Die Kreuzritter. Henryk Sienkiewicz

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Die Kreuzritter - Henryk Sienkiewicz Große verfilmte Geschichten

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       »Verzeiht ihm, Kuno!« rief Zawisza Sulimczyki, der Schwarze. »Sogar der Meister wird Euch nicht darob tadeln!«

       »Gnade für ihn, Herr,« riefen beide Fürstinnen.

       Kuno drückte die Augen zu und erhob stolz sein Haupt, wie wenn er darüber frohlocke, daß sowohl die beiden Fürstinnen als auch so namhafte Ritter sich zu einer Bitte an ihn verstanden. Im nächsten Augenblick jedoch veränderte sich sein Gesichtsausdruck vollständig, er senkte den Kopf, faltete die Hände auf der Brust, sein Stolz verwandelte sich in Demut und in gedämpftem, sanftem Tone sprach er: »Christus, unser Erlöser, vergab dem Sünder am Kreuze und seinen Feinden ...«

       »So spricht ein wahrer Ritter!« rief Bischof Wysz.

       »Ja, ein wahrer Ritter!«

       »Weshalb sollte ich ihm nicht verzeihen, da ich nicht nur ein Christ, sondern mich ein Ordensbruder bin?« fuhr Kuno fort. »Ich verzeihe ihm von ganzem Herzen als Diener Christi und als Ordensbruder.«

       »Ehre sei ihm!« rief Powala von Taczew.

       »Ehre und Ruhm!« stimmten die andern bei.

       »Aber,« begann der Kreuzritter wieder, »ich bin ja Gesandter hier bei Euch, und in mir ist die hohe Würde des ganzen Ordens verkörpert. Wer daher mich, den Gesandten, beleidigt, der beleidigt den Orden, und wer den Orden beleidigt, der beleidigt Christus selbst. Deshalb kann ich die Kränkung, Gott und den Menschen gegenüber, nicht verzeihen – wenn aber Eure Gesetze sie ungestraft hingehen lassen, soll es allen christlichen Magnaten kund gethan werden.«

       Nach diesen Worten trat ein dumpfes Schweigen ein. Man vernahm nur Zähneknirschen, die schweren Atemzüge unterdrückter Wut und das Schluchzen Danusias.

       Als der Abend anbrach, waren alle Herzen Zbyszko zugeneigt. Sogar diejenigen Ritter, welche des Morgens bereit gewesen waren, ihn auf einen Wink des Königs hin mit dem Schwerte zu durchbohren, suchten jetzt ein Mittel ausfindig zu machen, wodurch sie ihm helfen könnten. Die beiden Fürstinnen beschlossen, sich mit der Bitte an die Königin zu wenden, sie möge Lichtenstein veranlassen, von der Klage abzustehen, oder sie möge im Notfalle an den Großmeister des Ordens schreiben, auf daß er Kuno befehle, die Sache fallen zu lassen. Dieser Weg schien umso sicherer zu sein, als Jadwiga eine solche Verehrung gezollt ward, daß der Großmeister sich den Zorn des Papstes und den Tadel aller christlichen Fürsten zugezogen hätte, wenn er nicht auf ihre Bitte eingegangen wäre. Auch durfte man dies kaum annehmen, da Konrad von Jungingen ein friedliebender Mensch und weit milder war als seine Vorgänger. Unglücklicherweise aber verbot Wysz, der Bischof von Krakau, welcher der Leibarzt der Königin war, aufs strengste, die Sache auch nur mit einem Worte vor ihr zu erwähnen.

       »Jedes Todesurteil macht ihr Kummer,« sagte er, »sogar wenn ein Straßenräuber der gerechten Strafe verfällt, nimmt sie es sich zu Herzen, wie wäre es also erst jetzt, da es einem Jüngling an das Leben geht, welcher sicherlich ihr Mitleid verdient. Jede Sorge könnte ihr schaden, ihre Gesundheit ist jedoch von größerer Bedeutung für das Königreich, als die Häupter von zehn Rittern zusammengenommen.« Schließlich erklärte der Bischof, wer es wage, seinen Worten entgegenzuhandeln und die Herrin zu beunruhigen, der ziehe sich den Zorn des Königs zu.

