Die wichtigsten Werke von Julius Wolff. Julius Wolff

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Die wichtigsten Werke von Julius Wolff - Julius Wolff

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will er dem sündhaften Prior nur unser zunehmendes Mißfallen verkünden?« sprach sie zu sich. »Geh nur, Heldenherz! Dir folg ich auf jedem Wege.«

      Im Klosterhofe sprang der Graf aus den Bügeln. Ein Laienbruder nahm ihm das Roß ab und frug: »Soll ich Brun abzäunen, Herr?«

      »Nein,« antwortete der Graf, »ich halte nur kurze Rast, um einen Vespertrunk zu tun und euch die Glatzen zu scheuern. Wo ist der würdige Bavo?«

      »Im – im –«

      »Im Refektorium natürlich!« lachte der Graf, »bei feuchter Abendmette; das konnte ich mir denken.«

      »Herr, morgen ist der Tag des heiligen Eustathius des Standhaften,« sagte der Bruder.

      »Und den müßt ihr ja feiern!« erwiderte Graf Albrecht. »Gut! helfen wir bei den Vigilien Eustathius des Standhaften!«

      Und er trat in das Klostergebäude.

      Drittes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Die Pröpstin Kunigunde versetzte das ganze Kapitel darüber in Aufregung, daß die Domina mit den Konventualinnen nicht zur Bischofsweihe wollte. Die älteren Damen waren empört, daß das Stift bei der Feier nicht mit aller Pracht und Würde vertreten sein sollte, die jüngeren jammerten und klagten, daß sie von den glänzenden Feierlichkeiten fern bleiben sollten, und die Domina bekam in diesen Tagen kein freundliches Gesicht zu sehen, mit einer einzigen Ausnahme.

      Diese Ausnahme machte die Kanonissin, die schöne, lebensfrohe Gräfin Adelheid von Hallermund, die das Vertrauen der Äbtissin, wenn auch nicht einen unbedingten Einfluß auf sie besaß. Sie war dem ritterlichen Schirmvogte des Stiftes sehr gewogen und stimmte der Domina vollkommen zu, daß man dem edlen Grafen die Genugtuung schuldig wäre, die Einladung des Bischofs abzulehnen. Nun war Jutta vollends unwiderruflich fest entschlossen und ließ am zweiten Abend dem Stiftshauptmann den Befehl zugehen, mit der Überbringung ihrer Absage an den Bischof nicht länger zu zögern.

      Da mußte er gehorchen, und als am andern Tage die Sonne über die halbe Mittagshöhe hinaus war, befand sich Herr Willekin von Herrkestorf auf dem Wege nach Halberstadt. Neben ihm ritt der Stiftsschreiber Florencius, der um die Gunst gebeten hatte, seinen Vorgesetzten statt eines reisigen Knechtes begleiten zu dürfen.

      Dieser Florencius, ein frischer, klug dreinschauender Gesell aus einem alten, aber herabgekommenen Adelsgeschlechte stammend, hatte geistlich werden sollen, es aber vor lauter losen Streichen nicht einmal bis zu den untersten Weihen gebracht und war, der Studien und Exerzitien überdrüssig, aus der Klosterschule zu Sankt Gallen heimlich entwichen und fahrender Schüler geworden. Als solcher war er vor mehreren Jahren nach Quedlinburg gekommen und hatte unter anderen auch den Stiftshauptmann mit der Bitte um einen Zehrpfennig heimgesucht. Herr Willekin, dem er seine Herkunft und seine Schicksale anvertraute, hatte sich von den mannigfaltigen Kenntnissen und Fähigkeiten des Fahrenden überzeugt und ihm mit Bewilligung der Äbtissin Bertradis ein Amt und eine Wohnung auf dem Schlosse angewiesen.

      Stiftsschreiber hieß Florencius, damit das Ding doch einen Namen hatte, denn obwohl er in der höheren Schreibkunst außerordentlich geübt war und diese auch mit Vorliebe pflegte, so gab es doch im Stifte nicht viel zu schreiben für ihn. Er füllte aber seine müßige Zeit gern damit aus, daß er Köpfe und Anfänge von Urkunden und Briefen auf Vorrat schrieb. Eingangsworte wie z. B. »Wir Jutta, von der Gnade Gottes Äbtissin von Quedlinburg usw.« prangten auf einer ganzen Anzahl von Pergamentblättern mit großen buntfarbig gemalten und goldverzierten Anfangsbuchstaben, von Blumenranken und vielverschlungenen Schnörkeln umgeben. Er war auch der vertraute und verschwiegene Geheimschreiber der Konventualinnen, die ihm alle wohlwollten, weil er, obschon ihm zuweilen der Schalk im Nacken saß, von guten Sitten, gefällig und bescheiden war. Der Stiftshauptmann hatte ihnen seine Abkunft verraten, die er eigentlich verschwiegen wissen und durch einen angenommenen Namen vergessen machen wollte, und so betrachteten ihn die Damen als ihnen ebenbürtig und behandelten ihn mehr wie einen adligen Junker, als wie einen Dienenden. Im übrigen machte er sich nützlich, wo und wie er konnte, als Vorleser, Sänger und Lautenist, kurz, er war der allbeliebte, unentbehrlich gewordene Spiritus familiaris des ganzen Schlosses.

