Om mani padme hum. Wilhelm Filchner

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Om mani padme hum - Wilhelm Filchner Edition Erdmann

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Monate Wüstenleben hatten wir endlich hinter uns. Eines Morgens erblickten wir in der Ferne eine lockende Oase, dahinter ansteigende Berge ...

      Das war An-hsi, 1300 Meter hoch gelegen, am Fuß der nördlichen Ausläufer des Richthofengebirges. Wie glücklich atmete ich auf, diesen Marsch bewältigt zu haben! Aber gleich bedrängte mich die bange Frage: Wie wird mich das offizielle Kansu aufnehmen? Ich komme doch aus Sinkiang, also direkt aus dem Lager des Feindes!

      Mit gemischten Gefühlen ritt ich durch das Stadttor von Anhsi. Aber ich hatte wieder einmal Glück. Der höchste Mandarin war gerade verreist, und so ließ man mich nach Vorzeigen meines chinesischen Passes unbehelligt passieren.

      Die nächste Stadt, Su-tschou, war bald erreicht. Sie liegt 280 Meter höher als An-hsi. Dort traf ich bereits einen Herrn der Steyler Mission, der mir von dem katholischen Bischof Buddenbrock aus Liang-tschou in liebenswürdiger Hilfsbereitschaft entgegengesandt war. Er sollte mir bei der Grenzüberschreitung in Kansu Weiterungen mit den Behörden und unnötigen Aufenthalt nach Möglichkeit ersparen. Das war ein großer Dienst. Es gab keinerlei Schwierigkeiten, und ich konnte jetzt meine wissenschaftlichen Messungen unter erheblich angenehmeren Umständen als bisher durchführen.

      Die Wegeverhältnisse wurden aber schlechter, da gewaltige Geröllfelder überquert werden mussten; dazu trat die mit Rücksicht auf die empfindlichen Instrumente notwendige behutsame Fahrt. Beides brachte Zeitverlust.

      In Kan-tschou (1560 Meter ü. d. M.), das der Provinz den Namen gibt, wurde ich von den chinesischen Behörden höflich aufgenommen und fand neben wohltuendem Verständnis für meine Arbeiten gastfreundliches Quartier in der katholischen Mission, die sich dort einen großen Wirkungskreis geschaffen hat.

      Ebenso erfreulich war der Eindruck in Liang-tschou, wo ich in Hsi-siang, dem katholischen Bischofsitz, der Kan-tschou um 200 Meter überragt, mehrere Tage rasten durfte. Der Bischof Buddenbrock hatte die Güte, mir für meine Reise bis Sining-fu Geldmittel vorzustrecken, obgleich er sich selbst in finanziellen Nöten befand, da die Verbindung mit der Küste infolge des chinesischen Bürgerkriegs unterbrochen war.

      Ping-fan war mein nächstes Ziel. Wir bewegten uns hier auf der Hauptstraße. Ortschaften und Herbergen in Hülle und Fülle! Nur der Weg war miserabel. Die vielfach versumpften und tückischen Stellen mussten mit Vorsicht umfahren werden.

      Außer den Ortschaften fallen dem Wanderer vor allem festungsartige Bauten auf. Sie sind ungefähr einen Kilometer voneinander entfernt angelegt und von Feldern umgeben. Sie wurden zumeist während der Mohammedaneraufstände erbaut. Ganze Familien haben sich in diese drei bis vier Meter starken und sechs bis acht Meter hohen Ringmauern zurückgezogen, auf deren Ecken Verteidigungstürme aufragen. Ein schmaler Zugang mit eisenbeschlagener massiver Tür, der fast stets verrammelt ist, führt ins Freie.

      Bald verlassen wir die Ebene, überqueren einen leichten Pass des Richthofengebirges und kommen ins Wassergebiet des Huang-ho. Dem Bett des Ping-fan-ho folgen wir abwärts und erreichen Ping-fan (2140 Meter ü. d. M.). Diese Stadt war mit Militär aller Gattungen und Kriegsmaterial bis in die letzten Winkel vollgepfropft. Wir hatten Mühe, uns durch dieses bunte Gewirr hindurchzuarbeiten.

      Man hatte mich vor Ping-fan gewarnt. Der Stadtkommandant sollte auf höheren Befehl Fremde nicht nach Kansu durchlassen. Es waren Kassandrarufe! Ich wurde angenehm enttäuscht. Die chinesischen Beamten gaben mir nach Prüfung meines Passes ohne Weiteres die Erlaubnis, den Weg nach Sining-fu fortzusetzen.