       Durch diese Erklärung erschreckt, standen die beiden Fürstinnen von ihrem Vorhaben ab und beschlossen, den König so lange anzuflehen, bis er Gnade ergehen lasse. Jetzt waren auch alle Hofleute und Ritter auf Zbyszkos Seite. Powala von Taczew verkündete, er werde offen die ganze Wahrheit bekennen, doch sei er bereit, Zeugnis für den Jüngling abzulegen und dessen That als knabenhafte Unbesonnenheit darzustellen. Nichtsdestoweniger stimmten alle mit dem Kastellan Jasko aus Teczyn überein, welcher die Meinung kundgab, man müsse die Gesetze walten lassen, falls der Kreuzritter auf seinem Willen beharre. Im tiefsten Innern waren aber die Ritter um so mehr empört gegen Lichtenstein, und manche sagten ganz unverhohlen: »Gesandter ist er, und vor die Schranken kann er nicht gefordert werden, aber bei Gott, er soll keines natürlichen Todes sterben, wenn er dereinst nach Marienburg zurückkehrt.«

       Und dies war keine eitle Drohung, denn nach ihrer Gürtung durften die Ritter keine leeren Versprechungen machen, und wer ein Gelöbnis gethan, mußte es vollbringen oder dabei zu Grunde gehen.

       Erbitterter als alle andern zeigte sich aber der grimmige Powala. Hatte er doch ein geliebtes Töchterchen im Alter Danusias und schnitten ihm doch deren Thränen besonders ins Herz. Er besuchte den Angeklagten noch am nämlichen Tage im unterirdischen Gefängnisse, hieß ihn guten Mutes sein und erzählte ihm, wie die beiden Fürstinnen für ihn gefleht, und Danusia um ihn geweint habe. Als Zbyszko hörte, daß das junge Mädchen seinetwegen einen Fußfall vor dem König gethan hatte, ward er bis zu Thränen gerührt. Er fuhr sich mit der Hand über die Augen und kaum wissend, wie er seine Dankbarkeit ausdrücken sollte, sagte er: »O möge Gott sie dafür segnen und mir bald gestatten, gegen ihre Feinde zu kämpfen. Zu wenig habe ich ihr versprochen, ich hätte ihr geloben sollen, so viele Pfauenbüsche zu erobern als sie Jahre zählt. Und wenn nur unser Herr Jesus mich aus dieser Bedrängnis erlöst, will ich ihr gegenüber nicht kargen ...«

       Voll Dankbarkeit richtete er bei diesen Worten den Blick gen Himmel.

       »Dein Oheim,« sagte der Herr von Taczew, »ist zu Lichtenstein gegangen, und ich will es auch thun. Ihn um Verzeihung zu bitten, wäre keine Schande für Dich, denn Du hast Dich schwer versündigt. Und nicht Lichtenstein, sondern den Gesandten bittest Du ja um Verzeihung. Bist Du bereit dazu?«

       »Ja; ich bin bereit dazu, weil ein solcher Ritter wie Euer Gnaden mir sagt, daß sich dies gezieme. Aber falls er erwartet, daß ich ihm kniend Abbitte leiste, wie er es auf dem Wege von Tyniec verlangte, so möge man mir das Haupt abschlagen. Der Oheim bleibt am Leben, und der Oheim wird es meinen Feind entgelten lassen, sobald dieser nicht mehr Gesandter ist.«

       »Wir wollen abwarten, was er Macko antwortet,« sagte Powala.

       Doch als Macko den Kreuzritter verließ, befand er sich in der düstersten Stimmung. Er begab sich unverzüglich zum König, zu dem ihn der Kastellan geleitete. Jagiello, der sich inzwischen wieder beruhigt hatte, empfing ihn gütig, und da Macko niederkniete, befahl er ihm aufzustehen, indem er fragte, was sein Begehr sei.

       »Allergnädigster Herr,« sagte Macko, »wo Schuld ist, da muß auch Strafe sein, denn sonst gäbe es keine Gerechtigkeit auf der Welt. Doch ist es meine Schuld, daß ich die angeborene Heftigkeit des Jünglings nicht zu unterdrücken suchte, sondern auch noch lobte. So habe ich ihn erzogen, und im Krieg ist er aufgewachsen von Kindheit an. Ich allein trage die Schuld, denn zuweilen sagte ich ihm: ›Zuerst schlage recht darein, und dann sieh' zu, wen Du getroffen hast.‹ Für den Krieg war es am besten so, in das Hofleben dagegen kann er sich nun nicht schicken. Aber der Junge ist wie lauteres Gold, er ist der letzte seines Stammes, und ich beklage ihn unendlich ...«

       »Mich selbst hat er beschimpft, das Reich hat er beschimpft, soll ich ihn dafür mit Honig einschmieren?« rief der König.

       Macko schwieg. Irgend etwas schnürte ihm plötzlich die Kehle zusammen, und erst nach einer Weile hub er mit bewegter Stimme und in abgerissenen Tönen wieder an: »Wie sehr ich ihn liebe, wußte ich bisher nicht einmal – erst jetzt bin ich mir klar darüber geworden – seit das Unglück über uns hereingebrochen ist. Aber ich bin alt – und er ist der Letzte unseres Stammes. Wenn er stirbt, wird auch unser Geschlecht erlöschen. Gnädigster Herr und König! Erbarme Dich unserer!«

       Hier kniete Macko

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