf dich nicht!
RÜBEZAHL
Poussier deinen Knaben und leck mich am Arsch! Hab keine Angst, ich halt das Maul auch im Delirium. Aber ich wiederhole: Es wäre besser gewesen, wenn wir das Schwein nicht zuerst in den Wald, sondern gleich draußen im Fort – Jetzt haben wir die Sauce im Auto, rot gebatikt.
SALM
Kusch!
RÜBEZAHL
Wir sind unter uns, Tante Frieda. Die einzigen Gäste. Hast du Geld? Ist das ein Dorf!
DAS FRÄULEIN
Die Herren sind mit dem Auto gekommen?
HALEF
Wir sind Geschäftsreisende. Wir vertreten eine große Lebensversicherung. Unser Chef ist ein jüdischer Kommerzienrat und jener neunzehnjährige Jüngling ist sein Sohn.
HORST
Ich bin erst siebzehn.
HALEF
Und was du schon für Hüften hast!
SALM
Halef, es gibt Dinge, die jenseits des Witzes liegen.
HALEF
Zu Befehl, Majestät! Ich fürchte nur, daß er die moderne Linie verliert.
DAS FRÄULEIN
Daß sich die moderne Linie derart durchsetzt, ist nur eine Folge der Unterernährung. Der Kriegskost.
RÜBEZAHL