      Ehe wir nun den Weitermarsch antreten, möchte ich an dieser Stelle einige Worte über die Vorbereitungen sagen, die Marschall Feng-Yu-Hsiang getroffen hatte, um eine möglichst gute Verbindung zwischen Kansu und Sinkiang zu schaffen. Es war geplant, auf dieser Strecke in Automobilen größere Truppenmengen nach Sinkiang zu werfen. Der Marschall hatte zu diesem Zweck von Lantschou aus eine Automobilstraße anlegen lassen, die über Ping-fan, Liang-tschou, Kan-tschou bis An-hsi führte und noch weiter in Richtung Schin-schin-schja ausgebaut werden sollte. Die Bewohner sämtlicher an dieser Strecke liegender Ortschaften waren zwangsweise zum Wegebau herangezogen worden; Oberleitung und Bewachung lagen in den Händen der bewaffneten Macht. Militärpatrouillen kontrollieren bei Tag und Nacht die Übergänge, liegen zum Teil im Hinterhalt, ähnlich unseren Autofallen, und fahnden nach Fahrzeugen, die es wagen, die Autostraße widerrechtlich zu benutzen.

      Die Heeresstraße geht über Lößboden, hat eine durchschnittliche Breite von acht Metern, ist eben und soll nur dem Automobilverkehr dienen. Zu beiden Seiten der Kunststraße sind tiefe Gräben gezogen, um die Fuhrwerke der Bauern vom Befahren abzuhalten.

      Dort, wo die Straße, die nach Fertigstellung eine Länge von 1500 Kilometern haben wird, über breite Geröllflussbetten führt, sind die größeren Steine entfernt; aus ihnen werden als Seitenschutz meterhohe Mauern errichtet. Klugerweise war man von vornherein darauf bedacht, die Straße dem Gelände anzupassen und größere Steigungen zu vermeiden. Über Gießbäche und Flüsse führen stabile Holzbrücken. Die Steigungen dieses Autoweges sind nicht groß. Er kreuzt zahlreiche Ortschaften.

      Wir setzen jetzt unseren Weg nach Süden hin fort, verlassen den Ping-fan-ho und die Hauptstraße, überqueren zwei hohe Pässe und treffen am Sining-ho, einem von Westnordwesten kommenden Nebenfluss des Huang-ho, auf das Dorf Oau-ya-i. Auf dieser Strecke setzte der ungleiche Kampf mit den steilsten und elendsten Wegen ein, die ich je mit Wagen befahren habe. Der Lößboden ist ein gefährlicher Feind. An schauerlichen Abgründen, tiefen Lößdurchbrüchen, die nur notdürftig mit Faschinen überdeckt waren, mussten wir vorüber. Nie zuvor hatte ich mit solchen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt. Ich schwitzte Wasser und Blut und wundere mich noch heute, dass ich mit meinem bremsenlosen Wagen diesem Labyrinth lebendig entronnen bin. An einigen Stellen stießen wir auf Arbeitertrupps, die Wegregulierungen vornehmen sollten. Allüberall fühlt man hier eine starke Hand, hinter der der feste Wille steht, das Wegenetz Kansus zu verbessern und damit den Verkehr zwischen den einzelnen Siedlungen zu heben. Naturgemäß spielt bei diesen Verbesserungen der militärische Gesichtspunkt die Hauptrolle.

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       Der Dao-tai von Sining-fil (Foto: Wilhelm Filchner)

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       Mein chinesischer Freund Lü; Lussar (Foto: Wilhelm Filchner)

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       Tibeterjunge aus Lussar (Foto: Wilhelm Filchner)

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       Leiche einer Leprakranken aus Kumbum (Foto: Wilhelm Filchner)

      Von Lau-ya-i ging es den Sining-ho aufwärts bis nach dem 2100 Meter hoch gelegenen Sining-fu, dem ich schon in den Jahren 1903–05 einen langen Besuch abgestattet hatte. Schon damals hatte ich dort und in Nordost-Tibet magnetische Messungen durchgeführt.

      Der Dao-tai von Sining-fu, ein Vertrauensmann des Marschalls Feng-Yu-Hsiang, ein glühender chinesischer Patriot, der mit eiserner Hand die Zügel der Regierung führt, nahm mich unter seinen besonderen Schutz. In seinem Haus lernte ich Lü kennen, einen chinesischen Salzmandarin aus dem nahen Pilgerort Lussar, dem Vorort des berühmten Klosters Kumbum. Mit Lü, der fließend Englisch spricht und ein modern gebildeter Chinese ist, verband mich bald herzliche Freundschaft. Mit seiner Hilfe wurde es mir möglich, im November nach Lussar zu reisen und dort ein Unterkommen zu finden. So konnte ich den Winter 1926/27 im Kloster Kumbum an der chinesisch-tibetischen Grenze verbringen und hier meine Messungen programmgemäß durchführen.

      In

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