      Als die beiden über den Hungerplan, einen hügeligen Anger zwischen der Stadt und den sogenannten Weinbergen, hinwegritten, sagte der Stiftshauptmann, der ihn auf seine ausdrückliche Bitte du nannte: »Sieh mal, Florencius, wie auf dem Brocken der Schnee im Sonnenscheine glänzt!

      »Und hier unten im Lande sprießen fröhlich die Saaten, und Sträucher und Hecken fangen an sich zu belauben,« erwiderte der Stiftshauptmann. »Aber wir werden bald Regen bekommen.«

      »Woher hast du diese Wissenschaft?« frug Herr Willekin.

      »Ei Herr, wißt Ihr denn nicht, daß sich unsere Dekanissin, Fräulein Gertrud von Meinersen, auf das Wetter versteht wie der älteste Schäfer? Sie hält sich einen Laubfrosch, für den sie im ganzen Schlossen herum Fliegen fängt und auf den sie sich mit ihren Weissagungen verläßt.«

      »Trifft es denn auch ein, was sie weissagt?«

      »Nicht immer,« lachte Florencius, »und dann kriegt der Laubfrosch zur Strafe, daß er gelogen hat, zwei Fliegen weniger.«

      »Du lieber Gott!« sagte Herr Willekin. »Wo hat sie denn den Laubfrosch her?«

      »Wo soll sie ihn her haben! Ich habe ihn fangen müssen, als der vorige seine letzte Fliege gefressen hatte; es war eine giftige, – sagt die Scholastika.«

      »Sagt die Scholastika, so! Die ist wohl die Lustigste im ganzen Kapitel?« frug Herr Willekin.

      »Das ist schwer zu sagen, Herr Stiftshauptmann,« antwortete Florencius und fuhr nach einer kurzen Überlegung fort: »Ich glaube, die Custodin und die Sangmeisterin übertreffen sie noch. Wenn die beiden ihre blonden Köpfe zusammenstecken, so läuft es in der Regel auf einen merklichen Possen hinaus, über den es ein paar Tage lang zu lachen gibt. Am liebsten hängen sie einer der beiden Ältesten, der Pröpstin und der Dekanissin, eine Schelle an.«

      »Florencius!« drohte der Stiftshauptmann, »wem hängt man Schellen an?!«

      »Verzeiht, Herr!« lachte der Jünger, »aber ich muß ja oft genug helfen; sie lassen mir keine Ruhe, und wenn Gräfin Luitgard von Stolberg nicht wäre, die immer zu schlichten und zu sühnen sucht, was die jüngeren Fräulein in ihrem Übermut gefehlt haben, so ging es manchmal arg zu.«

      »Und die Domina?«

      »Die Domina? nun, Herr, – Ihr wißt wohl, die freut sich, wenn die Pröpstin sich ärgert, und Gräfin Adelheid von Hallermund lacht auch lieber, als daß sie weint. Neulich haben es unsere lieben Jüngsten aber doch einmal zu toll getrieben, so daß sie es büßen mußten.«

      Auf einen ermunternden Blick des Stiftshauptmann erzählte Florencius: »Wie Euch bekannt, ist die Dekanissin eine Meisterin im Sticken schwerer Wandteppiche mit Figuren aus der Geschichte der Heiligen, eine Liebhaberei von ihr, mit deren aufgezwungener Erlernung sie den jüngeren Damen manche qualvolle Stunde bereitet. Nun hatte sie kürzlich wieder einen solchen Teppich in Arbeit, auf dem die heilige Apollonia, die viel angerufene, von der Dekanissin besonders verehrte Helferin bei Zahnschmerzen, in Pflegung ihres gnadenreichen Amtes dargestellt war. Da schmiedete unser durchtriebenes Vierblatt einen mutwilligen Plan und brachte ihn, sorglich vorbereitet, zur Ausführung. Die Cameraria, Gräfin Agnes von Schrapelau, und die Scholastika,

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